GK317 - Das zweite Leben der Marsha C.
Schuß.
Mein Colt spie Feuer und eine geweihte Silberkugel aus. Die Waffe ruckte nach oben, während das geweihte Silber präzise in Marsha Caans unseligem Leben saß.
Sie stieß einen gellenden Schrei aus, brach in die Knie und verging, bevor Rufus es verhindern konnte.
Glenn Gibbon rappelte sich hoch. Er stolperte in großer Eile auf uns zu, riß meinen magischen Ring von seinem Finger und gab ihn mir zurück.
Mit Mr. Silver ging eine erkennbare Verwandlung vor. Seine Fäuste erstarrten zu purem Silber. Eine gefährliche Glut bildete sich in seinen Augen.
Rufus erkannte die Gefahr jedoch rechtzeitig.
Er begriff blitzschnell, daß Mr. Silver ihn nun ausschalten wollte.
Darauf reagierte das Horrorwesen prompt. Es flog auf Frank Esslin zu, befreite diesen von seinen magischen Fesseln und preßte ihn an sich.
Frank war zu einem lebenden Schild geworden.
Der Dämon lachte gemein. Sein bleicher Totenschädel grinste uns triumphierend an.
»Ich könnte mir vorstellen, daß euch einiges an eurem Freund liegt!« rief Rufus uns zu.
Mr. Silver knirschte mit den Zähnen. »Laß Frank los, Rufus!«
»Ich denke nicht daran.«
»Versteck dich nicht hinter diesem Mann, du feige Memme!« schrie der Ex-Dämon verächtlich. »Laß uns beide den Kampf allein austragen!«
»Darauf wartest du schon lange, was?«
»Einmal kriege ich dich, Rufús. Wenn nicht diesmal, dann ein andermal. Wenn du Frank heute auch nur ein Haar krümmst, werde ich dir ein Ende bereiten, das den Qualen der Hölle gleichkommt!«
»Nimm doch den Mund nicht so voll, Silver. Mich kannst du mit deinem lächerlichen Säbelgerassel nicht beeindrucken!«
Die Spannung trieb mir den Schweiß aus allen Poren.
Endlich hatten wir Rufus wieder vor uns, aber wir konnten ihm nichts anhaben, solange er Frank als Geisel hatte.
Bilder der Vergangenheit flogen an meinem geistigen Auge vorüber. Rufus war der Anführer einer gefährlichen Chicagoer Dämonenclique gewesen.
Wir hatten die Clique zerschlagen. Nur Rufus war uns entkommen, und er hatte uns dafür ewige Rache geschworen.
»Großer Gott, er wird Frank töten«, stöhnte Glenn Gibbon neben mir.
Ich wies mit dem Daumen auf den Ausgang. »Verlassen Sie das Lagerhaus, Glenn. Warten Sie draußen auf uns. Was hier drinnen auch immer geschehen mag, Sie dürfen den Schuppen nicht mehr betreten, ist das klar?«
Gibbon nickte.
Er wandte sich um und verschwand.
Mir war klar, daß ich Rufus mit einer geweihten Silberkugel nicht töten konnte. Nur Geister und rangniedere Dämonen konnten damit vernichtet werden. Dennoch hätte das geweihte Silber auch auf Rufus entkräftend gewirkt.
Ich hätte ihn damit schwächen können.
Aber durfte ich diesen Schuß wagen?
Setzte ich damit nicht Franks Leben aufs Spiel? Ich konzentrierte mich voll auf den Dämon. Er trug eine lange, wallende Kutte, deren Kapuze hochgeschlagen war.
Er konnte jedoch jederzeit auch ein anderes Aussehen annehmen, das war für ihn kein Problem.
Er überragte Frank.
Wenn es mir gelang, seinen Totenschädel zu treffen… Ich spürte ein unangenehmes Ziehen entlang der Nervenbahnen, als ich daran dachte, daß Frank unweigerlich verloren war, wenn der Schuß nicht hundertprozentig saß.
Frank Esslins Gesicht sah in diesem kritischen Moment aus, als wäre es aus Granit gehauen. Ich kannte ihn lange genug, um zu wissen, daß er damit einverstanden gewesen wäre, daß ich den risikoträchtigen Schuß abfeuerte.
Grimmig starrten wir uns an.
Rufus hatte einen Trumpf in der Hand, den er nicht freiwilig hergeben würde, denn damit konnte er uns in die Knie zwingen, unter Druck setzen, seine Forderungen stellen, die wir zu erfüllen gezwungen sein würden, weil uns Franks Leben wichtiger als alles andere war.
Frank Esslin regte sich nicht.
Er befand sich in einer verteufelten Lage, konnte nur abwarten, was geschehen würde. Er war gezwungen hinzunehmen, was kam, konnte das Geschehen weder positiv noch negativ beeinflussen.
Wieder einmal bewies Mr. Silver, wie wertvoll er in unserem Kampf gegen die Ausgeburten der Hölle war.
Der Karren schien verfahren zu sein, doch Mr. Silver gab noch nicht auf. Er wollte Frank Esslin nicht dem Dämon überlassen.
Er wollte Rufus aber auch nicht ungeschoren entkommen lassen. Und plötzlich besann er sich auf eine Fähigkeit, mit deren Hilfe er den Dämon überlisten konnte.
Keiner von uns bekam es mit.
Nicht einmal Rufus.
Mr. Silver raffte blitzschnell die Zeit. Dadurch wurde sein Bewegungsablauf so
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