GK291 - Satan hinter Gittern
Tony.
Mr. Silver breitete grinsend die Hände aus und sagte zu Vicky: »So einfach ist das, wenn man’s kann.«
***
Es ließ sich einfach nicht vermeiden. Vielleicht war es gelenkt, daß ich in der Schneiderei mit Barney Sunters zusammenstieß. Ich war fast sicher, daß er die Sache arrangiert hatte.
Hier wurden Konfektionskleider für Londoner Warenhäuser angefertigt. Mehrere Kleiderpuppen standen in Reih und Glied aufgestellt, und als ich daran vorbeiging, stürmte Barney Sunters dahinter hervor.
Er rammte mich voll. Dabei fiel ihm die Schere aus der Hand. Ich sah ihn zum erstenmal, wußte aber dennoch sofort, wen ich vor mir hatte. Er hatte eine gemeine Visage.
Einfach widerlich war er. Mittelgroß, pockennarbig, mit schiefen gelben Zähnen im Mund. Einer, der zum Verbrecher geboren war. Barney Sunters wollte gar nichts anderes sein.
Und er hatte auch nicht den Wunsch, das Zuchthaus wieder zu verlassen. Er hatte hier drinnen alles, was er haben wollte. Nur keine Mädchen. Aber auf die schien er ohnedies keinen gesteigerten Wert zu legen.
Sein giftiger Blick huschte an mir auf und ab. Er taxierte mich. Natürlich wußte er, daß ich einer der sechs neuen Häftlinge war. Dies war sein Test, vor dem mich meine Mithäftlinge gewarnt hatten.
»Bist neu in dem Stall, wie?« fragte er gedehnt.
»Ja«, gab ich einsilbig zurück.
»Wie heißt du?«
»Tony Ballard. Und du?«
»Barney Sunters. Schon von mir gehört?«
»Nein.«
»Schlecht. Sehr schlecht, Ballard.«
»Für wen?«
»Für dich natürlich.«
»Wieso?«
»Weil dir dadurch nicht bekannt ist, wie man sich mir gegenüber zu benehmen hat.« Er zeigte mir die Zähne. Es sollte ein Grinsen sein. Es verschwand gleich wieder. Mit grimmiger Miene wies er auf die Schere. »Los, Ballard, heb sie auf!«
»Ich halte dich noch nicht für zu alt, als daß du dich nicht selber bücken könntest.«
»Vielleicht hab’ ich ’nen Besenstiel verschluckt.«
»Schon möglich. Aber das ist dein Problem, nicht das meine.«
Barney Sunters’ Augen funkelten. »Mann, du hast sie wohl nicht alle, Ballard.«
»Laß mich in Ruhe. Führ dich nicht auf wie ein Staatsoberhaupt. Du bist hier drinnen genauso ’ne Null wie ich!«
Sunters wurde bleich. So hatte noch keiner mit ihm zu sprechen gewagt. Er bekam schmale Augen.
»Verdammt, Ballard, du wirst mich noch kennenlernen. Ich kann Kerle mit ’ner frechen Schnauze nicht ausstehen.«
Ich grinste. »Müßtest du dich da nicht selber ständig in die Fresse hauen?«
Die Häftlinge, die in Hörweite waren, hielten die Luft an. Mit offenem Mund schauten sie zu uns herüber. Einer der Aufseher schob sich an ihnen vorbei und kam auf uns zu.
»Hier werden keine Versammlungen abgehalten, Ballard! Machen Sie, daß Sie weiterkommen!«
Barney Sunters bückte sich und hob seine Schere auf. Mit haßsprühenden Augen sagte er: »Dich krieg’ ich auch noch klein, Ballard. Verlaß dich drauf!«
Meine Differenz mit Sunters sprach sich im Gefängnis mit der Schnelligkeit eines Lauffeuers herum.
Während des Mittagessens flüsterten Bing Previn und Clive Clay im Speisesaal: »Herrgott noch mal, Ballard, wir haben dich doch vor ihm gewarnt. Wie konntest du nur so verrückt sein? Was hast du vor? Willst du dir auf ’ne besonders seltene Weise das Leben nehmen?«
»Macht euch um mich keine Sorgen«, erwiderte ich. »Ich werd’ mit dem Knaben schon fertig.«
»Jetzt hetzt er dir seinen Bluthund an die Gurgel«, sagte Bing Previn. »Mach dich darauf gefaßt, daß du’s heute noch mit Kent Sheldon zu tun kriegst!«
Nach dem Mittagessen nahm Bernard Moody mich zur Seite. »Ich habe gehört, daß du mit Sunters zusammengeraten bist, Ballard. Vielleicht war es ein Fehler von mir, dich nicht auf ihn aufmerksam zu machen. Ich dachte, das würden Previn und Clay schon tun. Barney Sunters ist hier bei uns so etwas wie ’ne graue Eminenz, verstehst du? Er hat großen Einfluß auf seine Mithäftlinge. Wir wollen hier keinen Aufstand, verstehst du? Deshalb lassen wir Sunters ein paar kleine Freiheiten, damit aus diesem Zuchthaus kein Hexenkessel wird. Ja, Ballard, sogar wir Aufseher lassen lieber die Finger von ihm. Weil wir vor allem den Frieden in diesem Haus nicht gefährden wollen…«
Ich blickte Moody fest in die Augen. »Na schön, ich habe es also gewagt, mich offen gegen Sunters zu stellen. Was sind nun die Folgen?«
»Sunters läßt sich so etwas nicht bieten, Ballard.«
Ich grinste. »Wird er veranlassen, daß ich aus dem
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