GK317 - Das zweite Leben der Marsha C.
dir sonstwas passieren, Baby. Komm schon. Steig ein. Ich mache bestimmt nichts, was dir nicht gefällt.«
Er trat auf Marsha Caan zu.
»Vorsicht!« zischte das Mädchen. »Ich kann ein bißchen Judo.«
Der Mann lachte. Es klang gleichermaßen amüsiert wie seltsam hungrig. »Bist ein gefährliches Ding, wie?«
»Ich rate Ihnen, mich in Ruhe zu lassen!«
Der Mann leckte sich die Lippen. Er versuchte, Marsha Caan anzufassen. Da erlebte er sein blaues Wunder. Blitzschnell reagierte das Girl.
Es explodierte förmlich.
Zwei Ohrfeigen und ein schmerzhafter Handkantenschlag brachten den Kerl zur Vernunft. Wüste Verwünschungen ausstoßend stieg er wieder in seinen Wagen und setzte die Fahrt fort.
Marsha war sicher, daß er an diese Begegnung noch lange zurückdenken würde. Verflixt, wieso halten so viele Männer einsame Mädchen für Freiwild? fragte sich Marsha Caan.
Sie entschloß sich, ein Stück zu Fuß zu gehen.
Vielleicht erwischte sie in einer anderen Gegend eher ein Taxi.
Es war ein Entschluß, der dem Girl zum Verhängnis werden sollte.
Keine zwei Minuten war das Mädchen unterwegs, als das Unheil seinen Lauf nahm: Motorengebrumm - gedämpft durch den Nebel. Neuerliches Strahlen von Scheinwerfern.
Marsha Caan blieb stehen. Sie wollte ihr Glück erneut versuchen. Daß sie noch einmal an einen solchen widerlichen Kerl geraten würde, war mehr als unwahrscheinlich.
Auch dieser Wagen war zu schnell unterwegs.
»Heute nacht scheinen nur noch Verrückte zu fahren«, sagte das Mädchen.
Sie hob die Arme, um sich rechtzeitig bemerkbar zu machen.
Das grelle Scheinwerferlicht blendete sie. Zu spät merkte sie, daß der Wagen zickzack fuhr. Er kam jetzt genau auf sie zu.
Bestürzt riß sie die Augen auf. Mit einem weiten Satz wollte sie sich in Sicherheit bringen. Doch die Zeit reichte nicht mehr.
Marsha Caan kam nur noch dazu, ihre Muskeln anzuspannen. Dann passierte es bereits. Augenblicklich war sie eingehüllt von diesem grellen Strahlen. Das Motorengeräusch hörte sich an wie das feindselige Knurren eines Raubtiers. Schon erfolgte der Aufprall.
Hart. Schmerzhaft.
Sämtliche physikalischen Gesetze schienen für Marsha Caan ihre Gültigkeit verloren zu haben. Die Schnauze des Wagens stieß das Mädchen nach oben.
Marsha wirbelte hoch durch die Luft. Wie eine Gliederpuppe flog sie durch den Nebel.
Dann kam die Landung. Brutal und fast tödlich.
Und dann kam die Schwärze, die der Geist keines Menschen zu durchdringen vermag…
***
Sie hatten eine feuchtfröhliche Betriebsfeier hinter sich: Clark Kenna, Hank Parnaby, Glenn Gibbon, David Atkins und Gloria Devon.
Clark Kenna, ein hagerer Mann, lenkte das Fahrzeug, mit dem sie durch den Nebel unterwegs waren. Allerdings gehörte ihm der Wagen nicht.
Der Besitzer war Hank Parnaby. Er saß auf dem Beifahrersitz und war so blau, daß er sich - wenn er selbst gefahren wäre - längst irgendwo in der Stadt rettungslos verirrt hätte.
Natürlich hatte auch Kenna einiges getrunken, aber der hagere Mann war noch in der besten Verfassung von allen.
Deshalb war er von den anderen dazu bestimmt worden, das Auto zu lenken.
Sie hätten sich ein Taxi nehmen sollen, dann wäre ihnen vieles erspart geblieben…
Kenna steuerte das Fahrzeug mit einer Hand und ziemlich lustlos.
Er hätte viel lieber im Fond gesessen. Bei Gloria Devon, denn die überreife Mieze war kein Kind von Traurigkeit. Sie saß in der Mitte, eingeklemmt zwischen Gibbon und Atkins, und ließ sich kichernd von den beiden umschmusen.
Das war auch der Grund dafür, warum Clark Kenna die Augen mehr auf den Rückspiegel als auf die Straße gerichtet hatte.
Als dann plötzlich dieses blonde Mädchen aus dem Nebel auftauchte, war er nicht mehr in der Lage, die Katastrophe zu verhindern.
»Paß auf!« schrie Hank Parnaby zwar noch, aber es war bereits zu spät.
Kenna riß das Lenkrad nach links. Doch ehe der Wagen darauf reagierte, ertönte bereits das dumpfe Aufprallgeräusch.
Und dann flog dieses hübsche blonde Mädchen mit schreckverzerrtem Gesicht durch die Luft.
Clark Kenna bremste, so schnell er konnte. Voll trat er auf das Pedal. Die Räder blockierten und rutschten kreischend über die Fahrbahn.
»Um Gottes willen!« stieß Kenna hervor. Seine Stimme bebte. Er zitterte so heftig und fühlte sich durch den Schock so kraft- und willenlos, daß er es nicht wagte auszusteigen.
Hank Parnaby war mit einem Schlag stocknüchtern.
»Verdammt, was war denn los?« fragte Glenn Gibbon. »Hast
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