GK162 - Duell mit dem Satan
eindringlich, seltsam röhrend.
George rieselte es eiskalt über den Rücken. Fiebernd wartete er auf Tucker. Aber der Dämon ließ sich Zeit.
Russell rief ihn wieder mit dieser fremden, unheimlichen Stimme. Verdammt, wie lange spannt er mich noch auf die Folter? dachte George zitternd vor Erregung.
Um nicht unvorbereitet zu sein, knöpfte George vorsichtig das Jackett auf. Seine Finger schlossen sich um den Griff des Dolches. Die silberne Waffe nahm ihm etwas von seiner Furcht. Er hatte vertrauen zu seinem Dolch. Er mußte Vertrauen haben, sonst hätte die allmählich größer werdende Angst auch ihn verrückt gemacht.
Wieder konzentrierte er sich auf Randolph Tucker, um Russell bei seinen Bemühungen zu unterstützen, den Dämon in diesen magischen Kreis zu holen.
Plötzlich wurde die Kerzenflamme unruhig.
Sie wurde rasch kleiner, so als hätte sie keinen Sauerstoff mehr, um weiterzubrennen.
Schließlich erlosch sie. Eigentlich hätte es nun stockdunkel in diesem fensterlosen Raum sein müssen, aber das war nicht der Fall. Ein gespenstisches Licht erhellte die Wände.
Randolph Tucker war auf dem Weg hierher. George umklammerte den Dolchgriff fester. Seine Faust verkrampfte sich förmlich. Er schaute Russell an. Der Spiritist verschwamm plötzlich. Es war George, als würde er durch ein trübes Glas blicken. Die Luft begann sich zu bewegen. Sie flimmerte. Etwas Schwarzes kristallisierte sich mehr und mehr aus diesem geheimnisvollen Flimmern heraus.
Und dann war er da.
Randolph Tucker. Verkohlt und scheußlich anzusehen. Sein totenstarrer Blick war auf George gerichtet. Die toten Augen des Monsters schleuderten George einen fühlbaren Haß entgegen. George konnte den Anblick nicht einmal eine ganze Minute lang ertragen. Es ekelte ihn vor dieser Erscheinung. Sie widerte ihn an. Und sie machte ihm auf eine ganz grauenvolle Weise Angst. Eindringlicher als je zuvor wußte er, daß er dieses Scheusal töten mußte. Sonst würde Tucker grausame Rache für jenes Duell im Morgengrauen nehmen.
Mit einem verzweifelten Schrei schnellte George hoch.
Er riß den Silberdolch aus dem Gürtel. Alan Russell sprang ebenfalls auf. Sein Gesicht drückte größtes Entsetzen aus. Was MacReady vorhatte, war blanker Wahnsinn. Nie im Leben hätte Russell Tuckers Geist beschworen, wenn er geahnt hätte, was George im Schilde führte.
»George!« schrie der Spiritist bestürzt. »Laß ihn in Ruhe! Greif ihn nicht an!«
MacReady hörte nicht auf den Geisterbeschwörer. Wut und Haß verzerrten seine Züge. Er wollte dem Spuk ein Ende bereiten. Er konnte mit Tucker im Nacken nicht mehr leben. Er mußte mit ihm Schluß machen.
MacReady schwang den Silberdolch hoch.
»George, tu’s nicht!« brüllte Russell verstört. »Tu’s nicht. Du kannst ihm nichts anhaben. Er wird dich töten!«
Töten! Ja. Ich will ihn töten! dachte George. Sein Kopf war erhitzt. Ich habe ihn getötet und werde ihn noch einmal töten. Diesmal soll er für immer tot sein. Das Silber wird sein Herz zerstören und ihm die Möglichkeit einer Rückkehr ein für allemal nehmen!
»George!« schrie Russell zum letztenmal.
Dann kam MacReadys irrsinnige Attacke. Keuchend schnellte er in den magischen Kreis hinein. Darauf hatte Randolph Tucker gewartet. Er hätte den Kreis nicht verlassen können, um George anzugreifen. Doch nun, wo MacReady bei ihm im Kreis war, konnte er seine dämonische Rache an ihm nehmen.
Die verkohlte Bestie packte George blitzschnell.
Der Unhold und George MacReady drehten sich mehrmals kämpfend um die eigene Achse. Sie wurden zu einem immer schneller wirbelnden Kreisel. Russell konnte die beiden kaum noch auseinanderhalten. Ihre Körper verschmolzen für den Bruchteil einer Sekunde miteinander.
Dann ein markerschütternder Schrei.
Russell faßte sich bestürzt an die pochenden Schläfen. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete er, was passierte, und er stieß überwältigt hervor: »O Gott! O mein Gott…!«
***
Seit geraumer Zeit befand sich MacReady nun schon im Haus des Spiritisten. Andrew Tann und ich warteten mit wachsender Ungeduld. Irgend etwas würde geschehen, das stand für mich fest. Ich nahm an, daß sich irgendwann Randolph Tucker zeigen und dem Haus des Geisterbeschwörers nähern würde. Wenn Russell die richtigen Beschwörungsformeln kannte, mußte es ihm gelingen, Tucker anzulocken. Auf diesen Augenblick warteten wir. Ruhelos suchte ich mit dem Nachtglas die Umgebung des Hauses ab. Andrew tat neben mir dasselbe.
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