GK255 - Die Geisterrocker
ein Leitungsrohr und sirrte als platter, den Rändern scharf gezackter Querschläger davon. Dieses verformte Geschoß zerschlug einen der mit brennender Lunte zum Wurf bereitgestellten Molotow-Cocktails .
Der Raum verwandelte sich sofort in ein Flammenmeer.
Das Feuer sprang von Flasche zu Flasche. Es griff auf das Benzin über, das sich in einem großen Blechkanister befand, fraß sich zum Schmieröl weiter, setzte den Kunststoffboden in Brand.
Die Rocker wichen vor der enormen Hitze zurück.
Das Feuer breitete sich mit erschreckendem Tempo aus. Es griff auf die anderen Räume über, und innerhalb weniger Minuten brannte das gesamte Erdgeschoß. Doch damit nicht genug. Die ersten Flammen leckten bereits zum nächsten Stock hinauf.
Schwere schwarze Rauchgaswolken wälzten sich den Rockern entgegen.
»Ich hab’s gewußt!« wimmerte Jack Baffin. »Ich hab’s von Anfang an gewußt, daß das schiefgehen wird!«
Die Rocker preßten ihre Halstücher vor Mund und Nase und husteten bellend. Der ätzende Rauch ließ ihre Augen tränen. Sie waren von der Flammenhölle eingeschlossen. Die schreckliche, alles verzehrende Hitze rückte immer näher heran.
Don Baccala schien das alles nicht zu berühren. Er stand mit gleichmütiger Miene da, betrachtete die Gesichter seiner Freunde und lächelte dann sogar.
»Ich hau’ ab!« schrie Jack Baffin schrill. »Ich ergeb’ mich den Bullen!«
Baccala packte ihn am Handgelenk. Sein Griff war hart und schmerzhaft. »Du bleibst hier, Jack!«
»Ich bin doch nicht wahnsinnig!« kreischte Baffin.
»Du bleibst!« herrschte der Rockerboß ihn an.
»Wir werden sterben!« keuchte Baffin entsetzt.
Zu seinem grenzenlosen Erstaunen nickte Don Baccala. »Ja, das werden wir, Jack. Dennoch werden wir den Bullen ein Schnippchen schlagen. Ich fühle nämlich, daß wir nach dem Tod weiterleben werden, bis in alle Ewigkeit. Unsterblich werden wir sein, mein Junge, und du wirst dich nie mehr vor etwas fürchten müssen, denn es wird nichts mehr geben, womit man dir dann noch etwas antun kann!«
Baffin starrte Baccala fassungslos an.
Er wollte sich losreißen, doch er verfügte nicht über die nötige Kraft.
Und wenige Minuten später kam die siedendheiße Rauchgaswolke, die sie einhüllte und binnen weniger Augenblicke tötete…
***
Ich war um sieben Uhr früh aus den Federn, und es war eigentlich verrückt, daß ein Mann wie ich, der ständig unterwegs war, Reisefieber hatte, aber was sollte ich machen, es war einfach da. Nachdem ich ausgiebig geduscht hatte, traf ich Mr. Silver im Frühstückszimmer des Hotels.
»Gut geschlafen?« wollte Mr. Silver wissen.
»Prächtig«, antwortete ich, obwohl ich die halbe Nacht kein Auge zugemacht hatte, denn meine aufgeputschten Gedanken waren in London, in meinem Haus und bei Vicky gewesen. Ich hatte mir geschworen, eine Weile auszuspannen, für ein, zwei Wochen keine weiteren Fälle zu übernehmen, um bei Faulsein, eisgekühlten Drinks und frischer Luft wieder in Form zu kommen.
Da ich aber ein Typ bin, der, wenn er gebraucht wird, niemals nein sagen kann, hing es nicht von mir, sondern von allen anderen ab, ob ich den Schwur, den ich abgelegt hatte, auch wirklich halten konnte oder - wie schon so häufig - wieder brechen mußte.
Ich butterte meinen Toast und trank Kaffee. »Schon gepackt?« fragte ich Mr. Silver, damit die Unterhaltung am Leben blieb.
»Ich könnte augenblicklich abreisen«, sagte der Ex-Dämon.
»Ich auch«, nickte ich.
Nach dem Frühstück ließ ich mir die Rechnung geben und begab mich sodann auf mein Zimmer, um das Gepäck zu holen.
Mein Blick streifte das Telefon. Ich liebäugelte mit dem Gedanken, Vicky in London anzurufen. Sie hätte sich bestimmt sehr darüber gefreut. Aber dann verwarf ich die Idee wieder, weil mir eine bessere gekommen war: ich wollte meine Freundin überraschen. Nicht das Telefon sollte schellen, sondern die Türglocke. Und wenn Vicky dann die Tür aufmachte, würde ich vor ihr stehen.
Ich grinste und freute mich schon jetzt auf das Gesicht, das sie dann machen würde.
Als ich mein Gepäck aufnehmen wollte, schlug der Apparat hinter mir an.
Ich richtete mich wieder auf, drehte mich um und sagte: »Nanu, ich bin ja schon beinahe nicht mehr hier.«
Einen Augenblick überlegte ich, ob ich das Gespräch überhaupt noch entgegennehmen sollte. Mein sechster Sinn warnte mich davor. Er versuchte mir klarzumachen, daß etwas Unangenehmes auf mich zukommen würde, wenn ich jetzt den Hörer
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