GK398 - Gefangen in der Spiegelwelt
hatte er sein Augenmerk auf Julie Carrie gerichtet. Sie war erst seit drei Jahren beim Theater und spielte in dem Musical nur eine mittlere Rolle. Brinkley hatte ihr größere Rollen in Aussicht gestellt, wenn sie ein bißchen nett zu ihm sein würde.
Er war nicht in der Lage, ein solches Versprechen auch zu halten, aber davon hatten die meisten Mädchen, die er mit dieser Masche herumkriegte, keine Ahnung. Er mußte froh sein, selbst genügend Angebote zu erwischen.
Der blonde, gutaussehende Schauspieler lehnte an der Garderobentür.
Julie Carrie war bildhübsch und hatte langes, lackschwarzes Haar, das ihr ein ungemein rassiges Aussehen verlieh.
»In der nächsten Saison steht dein Name gleich neben meinem«, tönte Brinkley. »Ganz groß. Die Leute werden dich begeistert feiern. Du wirst ein Star sein, Baby. Wie gefällt dir das?«
Julie saß am Schminktisch und bürstete ihr Haar. »Welche Schauspielerin träumt nicht davon, berühmt zu sein?«
»Aber nicht alle haben das Zeug dazu, dieses Ziel auch zu erreichen«, sagte Brinkley. »Bei dir ist das etwas anderes. Du wirst deinen Weg machen. Er wird dich steil nach oben führen, und ich werde dich dabei unterstützen.«
Julie legte die Haarbürste weg und blickte ihren Kollegen durch den Spiegel an. »Es würde mich freuen, wenn du mir nur helfen wolltest, weil du an mich glaubst, Spencer.«
»Das tu’ ich.«
»Ich bin für jede uneigennützige Hilfe dankbar, Spencer.«
»Habe ich schon irgend etwas von dir verlangt?«
»Nein. Aber du hast es angedeutet.«
»Ich habe sehr viel für dich übrig. Ist das ein Verbrechen?«
»Du willst etwas von mir, das ich dir nicht geben kann, Spencer.«
»Was wäre das?«
»Liebe. Ich liebe dich nicht.«
Er grinste. »Laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen, Baby. Wir werden eine wundervolle Zeit miteinander haben. Und heute nacht - schlage ich vor - beginnen wir damit.«
Sie drehte sich auf dem Hocker um. »Was soll das heißen?«
Er schnalzte mit der Zunge. »Zuerst gepflegt essen. Ich kenne ein Restaurant, da gibt es die besten Austern von ganz New York. Danach ein nettes Tänzchen in einer kleinen verschwiegenen Bar und hinterher…«
»Würdest du mich hinterher nach Hause bringen, wenn ich es von dir verlange?«
Er lachte. »Nach Hause? Ich bitte dich, Julie. Das wirst du nicht wollen. Davon bin ich überzeugt.«
»Darf ich ehrlich sein, Spencer?«
»Aber natürlich, Baby.«
»Ich habe an und für sich nichts gegen Männer. Aber ich habe etwas gegen solche Programme, wie du sie machst. Du teilst die Zeit eiskalt ein. Essen: fünfundvierzig Minuten. Zwei Drinks: zwanzig Minuten. Ein bißchen tanzen: dreißig Minuten. Und danach hat die Festung zu fallen.«
Brinkley schmunzelte. »So wird’s heutzutage nun mal gemacht, Baby. Zeit ist Geld.«
»Tut mir leid, aber solange du fürs Herz und fürs Gemüt nichts eingeplant hast, sehe ich schwarz für uns beide. Ich denke, ich werde meinen Wog ohne dich gehen und auf deine aufopfernde Hilfe lieber verzichten.«
Brinkleys Brauen zogen sich ärgerlich zusammen. Sein Stolz war verletzt. Er konnte sich nicht erinnern, wann er die letzte Abfuhr erhalten hatte, so lange war das schon hör.
»Ist das dein letztes Wort?« fragte er schroff.
»Ja, und ich hoffe, daß du meine Ansicht respektiertst.«
Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Du bist sehr unvernünftig, Baby. Du weißt nicht, was dir entgeht. Außerdem: ich kann dir nicht nur helfen - ich kann dir auch schaden!«
»Raus jetzt!« zischte Julie Carrie zornig. »Und versuch’s nicht noch mal bei mir, du Miesling. Für mich bist du ab sofort nämlich gestorben!«
Brinkley verließ die Garderobe. »Blöde Ziege! Dumme Gans!« brummte er, und er nahm sich vor, gleich morgen gegen Julie zu intrigieren.
Verstimmt verließ er das Theater.
Sein schwarzer Chrysler stand auf einem unbeleuchteten Parkplatz hinter dem Theater.
Brinkley fingerte die Schlüssel aus der Tasche seines Trenchcoats. Insgesamt drei Fahrzeuge standen noch da. Die meisten Kollegen waren gleich nach der Vorstellung nach Hause gefahren.
Der Schauspieler ging an einem rostroten Pontiac vorbei.
Plötzlich vernahm er ein Geräusch!
Ein Knirschen!
Brinkley blieb irritiert stehen. Über seiner Nasenwurzel entstand eine Kerbe. Er schaute sich mißtrauisch um. Was hatte dieses Geräusch zu bedeuten? Lauerte hier jemand auf ihn?
Ein Autogrammjäger?
Manchmal waren die Fans ja ein bißchen verrückt, aber daß um diese Zeit
Weitere Kostenlose Bücher