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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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der nur das Klappern der Scheren zu hören war. Bruno sprach kein einziges Wort mehr.
Als es schließlich an der Tür pochte, war Cecilia zutiefst erleichtert. Sie hatte bereits den gesamten Saum des Schlafrocks nachgenäht und alles in den Händen gehalten, was sich in dem großen Korb an Nähzeug gesammelt hatte. Jede Störung war willkommen.
Über die Art des Gastes war Cecilia allerdings mehr als überrascht. Irene führte mit einem frostigen Knicks eine junge Frau in den Raum – die Smeraldina aus Inghiramos Truppe, gekleidet in einen farbenfrohen Rock, mit einem bunten Strohhut auf dem Kopf, in dessen Bändern Fasanenfedern wippten.
Smeraldina knickste ebenfalls, wobei die Bewegung seltsam anmutete, weil sie nicht wie die Folge sorgsamer Erziehung wirkte, sondern eher wie ein Gemisch aus sämtlichen Knicksen, die die Komödiantin jemals in irgendeiner Rolle zu machen hatte – künstlich bis zur Lächerlichkeit.
»Ich bin geschickt, Sie zu bitten, Signorina Barghini, die Compagnia Ferrari noch einmal mit Ihrer Anwesenheit zu beehren, bei der Aufführung des König Hirsch in der Ruine. Die edle Herrin aus Monsummano schickt mich«, erklärte sie keck.
Es war klar, dass sie log. Die Herrin aus Monsummano und Cecilia waren miteinander nicht bekannt. Und zumindest für Cecilia war auch klar, warum sie log. »Richten Sie aus, dass ich danke, aber die Zeit für einen zweiten Theaterbesuch nicht aufbringen kann«, erwiderte sie schroff.
Zwinkerte das Weib ihr zu?
Cecilia griff nach einem Kissenbezug, den sie bereits malträtiert hatte, und entließ die Frau mit einem Nicken. Sie kam sich selbst wie eine Komödiantin vor
– und zwar wie eine miserable –, als sie sich kurz darauf erhob und das Haus verließ. Sie demütigte sich, und sie wusste noch nicht einmal, warum sie es tat.
Smeraldina wartete in dem Winkel neben dem Heiligenturm. Sie machte keinen Versuch, diese zweite Begegnung als zufällig hinzustellen. Ihr Lächeln hatte etwas schmierig Vertrauliches.
»Sagen Sie ihm, ich wünsche, nicht weiter belästigt zu werden«, erklärte Cecilia kühl, während sie auf das blaue Briefchen starrte, das Smeraldina wie einen Lockvogel in den mit Ringen besetzten Händen hielt. »Ich sage es ihm.«
Theatergesindel, grollte Cecilia. Sie besaßen keine Gefühle, aber das wussten sie nicht. Sie glaubten, tief zu empfinden, wo sie nur nachäfften. Inghiramo hatte sich mit seiner anbiedernden Botin entlarvt als … als starrsinniger, selbstverliebter Anspruchsteller. Wenn er sich auch nur einen Moment in ihre Lage versetzt hätte, hätte ihm klar sein müssen, wie dieser billige Possenauftritt sie abstoßen würde.
Smeraldina war wieder fort. Ein aufsteigender Nebel hatte sie verschluckt, wie es sich für eine Gauklerin gehörte. Cecilia wendete das Billett in ihren Händen. Dann zerknüllte sie es und kehrte mit der geballten Faust in den Palazzo zurück.
Der Tag war schrecklich, und er würde noch schrecklicher werden, wenn Rossi heimkehrte, um zu berichten, auf welche Weise er seiner Tochter erneut das Herz gebrochen hatte. Draußen war es immer noch hell, doch das Licht hatte einen matten Schimmer, als würde es durch eine graue Gardine fallen. Das Wetter spiegelte die Stimmung.
»Ich muss pinkeln«, sagte Bruno.
»O bitte.« Das entsprechende Örtchen lag in einem kleinen Gelass zwischen dem Palazzo und dem Gerichtssaal. Irene war hinausgegangen, um etwas mit Anita zu besprechen, doch Bruno kannte den Raum. Cecilia wartete, während der Sbirro sich umständlich von seinem Stuhl hochwuchtete.
Zögernd blieb er vor ihr stehen. »Es ist nicht gut, Signorina.«
»Was denn?«
»Man muss sich von dem Gesindel fernhalten.«
»Bitte?«, fragte sie verwundert.
»Gaukler, Schauspieler. Die kennen keine Ehre. Und das macht sie gefährlich. Dass sie keine Ehre empfinden«, sagte Bruno. Er sprach eindringlich und sah aus, als suchte er nach gewichtigen Worten. »Eine Dame versteht davon nichts, aber … Ich bitte Sie wirklich – achten Sie auf sich, Signorina.« Einen Moment zauderte er, als wolle er noch etwas hinzufügen. Dann ging er hinaus.
Besten Dank, Inghiramo. Du schaffst es, mich mit jedem Schritt, den du in meine Richtung tust, erneut zu blamieren, dachte Cecilia bitter. Sie versank ins Grübeln und schrak erst auf, als sich ein entsetzlicher Lärm erhob.
Die Männer traten so heftig gegen die Tür, dass die Mauern erzitterten. Wie marodierende Soldaten stürmten sie das Haus. Sie brüllten, rissen Türen auf, am Ende

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