GK091 - Die Rache des Todesvogels
Ballard.«
»Aber vor seinem Ring, nicht wahr?«
»Ja, Herr. Er kann mit diesem Ring schreckliche Dinge tun!«
Benitez lachte.
»Dann musst du eben trachten, die Nähe dieses Ringes zu meiden!« Er zog die schwarzen Brauen zusammen. »Geh jetzt. Geh und töte den Amerikaner.«
***
Die Jacht des lebenden Toten war leer.
Wir jumpten ins knietiefe Wasser und wateten an Land. Frank Esslin schaute sich gespannt um. Er entdeckte gleich nach mir den hölzernen Totem. Sein unruhiger Blick streifte die vielen Skelette, die auf dem Strand lagen.
»Wissen Sie, was das für ein Atoll ist, Ballard?«, fragte er mich.
»Ein Teufelsatoll!«, knurrte ich.
»Ein Lepra-Atoll!«, sagte Dr. Esslin. »Hierher bringen die Eingeborenen von den umliegenden Inseln ihre Stammesbrüder, die von Lepra befallen sind. Sie töten sie und bringen sie hierher.«
»Warum nehmen sie den weiten, beschwerlichen Weg auf sich?«, fragte ich. »Es wäre doch einfacher, die Toten ins Meer zu werfen. Den Rest würden die Haie besorgen.«
»Die Maoris hassen Haie. Es gibt nichts Schrecklicheres für sie, als von solch einem Mörder angefallen und getötet zu werden. Nicht einmal ihren Toten wollen sie ein solches Schicksal antun. Da fahren sie schon lieber hierher, um sie da vor dem Totem abzulegen.«
Ich hob den Kopf und sah mich um.
Diese kleine Welt inmitten des riesigen pazifischen Ozeans hätte ein Paradies sein können, wenn es diese Skelette nicht gegeben hätte, wenn es diesen scheußlichen Totem nicht gegeben hätte, und wenn es vor allem Paco Benitez nicht gegeben hätte.
Denn Paco Benitez war hier.
Auf dieser Insel.
Ich hatte ihn noch nicht zu Gesicht bekommen, aber ich wusste, dass er da war. Ich konnte ihn fühlen. Ich spürte die Grauenerregende Ausstrahlung des gefiederten Dämons.
Ich erwartete jeden Moment seinen Angriff.
Er hatte mich hier hergelockt, um mir das zurückzuzahlen, was ich ihm auf Castell Montgri angetan hatte.
Ich war fast freiwillig in die aufgestellte Falle gegangen.
Nun musste er sie zuschnappen lassen.
Und bei der Gelegenheit würde ich zurückschlagen, so fest ich in der Lage war.
»Kommen Sie, Frank!«, zischte ich mit schweißbedeckter Stirn. »Sie können sicher sein, dass wir bereits erwartet werden.«
Esslins Hände zitterten.
»Sehen Sie«, sagte er heiser. »Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Angst.«
»Es ist keine Schande, sich zu fürchten, Frank!«, tröstete ich ihn. »Ich glaube, ich empfinde in diesem Moment genau wie Sie.«
»Sie sehen so gelassen aus.«
»Der Schein trügt«, seufzte ich.
Wir zogen los.
Jeder trachtete, auf keinen Knochen zu treten. Das was hier bleich im Sand lag, waren mal Menschen gewesen.
Wir empfanden immer noch Achtung davor.
Mit bis zum Zerreißen angespannten Nerven schritten wir auf die ersten Palmen zu.
Ganz knapp dahinter lauerte der Tod auf Frank Esslin.
***
Seth Bouchet presste sich eng an den dicken, rauen Palmenstamm. Er beobachtete die beiden Männer mit vor Hass glühenden Augen. Benitez hatte ihm aufgetragen, den Amerikaner zu töten. Er war entschlossen, es zu tun. Er wollte Benitez’ Wohlwollen behalten, denn von ihm hing es ab, wie lange er leben durfte.
Er konnte es kaum noch erwarten, sich auf Frank Esslin zu stürzen.
Ein heißer Schauer rieselte durch den Körper des lebenden Toten.
Seit er Federico Mondo umgebracht hatte, war mit ihm eine Wandlung vorgegangen. Er hatte am Morden Gefallen gefunden. Es begeisterte ihn, Leben zu vernichten, zu töten, gnadenlos, unbarmherzig, so wie Paco Benitez.
Er wollte seinem Herrn so ähnlich wie möglich werden.
Dazu gehörte das Töten.
Seine dunkle Zunge huschte über die blutleeren Lippen.
Die beiden Männer hatten nun endlich den Schatten der Palmen erreicht.
Seth Bouchet spannte die Muskeln.
Ballard kam auf ihn zu. Er duckte sich ein wenig, als fürchtete er, zu früh entdeckt zu werden. Gleichzeitig warf er einen scheuen Blick auf den Ring Ballards.
Ein erschrockener Seufzer entrang sich seiner Kehle. Dann presste er die Lippen fest aufeinander. Kein weiteres Geräusch sollte ihn verraten.
Ballard ging an dem Palmenstamm vorbei.
Bouchet wartete ab.
Dass der Amerikaner so knapp hinter Ballard ging, gefiel ihm zwar nicht, aber das war nicht zu ändern.
Nun war Esslin da.
Bouchet zögerte keine Sekunde.
Mit einem bösen Fauchen schoss er hinter dem Baum hervor. Er zielte mit der Faust brutal nach Esslins Kopf.
Der Amerikaner wich reflexartig zur Seite. Der Hieb fegte
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