GK398 - Gefangen in der Spiegelwelt
noch jemand wegen seines Autogramms hier war, konnte sich Spencer Brinkley nicht vorstellen.
Er vermutete, daß sich jemand hinter dem Pontiac versteckte.
»Ist da jemand?« fragte er, und er ärgerte sich darüber, daß seine Stimme keinen festen, sondern einen unsicheren Klang hatte.
Verbarg sich hinter dem Wagen vielleicht ein Junkie, der unbedingt Geld haben mußte, um sich Stoff für den nächsten Schuß kaufen zu können?
Brinkley ballte die Hände zu Fäusten. Er war unschlüssig. Wenn er seinen Weg zu seinem Wagen fortsetzte, konnte es passieren, daß der Kerl von hinten über ihn herfiel.
Wollte er das verhindern, so mußte er den Stier gewissermaßen bei den Hörnern packen. Angriff ist die beste Verteidigung. Ein wahrer Spruch.
Danach handelte der Schauspieler.
Er ging um den Pontiac herum. Sein sechster Sinn signalisierte ihm Gefahr. Eine innere Stimme sagte ihm, er solle umkehren, doch irgend etwas zwang ihn, weiterzugehen.
Aus der Dunkelheit flog ihm ein seltsames Hecheln entgegen.
Er machte noch einen Schritt. Dann war er um den Kofferraum herum. In der Finsternis bewegte sich etwas. Eine Gestalt. Sie war geduckt. Glühende Augen starrten den Schauspieler an. Das Wesen richtete sich auf, wurde so groß wie Spencer Brinkley, und als es einen Schritt näherkam, stockte dem Schauspieler der Atem, denn er blickte in eine abscheuliche Monsterfratze!
***
Frank Esslin lehnte am Gitter und schaute Cristobal Gerrick nachdenklich an.
»Frank«, sagte Gerrick mit tonloser Stimme.
»Ja?«
»Was ist bloß aus diesem netten Abend geworden?«
»Es ist schlimm, ich weiß. Schlimm vor allem für Hec. Der arme Kerl.«
»Nicht wahr, du bist nicht der Ansicht, daß ich ein Mörder bin.«
»Nein, Cristobal. Du hast keinen Mord verübt. Es war nicht einmal Totschlag. Sobald der Lieutenant davon überzeugt ist, wirst du nichts mehr vom Gesetz zu befürchten haben.«
Gerrick blickte auf seine Hände. »An meinen Fingern klebt das Blut meines Freundes.«
»Wir alle wissen, wie es dazu gekommen ist. Derek wird es dem Lieutenant noch einmal ausführlich schildern«, sagte der WHO-Arzt.
Plötzlich zuckte er wie unter einem Peitschenhieb zusammen.
Schüsse. Schreie. Gebrüll. Glas klirrte.
Cristobal Gerrick griff sich an den Hals. »Liebe Güte, Frank, was hat das zu bedeuten?«
Der WHO-Arzt zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Cristóbal«, sagte er heiser.
Aber er hatte eine Vermutung, und die machte ihm entsetzlich Angst. Er hoffte, daß er sich irrte.
Gleichzeitig aber glaubte er zu wissen, daß ein Irrtum ausgeschlossen war. In diesem Gebäude rollten folgenschwere Ereignisse ab…
***
Der Schock traf Spencer Brinkley mit der Wucht eines Keulenschlages. Der Schauspieler war so durcheinander, daß er nicht reagieren konnte.
Fliehe! schrie es in ihm. Lauf weg! Renn um dein Leben!
Doch er rührte sich nicht von der Stelle.
»O mein Gott!« Das war alles, was er im Moment über die Lippen brachte.
Das Monster nahm eine drohende Haltung an. Brinkley begriff, daß sich die Bestie nun gleich auf ihn stürzen würde. Er hatte das Gefühl, sein Herz würde hoch oben im Hals schlagen.
Fingerdick glänzte der Schweiß auf seinem Gesicht. Er konnte den Blick nicht von dem Scheusal wenden, das die Gestalt eines Menschen hatte, dessen Schädel jedoch der eines Phantasietiers war.
Das Scheusal spannte seinen Körper wie eine Feder.
Endlich war Brinkley in der Lage, wenigstens einen halben Schritt zurückzuweichen.
Er bewegte sich hölzern.
Wie eine Gliederpuppe.
Das Monster bleckte sein kräftiges Raubtiergebiß.
Und dann griff es an!
Mit beiden Händen wollte das Scheusal, zu dem Derek Morwenna geworden war, den Schauspieler packen. Brinkley stieß einen krächzenden Schrei aus. Er hob den rechten Arm und schlug die Hände des Monsters zur Seite. Abermals schrie er. Gleichzeitig kreiselte er herum. Endlich ergriff er die Flucht. Fast schon zu spät.
Morwenna knurrte zornig.
Brinkley rannte los.
Das Monster schlug ihm die Faust ins Kreuz, und der Schauspieler brach brüllend zusammen. Hart landete er auf dem Asphalt. Er schlug mit dem Gesicht auf. Ein dumpfer Schmerz durchzuckte ihn. Tränen schossen ihm in die Augen. Er rollte herum und sah das Ungeheuer hoch aufgerichtet über sich…
***
Guy Jenkins, der Theaterportier, hatte beobachtet, wie Spencer Brinkley das Gebäude verließ. Er massierte seine Nase und schnippte mit dem Finger. »Meine Güte, so ein Schauspielerleben ist auch
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