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GK231 - Der Herr der Ratten

GK231 - Der Herr der Ratten

Titel: GK231 - Der Herr der Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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dem Mittagessen zogen Ali Golombek und seine Kameraden in ihren Schutzanzügen wieder los.
    Ali haßte die Hitze, die über dem Atoll brütete. Verdammt, warum hatte er sich bloß breitschlagen lassen, diesen Zirkus mitzumachen? Die Gefahrenzulage hatte ihn gelockt. Vielleicht auch das Zauberwort Südsee – Palmen, kristallklares Wasser, ein herrlicher flamingofarbener Strand. Doch wohin war Ali Golombek gekommen? In eine Wüste, ins Chaos, auf eine Insel, deren Anblick Depressionen erzeugte.
    Golombek ging mit dem Geigerzähler zwischen den zerbombten erdgeschossigen Häusern dahin. Der Schweiß rann ihm in kleinen Bächen über den Körper. Die Sonne knallte erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel.
    Ali blieb ächzend stehen.
    Am liebsten hätte er sich die Gasmaske vom Gesicht gerissen, um mehr Luft zu bekommen doch das Ticken des Geigerzählers warnte ihn vor dieser Unvorsichtigkeit.
    Er schaute sich lustlos um.
    Was für eine Trostlosigkeit.
    Jetzt, dachte Ali Golombek mürrisch, drei Jahrzehnte nach der letzten Atomversuchsexplosion, schlägt uns Amerikanern das Gewissen. Wir geben den Nutzungsanspruch auf, erklären uns bereit, das Atoll zu säubern und in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, damit das Volk von Eniwetok zurückkehren und wieder in seiner angestammten Heimat leben kann. Was soll das? Ist eine Rückkehr auf diese entstellte Insel denn überhaupt erstrebenswert?
    Golombek ging einige Schritte weiter.
    Sein Blick fiel auf einen Stock, der im sandigen Boden steckte. Er vermochte nicht zu sagen, was ihn an diesem Stock so sehr faszinierte. Doch irgend etwas war plötzlich vorhanden, das Ali Golombek in seinen Bann schlug.
    Verwirrt stellte Ali fest, daß Leben in dem Stock war, und ehe er noch begreifen konnte, wie so etwas möglich war, begann sich der Stock vor Alis Augen langsam zu entfalten. Wie ein Stück zusammengedrehtes Papier rollte sich der seltsame Stock auf. Er wurde zu einer Art Projektionswand, auf der sich plötzlich Menschen bewegten.
    Sie waren alle schwarz gekleidet.
    Ali erschrak zutiefst, als er ihre ernsten, trauernden Gesichter erkannte. Da ging seine um vier Jahre jüngere Schwester, neben ihr seine grauhaarige Mutter, über deren Wangen dicke Tränen rollten. Hinter den beiden sah Ali Golombek seine ganze Verwandtschaft, an die sich eine Gruppe seiner besten Freunde anschloß.
    Ali überlief es eiskalt.
    Er starrte den glänzenden Mahagonisarg an, der auf der aluminiumbeschlagenen Plattform des Leichenwagens stand, und er fragte sich beunruhigt, um wessen Begräbnis es sich hierbei handelte.
    Ein Gedanke schoß ihm siedendheiß durch den Kopf und ließ ihn heftig zusammenzucken.
    Mutter und Schwester weinten um ihn.
    Er konnte sich selbst nirgendwo sehen!
    Es war sein Begräbnis!
    Starr vor Grauen verfolgte er, was weiter geschah. Der Sarg wurde langsam in die Erde hinabgelassen. Mutter, Schwester, alle Verwandten und Freunde warfen blutrote Rosen hinterher, dann fielen die ersten Erdbrocken auf den Sargdeckel, der bald nicht mehr zu sehen war.
    Ali Golombek krampfte es das Herz zusammen, als auf der schrecklichen Projektionsfläche Augenblicke später ein Grabstein aus schwarzem Marmor zu sehen war:
    HIER RUHT
    ALI GOLOMBEK
    Der verstummte Mann im weißen Overall las seinen Geburts- und seinen Sterbetag!
    Das war zuviel für seine Nerven. Er wandte sich gehetzt um und rannte, so schnell er konnte, davon…
    ***
    »Sie waren alle da«, sagte Ali Golombek eine Stunde später auf dem Schiff. »Meine Mutter, meine Schwester, alle Verwandten, Freunde und Bekannten. Sie gaben mir das letzte Geleit.«
    Milt Musser und Hyram Slazenger warfen sich bedeutsame Blicke zu. Musser, ein sportgestählter Basketballertyp, griente. Er hatte rotblondes Haar und einen dichten Schnauzbart, der die Oberlippe vollkommen zudeckte.
    »Jetzt haben wir den guten Ali nicht mehr lange«, sagte Musser amüsiert. »Wenn er mal anfängt, Halluzinationen zu haben…«
    »Das war keine Halluzination!« widersprach Ali ärgerlich.
    »Was denn sonst?« fragte Hyram Slazenger. Er war groß und breitschultrig. Sein Kinn wies ein schattiges Grübchen auf. Die stahlblauen Augen versuchten, jedermann zu durchbohren.
    »Ich kann das nicht so erklären«, sagte Ali Golombek gepreßt. »Aber eine Halluzination war es nicht. Ganz bestimmt nicht. Ich bin doch nicht verrückt!«
    Musser kicherte. »Bist du ganz sicher, Ali?«
    »Ich habe meiner eigenen Beerdigung beigewohnt.«
    »Und woran bist du

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