GK291 - Satan hinter Gittern
Beamten, die uns hier abzuliefern hatten, stieß mich leicht an.
»Vorwärts! Schlag hier keine Wurzeln, Junge! Da geht’s lang!«
Wir wurden in jenes Gebäude geführt, in dem die Neuankömmlinge registriert wurden. Mir war, als würde ich auf ein Förderband gestellt. Ich durchlief mehrere Stationen, mußte mich nackt ausziehen und meine Kleider abgeben.
Alles, was ich auf das Pult legte, wurde gefilzt. Meine gesamte Habe wurde in eine Liste eingetragen, die ich anschließend unterschreiben mußte. Sie ließen mir nichts von meinem Besitz.
Da ich das gewußt hatte, hätte ich meinen magischen Ring wohlweislich zu Hause gelassen. Vielleicht kam ich mir gerade deshalb besonders nackt vor.
Die nächste Station war die Dusche. Ein Aufseher achtete darauf, daß wir uns auch wirklich gründlich wuschen. Anschließend wurden wir dem Gefängnisarzt vorgeführt.
Ein Karteiblatt wurde von uns angelegt. Fragen waren zu beantworten: Schwere Krankheiten in letzter Zeit? Operationen? Irgendwelche gesundheitliche Störungen?… Wir wurden gemessen und gewogen und bekamen anschließend die Anstaltskleidung aus grauem Drillich. Kurz vor zehn Uhr standen wir dann im Büro des Gefängnisdirektors Leonard Montjoy.
»Die Neuen, Sir«, sagte der Oberaufseher, der sich uns mit Bernard Moody vorgestellt hatte.
»Ach ja«, sagte Leonard Montjoy. Er blickte auf und scjiaute uns der Reihe nach an.
Unsere Akten lagen vor ihm auf dem Schreibtisch. Er hatte sie studiert, um zu wissen, mit wem er es zu tun hatte. Tucker Peckinpah hatte ungemein prompt gearbeitet.
Er hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um mich ins Zuchthaus zu kriegen, und ich war schneller hierher gekommen als jeder andere Verbrecher.
Da sieht man wieder mal, was es ausmacht, gute Beziehungen zu haben.
Meine Akte wies mich als gerissenen Einbrecher aus, der nur sehr schwer zu fassen gewesen war. Montjoy erhob sich und kam hinter seinem Schreibtisch hervor.
Er war ein kleiner Mann, der mir nur bis ans Kinn reichte. Seine Schultern waren schmal, der Hals dünn, das Kinn spitz. Daß er Schuhe hatte, die fast so groß waren wie Kindersärge, reizte zum Lachen.
Ich hatte den Eindruck, daß Montjoy einen humanen Vatertyp verkörperte, und ich täuschte mich nicht in ihm. Er hatte gutmütige, sensible Augen, und er schien sehr viele Dinge verstehen und auch verzeihen zu können.
Während er die Hände auf seinen verlängerten Rücken legte, schritt er unsere kleine Front ab. Vor jedem blieb er kurz stehen. Er schaute uns in die Augen, aber in seinem Blick war kein Vorwurf.
»Ich sehe zum Glück kein bekanntes Gesicht«, sagte Montjoy mit einer Stimme, deren Kraft man diesem kleinen Mann nicht zugetraut hätte. »Das freut mich. Ich bin immer ein wenig betrübt, wenn Männer, die wir entließen, rückfällig werden. Irgendwie glaube ich dann, daß nicht diese Männer, sondern wir versagt haben. In einem so riesigen Komplex wie diesem ist es natürlich erforderlich, daß sämtliche Insassen Disziplin halten. Verstöße gegen die bestehenden Vorschriften werden deshalb von mir persönlich streng geahndet. Ich hoffe, Sie verstehen das. Im übrigen aber sehe ich in Ihrem Aufenthalt bei uns keine Bestrafung, sondern wir unterziehen Sie hier einem Läuterungsprozeß, nach dessen Abschluß Sie wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Viele Gesetzesbrecher haben von sich aus den Wunsch, die begangene Tat zu sühnen, weil sie sonst nicht darüber hinwegkommen würden…«
Montjoy sprach fließend und für jedermann verständlich.
Er behandelte uns nicht wie Verbrecher, sondern wie Männer, um die er sich von nun an zu kümmern hatte.
»Sie können in unserer Anstalt einen neuen Beruf erlernen. Es steht Ihnen für die Freizeit unsere reich sortierte Bibliothek zur Verfügung. Wir haben seit zwei Jahren einen hervorragend ausgestatteten Fitneßraum, in dem Sie sehr viel für Ihre körperliche Ertüchtigung tun können…«
Bestimmt war die Humanisierung der Haft in diesem Zuchthaus Montjoys Verdienst. Er trug uns das, was er für uns erreicht hatte, mit leuchtenden Augen vor, war sichtlich stolz auf seine Leistungen.
Abschließend meinte er: »Sollten sich jemals Probleme ergeben, so versuchen Sie sie nicht auf eigene Faust zu lösen, sondern kommen Sie damit zu mir. Es hat bisher noch jedesmal einen Weg gegeben, diesen oder jenen Ärger nach einem kurzen Gespräch zu bereinigen. Ich bitte Sie, nie zu vergessen, daß ich nicht Ihr Feind bin, sondern Ihr
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