GK201 - Der Hexer von Colombo
»Duwa! Duwa, komm zu dir! Du kannst doch jetzt nicht aus dem Haus gehen. Mitten in der Nacht, Duwa. Ich bitte dich, wach auf und komm mit mir wieder nach oben.«
Duwa starrte ihren Mann feindselig an. Ihr Mund öffnete sich, und Oya hörte seine Frau wütend fauchen.
»Laß mich los!« herrschte sie ihn an.
Verwirrt begriff er, daß Duwa hellwach war. Ebenso wach wie er. Trotzdem wollte sie in diesem hauchdünnen Nachthemd, durch das man ihren herrlichen Körper sehen konnte, aus dem Haus gehen. Was hatte Duwa denn vor?
»Duwa, wohin willst du gehen?« fragte Oya Badulla bestürzt. »Wieso verläßt du unser Haus? Im Nachthemd!«
»Laß mich auf der Stelle los, Oya!« zischte die junge Frau. Es klang gefährlich.
Badulla schüttelte aufgeregt den Kopf. »Nein, Duwa. So darfst du nicht weggehen. Du darfst überhaupt nicht weggehen. Mitten in der Nacht… Dein Platz ist hier, Duwa … Ich lasse es nicht zu … Ich verbiete dir … O Himmel, Duwa, was ist denn nur los mit dir? Was soll ich davon halten? Kannst du mir sagen, was in deinem Kopf vorgeht?« Er schüttelte sie heftig. »Duwa! Duwa! Sag mir, was das zu bedeuten hat! Sag mir, wie ich dir helfen kann!«
»Du brauchst mich nur loszulassen, das ist mir schon Hilfe genug«, erwiderte Duwa mit einem Blick, der so böse war, daß Oya unwillkürlich schauderte.
»Was ist das nur für ein schrecklicher Ausdruck in deinen Augen, Duwa. Ich habe ihn noch nie bei einem Menschen gesehen.«
Die junge Frau wollte nicht mehr länger bleiben.
Da war das unwiderstehliche Locken, draußen in der Nacht: »Komm! Komm, Schwester! Komm!«
Duwa fegte die Arme ihres Mannes mit einem blitzschnellen Schlag von ihren Schultern.
»Nein, nein, nein!« schrie Oya Badulla. »Ich lasse dich nicht aus dem Haus!«
Er warf sich keuchend auf seine Frau. Duwa ließ ihr Knie hochschnellen und traf hart und schmerzhaft. Oya brüllte auf, sein Gesicht verzerrte sich, er krümmte sich. Ein triumphierendes Funkeln war in Duwas Augen zu sehen.
»Duwa, warum…?« röchelte Badulla.
»Komm!« flüsterte die Nacht.
Da hob die junge Frau mit beiden Händen das Transistorgerät hoch und ließ es nach unten sausen.
Seufzend brach Oya Badulla zusammen.
Und seine Frau trat mit einem triumphierenden Lächeln in die finstere Nacht hinaus…
***
Lorne Waiss, der Rechtsanwalt aus Colombo, wohnte – das hatte ich von Mimi und Susan Black erfahren – im Hotel »Vier Jahreszeiten«.
Ich bin Privatdetektiv und beschäftige mich größtenteils mit Fällen, die einen übersinnlichen Background haben. Im Reich der Finsternis kennt man den Namen Tony Ballard seit langem. Man weiß da, daß ich einer der erbittertsten Dämonenhasser bin, die es gibt, ich nehme jede Gelegenheit wahr, um den Ausgeburten der Hölle in allen Teilen der Erde unerbittlich den Kampf anzusagen, und ich habe, das verdanke ich zum Großteil meinem magischen Ring, dem Dämonenvolk bereits unzählige Niederlagen beschert.
Heute sagte mir meine Nase mal wieder, daß es mit dem Haus in Colombo nicht ganz sauber zuging und Mimi und Susan waren zu nett, als daß ich sie einfach in ihr Unglück rennen lassen wollte, deshalb hatte ich mich entschlossen, Mr. Waiss mal guten Tag zu sagen und zu hören, was es mit jenem Gebäude aus dem achtzehnten Jahrhundert auf sich hatte, und weshalb er den alten Schwestern geraten hatte, das Haus tunlichst bald loszuwerden.
Ich saß meine Zeit bei Mimi und Susan auf glühenden Kohlen ab, trotzdem ging ich nicht früher als sonst, denn das hätten mir die alten Mädchen ziemlich übelgenommen.
Als die Folterzeit herum war, verließ ich eilends das Haus der beiden.
Ich setzte mich in meinen weißen Peugeot 504 TI und brauste ab, als ginge es darum, einen großen Zeitvorsprung nunmehr wettzumachen. Mimi und Susan standen am Fenster und winkten mir zu.
»Er sollte nicht so schnell fahren«, sagte Mimi mit besorgter Miene.
»Da hast du vollkommen recht«, sagte Susan. »Bei dem heutigen Verkehr kann das leicht zu einem Unfall führen.«
»Und er ist doch so ein reizender Mensch.«
»O ja, Mimi. Das ist er.«
Ich jagte meinen Peugeot über die Themse und erreichte zwanzig Minuten später das Hotel, in dem Lorne Waiss wohnen sollte. Das Gebäude war acht Etagen hoch, und Blumenkästen, in denen eine verschwenderische Farbenpracht blühte, hingen vor den breiten Balkonen.
Ich lief ein paar Stufen zum Hoteleingang hinauf. Ein livrierter Bursche öffnete die Glastür für mich. Vielleicht erweckte
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