GK102 - Die Rückkehr des Samurai
Ganges.
Abraham Jacobs blieb unwillkürlich stehen.
Ein eiskalter Hauch flog ihm entgegen.
Dort drinnen, in dem finsteren Raum, befand sich ein Dämon.
Jacobs' Gesicht verzerrte sich zu einem erfreuten Grinsen.
Er fletschte die Zähne und ging weiter.
Und während er auf die Tür zuging, verwandelte er sich ganz langsam in einen Samurai.
Unter Dämonen ist es nicht üblich, sich zu täuschen. Jeder darf vom anderen wissen, wer er ist.
Yorimoto Wara trat in den finsteren Raum.
Ein hässliches Schnaufen war zu hören.
Und aus der Tiefe der Dunkelheit glühten dem Japaner zwei Grauen erregende, rot geäderte Augen entgegen.
Ein Knurren.
Wara vermochte das nicht zu erschrecken. Es war nichts Feindseliges in diesem Knurren.
»Zeige dich!«, verlangte er mit harter Stimme. »Ich will dich sehen!«
Auf einmal begann die Luft zu knistern. Und dann schimmerten die Wände der Dschunke.
Vor dem Samurai stand eine Furcht erregende Gestalt.
Auf einem kraftstrotzenden menschlichen Körper saß ein mächtiger Tigerschädel. Und die Hände der Bestie waren gefährliche Pranken.
Vor Yorimoto Wara stand ein Wertiger!
Ein hungriges Knurren entrang sich der Raubtierkehle.
Wara setzte sich.
Seine Züge verrannen. Die Kleidung änderte sich, und dann war aus dem Samurai wieder Abraham Jacobs geworden.
Nun wartete er darauf, dass sich der Wertiger zurückverwandelte.
Es geschah Augenblicke später.
Nun saß dem Amerikaner ein freundlich lächelnder Malaie gegenüber.
Jeder wusste vom anderen, wozu er fähig war. Das ersparte viele erklärende Worte.
»Du bist Abraham Jacobs, nicht wahr?«, fragte der Malaie.
»Ja. Und du bist Yew Ratnam.«
Der Malaie nickte.
»Was führt dich zu mir?«
»Man hat mir geraten, ich solle mich an dich wenden, wenn ich Sorgen irgendwelcher Art hätte.«
Wieder nickte der Malaie.
» Hast du Sorgen?«
»Ja.«
»Erzähle.«
»Wie du weißt, komme ich aus Tokio, Bruder.«
»Ja. Man hat mir davon erzählt.«
»Ich stand da in den Diensten von Yorimoto Wara. Du hast ihn vorhin gesehen.«
»Eine eindrucksvolle Erscheinung, der Samurai«, sagte Yew Ratnam.
»Er wird viel Unheil hier in Singapur anrichten«, versprach Abraham Jacobs.
Der Malaie lachte.
»Das hört man gern. Was hast du auf dem Herzen?«
»Du weißt vermutlich, dass ich gezwungen war, Tokio zu verlassen. Ich bin nicht freiwillig von da weggegangen.«
»Das hat man mir auch erzählt.«
»Ich hasse niemanden so sehr wie Tony Ballard und diesen Mr. Silver, denn die beiden sind schuld daran, dass ich wie eine feige Hyäne Reißaus nehmen musste. Sie haben Waras Mumie vernichtet. Wenn es mich nicht gäbe, wäre Wara nun für alle Zeiten erledigt. Nur dadurch, dass ich dem Samurai meinen Körper leihe, kann er weiterleben. Und Schuld an diesem Dilemma sind Ballard und Silver. Ich will meine Rache haben, verstehst du, Bruder?«
Yew Ratnam grinste.
»Natürlich kann ich das verstehen. Sehr gut sogar, Abraham.«
»Ich will Ballard und Silver tödlich schlagen.«
»Du wirst die Gelegenheit dazu bekommen«, versprach Ratnam.
»Wann?«
»Wenn die Zeit reif ist.«
»Wann wird das sein?«, fragte Jacobs voll brennender Ungeduld.
»Du musst erst mal abwarten.«
»Das kann ich kaum!«
»Du musst!«, knurrte der Malaie. »Man wird hier verschiedene Vorbereitungen zu treffen haben, verstehst du, Bruder? Wir können nicht auf der Stelle zuschlagen. Die Sache will wohl überlegt sein. Wir wollen nicht ebenso Schiffbruch erleiden wie ihr in Japan. Ballard und Silver werden sterben. Darauf hast du mein Wort. Aber du musst dich meinen Anordnungen fügen.«
»Und was wird aus Yorimoto Wara?«
»Ich verstehe deine Frage nicht, Bruder.«
»Er will töten!«, fauchte Jacobs mit funkelnden Augen.
Der Malaie grinste.
»Lass ihn doch. Wenn er töten will, dann soll er es tun.«
»Du hast nichts dagegen?«
»Mein lieber Bruder, ich bin ein Dämon wie du. Ich habe vollstes Verständnis für Yorimoto Waras Gelüste. Auch ich töte, wann immer ich Lust dazu verspüre.«
Jacobs rieb sich erfreut die Hände.
»Dann wird Wara vielleicht noch in dieser Nacht losziehen…«
»Ich empfehle ihm, sich junge Menschen zu holen. Den Alten ist der Tod sowieso schon bald gewiss«, grinste Yew Ratnam.
»Ballard und Silver werden früher oder später hier auftauchen«, sagte Jacobs mit gefletschten Zähnen.
»Genau das liegt in unserem Interesse, Bruder«, meinte Ratnam. »Wenn die beiden deine Spur nicht finden, würden wir sie soweit
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