GK416 - Die Rückkehr der Bestie
reagierte Yabsley ganz schwach. Seine Lider flatterten. Für Dr. Alderton war das ein Beweis dafür, daß der Patient ihn hörte und auch verstand.
»Sind Sie nicht in der Lage, zu sprechen?« wollte er wissen.
Yabsley lag wie scheintot da. Ihn bewegte anscheinend nur ein Thema: die Blutbestie. Wenn von ihr die Rede war, reagierte er.
»Erinnern Sie sich an das Ungeheuer«, verlangte Dr. Alderton.
Sofort flatterten wieder Yabsleys Lider.
»Es war ein Kampf auf Leben und Tod. Sie haben sich voll eingesetzt, doch die Blutbestie war stärker. Sie hätte Sie getötet, wenn diese drei Männer nicht unverhofft aufgetaucht wären.«
Yabsley reagierte mit einem heftigeren Zucken der Lider.
»Sie wurden nur an der Schulter verletzt«, sagte Roger Alderton. »Eine verhältnismäßig harmlose Wunde, die bald verheilt sein wird. Dann werden sie etwas zum Herzeigen haben. Ein Andenken an die Blutbestie.«
Unruhe befiel den Patienten. Sein Atem ging schneller. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch kein Wort kam über seine Lippen.
»Ich werde Ihnen etwas injizieren, das Sie beruhigt«, sagte Alderton. »Darauf werden Sie wunderbar schlafen, und morgen früh sind Sie ein neuer Mensch.«
Sie befanden sich noch im Ambulanzraum. Eine Krankenschwester war anwesend. Sie sortierte das sterile Behandlungsbesteck. Dr. Alderton sagte ihr, was er brauchte, und sie bereitete die Spritze vor.
Alfred Yabsleys Augen irrten durch den Raum, als suchten sie Hilfe. »Sehen Sie sich diesen armen Teufel an«, sagte Roger Alderton. »Es muß schrecklich gewesen sein, was er mitgemacht hat.«
Der Doktor reinigte die Einstichstelle, stieß dem Patienten die Nadel in die Vene und drückte langsam auf den Kolben.
»In wenigen Minuten werden Sie schlafen, und Schlaf ist die allerbeste Medizin«, sagte Alderton beruhigend. Er wandte sich an die Krankenschwester. »Lassen Sie ihn in ein Einzelzimmer legen. Er braucht absolute Ruhe.«
»Ja, Doktor«, erwiderte die Krankenschwester. Sie war zweiundzwanzig, und man sagte ihr nach, daß sie verrückt nach Ärzten war. Jedes männliche Wesen im Krankenhaus, das einen Doktorgrad besaß, hatte bei ihr Chancen. Alderton hatte davon gehört, doch er prüfte das Gerücht nicht auf seinen Wahrheitsgehalt. Erstens war die Schwester nicht seine Kragenweite. Zweitens hielt er nichts von Sex am Arbeitsplatz. Und drittens war er verlobt. Drei ausreichende Gründe, sich von dieser kleinen Nymphomanin fernzuhalten. Es interessierte Alderton nicht, was die Schwester in ihrer Freizeit tat und mit wem sie es tat. Solange sie ihre Pflicht im Hospital erfüllte, sah er über diese Dinge großzügig hinweg. Er war schließlich kein Spießbürger.
Alderton verließ die Ambulanz. Er dachte, sich in der kommenden Nacht nicht mehr um Yabsley kümmern zu müssen, doch das stellte sich als Irrtum heraus. Es ging bereits zwanzig Minuten später los.
Die Stationsschwester rief Alderton über Lautsprecher. Der Ruf war dringend, deshalb ließ Roger Alderton alles stehen und liegen und eilte zur Station A. Als er aus dem Lift trat, hörte er schon Alfred Yabsley brüllen. Mit einer unbeschreiblichen Lautstärke.
Er rannte auf das Einzelzimmer zu, in dem Yabsley untergebracht war. Die Tür war geschlossen. Aber der Bildhauer brüllte so laut, daß ihn jedermann weit und breit hören konnte.
Die Stationsschwester und zwei Krankenpfleger waren bei dem Patienten. Kräftige Männer, die normalerweise in der psychiatrischen Abteilung arbeiteten und stets gerufen wurden, wenn es galt, einen renitenten Patienten zu bändigen. Sie verstanden ihr Handwerk, wußten, wie man sanfte Gewalt anwandte. Sie rangen ihre Patienten nieder, ohne ihnen wehzutun.
Doch bei Yabsley schafften sie es beinahe nicht. Er brüllte und tobte. Sein Gesicht war schmerz verzerrt. Er heulte und wimmerte, kämpfte gegen die beiden kräftigen Männer, war entsetzlich unruhig, bäumte sich immer wieder auf und versuchte, sich aus dem Griff der Pfleger herauszuwinden.
»Was ist los?« fragte Dr. Alderton.
»Ein Anfall«, antwortete die Krankenschwester. »Er kam ganz plötzlich. Mr. Yabsley muß wahnsinnige Schmerzen haben.«
Yabsley schrie wie auf der Folter. Sein Gesicht war knallrot. Die Augen traten weit aus den Höhlen. Sein Mund war eine riesige Öffnung, aus der das lang anhaltende Gebrüll kam.
»Was soll mit dem Patienten geschehen, Dr. Alderton?« fragte die Schwester.
Der Arzt entschied sich für eine starke Beruhigungsspritze. Es
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