GK181 - Der Spinnenmann
selbständig zu machen, aber es war weder in Chicago noch in New York Platz für ihn gewesen. Was er gern haben wollte, hatte sich bereits in festen Händen befunden. Er wurde manchen Leuten unbequem, und als man eines Tages versuchte, ihn auf offener Straße zu erschießen, da wußte er, daß es Zeit für ihn war, Amerika zu verlassen. Er ging nach England und ließ sich in London nieder. Hier war noch Platz für einen Mann wie ihn. Er baute seine Gang in Rekordzeit auf, und heute war Gordon Cappolo einer der bestverdienenden Männer jenseits des Gesetzes.
Er liebte aufdringliche Herrenparfüms, Nadelstreifenanzüge, dicke Zigarren und buckelnde Leute um sich.
Wie ein Herrscher gab sich der achtundvierzigjährige Cappolo. Sein Vater war Amerikaner, die Mutter Britin gewesen. Der Name Cappolo ging auf seine Urgroßeltern zurück. Sie stammten aus Italien, in der Nähe von Palermo.
Gordon Cappolo war ein stattlicher Mann mit Fleisch an den Backen, dicken Fingern und jettschwarzem Haar.
Er bewohnte ein Penthouse nahe der Themse.
Im Augenblick waren zwei Leute bei ihm: Kid Poko, sein Leibwächter, der gleichzeitig auch alle Morde für den Boß erledigte, und Bonnie Black, Cappolos blonde Freundin. Er hatte sie — bei seinen Beziehungen war das kein Kunststück gewesen — beim Fernsehen untergebracht. Sie machte da die Kindersendung. Jung-England betete sie an.
Ihr Kleid war aufregend geschnitten. Ihre Figur war sehenswert. Das Dekolleté war reichlich gefüllt. Cappolo genoß es, ein Mädchen wie Bonnie Black um sich zu haben. Ihr Glanz ließ auch ihn strahlen, und das tat ihm offenbar sehr gut, denn er war schrecklich eitel.
Kid Poko war ein Bursche, dem man besser nicht über den Weg traute. Er konnte einem mit der linken Hand freundlich auf die Schultern klopfen und einem mit der rechten Hand ein Messer in den Rücken stoßen. Er hatte keinen Freund. Nur Cappolo war er hündisch ergeben. Cappolo erkannte er als seinen Herrn an. Was dieser sagte, wurde von ihm ausgeführt, ohne daß er darüber nachdachte, ob das nun richtig oder falsch war. Man konnte ihn mit einem Revolver vergleichen. Er geht los, wenn man abdrückt. Ganz gleich, wen die Kugel trifft.
Poko war ein schwerer Muskelbrocken. Ehe er in Cappolos Dienste trat, hatte er eine Zeitlang als Catcher gearbeitet. Sein Gesicht wirkte brutal, die Augen verrieten, daß er nicht besonders klug war.
Cappolo trank seinen vierten Wodka-Martini. Er blickte auf seine Platin-Armbanduhr.
»Halb eins«, sagte er.
Kid Poko nickte.
Bonnie Black gähnte.
»Müde?« fragte Cappolo sie.
»Ein bißchen«, antwortete sie.
»Dann ab mit dir in die Heia«, meinte Cappolo grinsend.
»Gehst du noch nicht?« fragte Bonnie.
»Ich komme nach, Baby. Warte auf mich, okay?«
Bonnie nickte. Sie erhob sich und dehnte ihre schlanken Glieder. Dabei quoll ihr üppiger Busen aus dem Ausschnitt. Kid Poko machte große Augen. Cappolo grinste. »Sag mal, willst du Kid verführen, Baby?«
»Wie käme ich dazu?« fragte Bonnie träge. Jetzt hatte sie nichts von der braven Kindertante an sich, die sie wöchentlich einmal im Fernsehen spielte. Sie hatte es faustdick hinter den Ohren. Aber zu ihrem Glück sah man ihr das nicht an, denn sie hatte ein Gesicht wie ein Engel.
Cappolo gab ihr einen Klaps auf die Kehrseite. Sie kicherte. »Laß mich nicht zu lange warten, hörst du, Darling?« Sie kniff kokett die Augen zusammen. »Ich habe noch etwas sehr Wichtiges mit dir zu besprechen.«
Cappolo lachte lüstern. Er schaute Kid Poko an. »Ich kann mir schon denken, was sie mit mir zu besprechen hat.«
Poko lachte verlegen mit.
»Hör doch auf, Gordon«, kicherte Bonnie. »Kid wird schon ganz rot.«
Cappolo nickte mit glänzendem Gesicht. »Ja, ja, Baby. Kid mag dich. Er mag dich sehr. Ich wette, er ist sogar verknallt in dich.«
Poko brauchte darauf schnell einen Drink. Verdammt ja, er war verrückt nach Bonnie. Zweimal hatte er ihr schon beim Umkleiden zugesehen und einmal beim Duschen. Mensch, was für eine Figur. Aber sie gehörte Cappolo — und somit war sie tabu für ihn. Er litt darunter, und er konnte es nicht vertragen, wenn ihn Cappolo damit aufzog.
»Also nun reicht’s aber wirklich, Boß!« sagte Kid Poko mit seiner dröhnenden Baßstimme. Er machte ein beleidigtes Gesicht. »Ist doch egal, ob ich Bonnie gern habe oder nicht.«
Cappolo hielt sich den Bauch vor Lachen. »Nun sieh dir das an, Bonnie. Ein Mann wie Kid Poko — ein Koloß… und würde vor Scham am
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