GK278 - Die Bestie
»Wenn mich nicht alles täuscht, sind wir ziemlich weit vom Kurs abgekommen. Ich habe keinen blassen Schimmer, wo wir uns befinden – und auf Sicht kann ich auch nicht fliegen.«
Der Copilot wies auf die Fenster der Kanzel. Sie schienen sich außen beschlagen zu haben. Es war unmöglich, durch sie hindurchzusehen. Kein Funk. Keine Sicht. Keine Instrumente.
Man brauchte nicht besonders schlau zu sein, um zu wissen, daß damit der Ofen so gut wie aus war.
***
Karuma erreichte Kanheri. Er hielt das Taxi nahe den buddhistischen Höhlenklöstern kurz an, stellte den Motor ab und schloß die Augen. Er lehnte sich zurück und versuchte den schlafenden Dämon zu orten.
Er sandte seine Sinne aus, die das Prinzip des Echolots nachahmten, und bald wußte er, welchen Weg er einschlagen mußte. Er fuhr noch ein Stück, stellte den Wagen dann ab und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück.
Ein schmaler Hohlweg stieg steil an, beschrieb nach etwa fünfzig Metern einen Knick und endete vor dem schwarzen Eingang einer Höhle. Wie der weit aufgerissene Rachen eines Untiers sah der Eingang aus.
Spinnweben zitterten im Wind. Es roch nach Moder und feuchtem Erdreich, als Karuma die Höhle betrat. Die Dunkelheit war undurchdringlich. Ein Mensch hätte schon nach wenigen Schritten die Hand nicht mehr vor den Augen gesehen.
Doch Karuma ging mit größter Sicherheit durch die Schwärze. Er nahm seine Umgebung präzise wahr. Er sah schwarzmagische Zeichnungen an den nassen, glatten Wänden.
Etwas strich ihm über das Gesicht. Er zuckte zurück… Der Flügel einer großen toten Fledermaus.
Karuma riß das Tier, das sich in der Decke verkrallt hatte, herunter und warf es auf den Boden. Er wandte sich um. Der Höhleneingang war zu einem stecknadelkopfgroßen Punkt zusammengeschrumpft.
Nun wand sich der Höhlengang nach Osten. Karuma wußte, daß er den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Seine Dämonenverwandtschaft mit Tharus ließ es ihn deutlich fühlen.
Er kam dem schlafenden Dämon immer näher. Sehr lange konnte es wohl nicht mehr dauern, bis er Tharus erreicht hatte. Erregt setzte Karuma seinen Weg fort. Plötzlich vernahm er ein gefährliches Zischen.
Karuma drehte sich schnell um. Er sah in der undurchdringlichen Dunkelheit einen Mann stehen. Ein buckliger Greis war es, dessen Gesicht mumifiziert war. Seine fast skelettierten Hände zuckten.
Der uralte Kerl setzte sich mit schleifenden Schritten in Bewegung. Es funkelte in seinen Augen gefährlich. Er sagte kein Wort, aber seine Miene sprach Bände.
Karuma verharrte abwartend.
Der Greis sprach ihn nicht an. Ohne etwas zu sagen, schlug er plötzlich nach dem Neger. Karuma wollte der Faust des Buckligen ausweichen, doch der Alte war erstaunlich flink.
Und er verfügte über Bärenkräfte, wie Karuma feststellen mußte, denn der Treffer war hart und schleuderte den Anführer der Kaiman-Bande gegen die Höhlenwand.
Karuma fluchte. Der Bucklige war mit wenigen Sätzen bei ihm. Er schlug erneut auf ihn ein. Karuma blockte einen Schlag ab, kassierte aber den zweiten voll.
Es war, als hätte ihn ein Eisenhammer auf den Kopf getroffen. Karuma wurde wütend. Was war denn das für ein Empfang? Er kam in friedlicher Absicht, und dieser bucklige Alte hörte nicht auf, ihn zu attackieren.
Karumas Augen verwandelten sich. Der Alte spreizte die Finger und wollte seine Kaimanaugen angreifen. Karuma brachte sich hastig vor den dolchartigen Fingern des Alten in Sicherheit. Er ging zum Gegenangriff über, aber der Greis bewies, daß er nicht nur immens stark, sondern auch unwahrscheinlich reaktionsschnell war. Karuma wollte den Buckligen ergreifen und zu Boden werfen, doch genau das Gegenteil passierte.
Der Alte riß Karuma hoch, während dieser danebengriff, wirbelte ihn durch die Luft und schleuderte ihn mit aller Kraft auf den feuchten Höhlenboden. Karuma hatte das Gefühl, alle seine Knochen wären gebrochen.
Ehe der Greis mit dem Mumiengesicht ihm noch mehr gefährlich werden konnte, verwandelte sich Karuma blitzartig in einen Kaiman. Er schnellte herum und biß mit der langen Schnauze nach dem Alten.
Der Bucklige machte mehrere schnelle Schritte zurück. Karuma folgte ihm. Immer wieder biß er nach den dürren Beinen des Alten, bis dieser krächzend rief: »Aufhören! Hör auf damit! Beim Satan, ich konnte doch nicht wissen, daß du ein Dämon bist!« Der Alte hob die beinahe skelettierten Hände, zum Zeichen, daß er sich ergab. »Ich bin Akbar, der Hüter des
Weitere Kostenlose Bücher