GK102 - Die Rückkehr des Samurai
wahr…«
»Spar dir die Mühe, Tony. Wenn du mich nicht mehr bei dir haben willst, werde ich das Feld eben räumen! Vielleicht wird es dir noch eines Tages leid tun!«
Sie reiste mit Tucker Peckinpah dann hoch am selben Tag ab.
Grußlos. Ohne Abschied.
Ich war nicht sicher, ob sie mich nun nur für kurze Zeit oder für immer verlassen hatte.
Wir standen auf dem Flughafen Heneda und schauten der startenden Maschine nach.
Als der Jet nicht mehr zu sehen war, drehte ich mich langsam um.
Silver lächelte und legte mir seine schwere Hand freundschaftlich auf die Schulter.
»Das wird schon wieder werden, Tony. Mach dir um Vicky keine Sorgen. Sie ist ein Prachtmädchen.«
»Auch dann, wenn sie so wütend ist?«
»Dann erst recht«, schmunzelte der breitschultrige Hüne mit den silbernen Haaren. Dann meinte er: »Komm jetzt. Ich habe eine Idee.«
Er schleppte mich aus dem Flughafengebäude.
Wir charterten ein Taxi und fuhren die vierzehn Kilometer in die japanische Metropole zurück.
Mr. Silvers Idee war ein Besuch im Polizeipräsidium.
Es war eine verdammt gute Idee, wie sich wenig später, als wir in Kommissar Nobunagas Büro saßen, herausstellte.
»Wie die Polizei in aller Welt, haben auch wir hier unsere V-Leute, die uns laufend mit Informationen versorgen. Ohne diese Zuträger wären wir nur halb so schlagkräftig«, sagte der Japaner.
Er wollte mir eine Zigarette anbieten, doch ich lehnte mit dem Hinweis ab, ich wäre Nichtraucher.
So paffte eben nur er.
»Wir suchen Abraham Jacobs, den amerikanischen Starkstromingenieur!«, sagte der Hüne mit den silbernen Haaren.
Nobunaga nickte.
»Ich weiß. Wir haben am Telefon darüber gesprochen. Sie befürchten, dass Jacobs mit Hilfe des Gemäldes den furchtbaren Samurai-Spuk noch einmal aufleben lässt.«
»So ist es«, sagte Mr. Silver ernst.
»Ist das auch Ihre Meinung, Mr. Ballard?«, fragte mich der Japaner.
»Leider ja«, gab ich seufzend zurück. »Ich wollte, ich könnte das Gegenteil sagen.«
»Jacobs hat Tokio verlassen«, sagte Kommissar Nobunaga zu mir.
»Das ist uns bekannt. Sagen Sie uns, wohin er abgehauen ist, und wir nehmen die nächste Maschine in dieselbe Richtung.«
»Soviel ich in Erfahrung bringen konnte, hält er sich zurzeit in Singapur auf«, gab der Kommissar zurück.
Ich flitzte von meinem Stuhl hoch.
»In Singapur? Ist das wahr?«
»Ich habe es von einem V-Mann.«
»Zuverlässiger Mann?«, fragte ich hastig.
Und ich rauchte indirekt mit ihm.
»Normalerweise schon.«
»Warum sollte er sich diesmal irren?«, meinte ich erregt.
Auch Silver erhob sich.
Wir reichten dem Kommissar rasch die Hand.
Nobunaga wünschte uns viel Glück.
Wir konnten es brauchen.
»Tut mir leid, dass ich Ihnen mit keiner Adresse dienen kann«, sagte der sympathische Japaner mit hochgezogenen Schultern.
»Macht fast gar nichts. Wenn Jacobs sich tatsächlich in Singapur aufhält, dann finden wir ihn, verlassen Sie sich darauf!«
Dann stürmten wir aus dem Büro des Kommissars.
Eine halbe Stunde später betraten wir das Hilton.
Wieder eine halbe Stunde später verließen wir das Hotel mit unseren Koffern.
Unser Ziel war Singapur.
***
Alle Wege im Orient führen nach Singapur.
Ob man von Manila nach Rom reist, von London nach Sydney oder von Kairo nach Djakarta, ob im Schiff oder mit dem Flugzeug - stets führt der Weg über diese frühe englische Kolonie an der Südspitze Malayas.
Wie eine Spinne im Netz, sitzt Singapur im Zentrum der hier zusammenlaufenden internationalen Schifffahrtswege und Flugrouten.
Unsere Landung ging glatt vonstatten.
Kurze Zeit später waren wir mittendrin in dem fremden Trubel.
Wir waren von der Kulisse beeindruckt.
Dschunken und Sampans im Hafen, zweistöckige Häuser, an deren Fassaden die Wäsche und Unterwäsche ihrer Bewohnerschaft wie bunte Fahnen wehen, Dreiradrikschas und undefinierbare Gerüche kleiner chinesischer Garküchen am Straßenrand, der Duft von Weihrauch, plärrende chinesische Musik.
Hier irgendwo war Abraham Jacobs untergetaucht.
Ich hatte das Gefühl, den Mund ein bisschen zu voll genommen zu haben, als ich in Kommissar Nobunagas Büro gesagt hatte: »Wenn Jacobs sich tatsächlich in Singapur aufhält, dann finden wir ihn, verlassen Sie sich darauf!«
Ich konnte angesichts dieses undurchsichtigen Treibens nur noch hoffen, dass sich meine Worte doch noch bewahrheiten würden…
***
Abraham Jacobs mochte keine engen Hotelzimmer. Deshalb hatte er - genau wie in Tokio - auch hier
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