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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Muenk
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Laufzeiten erhalten Zinsanlagen noch nicht einmal die Kaufkraft und scheiden damit als ertragreiche Option aus. Ins Risiko will heute keiner mehr gehen. Diversifikation, also eine renditeorientierte Portfolio-Politik der Fondsanbieter über mehr als eine Anlageklasse und einen Anlageprozess hinaus, ist heute imperativ. Mit Immobilieninvestitionen allein, Messehallen und Warenhäusern sind Sie eindimensional aufgestellt und ohne future options.«
    Kellermann starrte immer noch auf den Tisch, sagte: »Der lebt ja noch.«
    Löhring rutschte die Türklinke aus der Hand.
    Doch da hatte Winter schon angesetzt mit Erklärungen über die Lichtbrechungen und Reflektionen im Chitinkleid von Chrysina aurigans und Chrysina limbata und darüber, was es bedeutenwürde für den Bereich der Oberflächenbeschichtung, global und überhaupt. »Ich stelle mir vor, dass Sie für mein Geschäft eine Venture-Capital-Gesellschaft bereitstellen und das Wagniskapital in Form von Finanzierungsinstrumenten für anlageinteressierte Großinvestoren einbringen, als Portfolioerweiterung Ihrer Immobilienfonds.« Und dann sagte er noch »Biotech« und »Win-win«.
    Löhring konnte sehen, wie der Schweiß in Kellermanns Nackenfalten glänzend festsaß. Er sah vor Problemen wohl den Wald nicht mehr und sagte trotzdem: »Wo ist das Problem?«
    »Die Holding weiß nichts von meiner Forschung. Für die züchte ich nach wie vor Erdbeeren. Etta von Dangast muss informiert werden, bevor sie die ganze Gruppe oder Teile davon verkauft.« Winter schien langsam ungeduldig und nervös zu werden. Kellermanns Gesellschaft schien ihn zu ermüden.
    Kellermann war nicht minder überfordert und starrte wieder auf das Glas: »Der sieht aus wie aus Gold. Gold? Gold!«
    »Die gibt’s auch in Silber.«
    »Mein Gott.«
    »Ja. Eine Alternative in Zeiten knapper Edelmetallreserven, könnte man sagen.«
    »Das ist ja ein geiler Plan.«
    »Nein. Das ist Strukturbionik.«
    Kellermann verlor zunehmend die Contenance. Was immer da im Glas war, es hatte offenbar Instinkte in ihm angesprochen, die jenseits von Vernunft und Anstand lagen. Er schien sich zusammenreißen zu wollen, sagte: »Ich bin Kesch«, »Ich als Kesch«, »Sagen Sie einfach Kesch« und wiederholte es wie eine Beschwörungsformel. Je öfter er den Namen aussprach, desto mehr hoffte er wohl, der zu sein, den er nannte: Kesch. Aber es wollte nicht so recht gelingen.
    Es half nichts, fand Löhring. Er musste jetzt bald dazwischengehen – sozusagen als Korrektiv für Kellermanns beschränkte Sichtweisen, denn Winter ertrug alles Unintelligente und Seichte nicht wirklich lange. Etta von Dangast war ihm als wohlhabende,etwas depressive Gartencenter-Erbin natürlich bekannt, das halbe Land kannte sie, und außerdem musste er jetzt das Gold sehen oder was immer sich in dem verdammten Glas befand.
    Löhring atmete tief durch, öffnete die Tür ganz, betrat den Raum und ging, am staunenden Kellermann vorbei, mit ausgestrecktem Arm auf Winter zu. So sah unternehmerischer Marktauftritt aus, ein Heranschlenderer war er nie gewesen. »Keith, Sie alter Spaßvogel! Wie schön, Sie wiederzusehen nach unserer letzten gemeinsamen Gipfeltour! Wir sind und bleiben doch alle Nomaden, was? Erst nirgendwo und dann überall. How is life?«
    Er hat immer noch diesen nicht ganz trockenen Händedruck, dachte Löhring, als er Winters Hand ergriff und sie mit einem beherzten Ruck zu sich hochzog. Aber immerhin war Körperkontakt inzwischen möglich, ohne dass der Typ gleich wieder zwitschernd aus dem Fenster sprang. Wiedersehensfreude sah jedoch anders aus.
    »Was tun Sie hier, Löhring?« Winter sprach den Namen aus wie einen Krankheitserreger.
    »Oh, wenn sogar Sie mich wiedererkennen, Winter, muss ich ja wirklich ein markanter Typ sein. Nun, ich denke, ich treibe hier dasselbe wie Sie, nicht wahr? Nämlich meine Schäfchen ins Trockene zu bringen.« Löhring zog die Lippen beiseite wie einen Theatervorhang und lächelte. »Wir Durchgeknallten und Entmündigten landen doch alle früher oder später beim guten alten Kesch, oder?«
    Kellermann lachte kehlig auf und knuffte Löhring in den Oberarm.
    »Sie hat doch jemand geschickt«, sagte Winter. Eine Mischung aus Unsicherheit und Protest lag in seinen Augen. Immerhin.
    »Jawohl. Der Himmel schickt mich, könnte man sagen. Aber nun zum Thema, Winter. Ich habe da im Vorbeigehen ein wenig von Ihren Überlegungen mitbekommen. Alles nicht ganz uninteressant, muss ich sagen. Also, vorab die gute

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