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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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würde der Atem Gottes sie zum Leben erwecken. Großartig! Sie versuchte dem zu lauschen, was Rossi – ohne Atemnot – von sich gab.
»… ein Betrug, es existierte überhaupt keine Quelle, es gab nichts auf dem Grundstück, was auch nur einen Dinar wert gewesen wäre, aber man konnte Sergio das nicht beweisen. Abate Brandi hat getobt. Doch das war …«
»… noch nicht alles?«
»Noch nicht das Schäbigste. Sergio hat einem alten Bauern – Benedetto Ricci – für einen Armengroschen seinen Gutshof hinterm Osttor abgekauft. Benedetto ist so verrückt wie eine Flunder. Aber er wurde nie entmündigt und hat – Starrsinn nenne ich das – darauf beharrt, dass er den Hof loswerden wolle, als ich die Sache rückgängig machen wollte. Einen Ricci legt niemand rein . Mir waren die Hände gebunden …«
Sie bogen um eine Ecke und wären beinahe mit einem Karren voller Vogelkäfige zusammengestoßen. Der Mann, der ihn hinter sich her zog, blickte ihnen verdutzt nach.
»Sergio will etwas nicht nur besitzen – er will sich die Dinge ergaunern, anders hat er keinen Spaß daran.«
»Dumme Marzia«, keuchte Cecilia. Sie hatten den Vicolo Angiolo erreicht und wurden langsamer. Hinter der nächsten Ecke tauchte der Marktplatz auf. Goffredo nutzte den Regenguss und seifte seine Stühle ein, als stünde der Frühling bereits in den Startlöchern. Er grüßte zu ihnen herüber.
Aber sie hatten keinen Blick für ihn. Vor dem Palazzo della Giustizia stand eine elegante hochrädrige Kalesche mit einem Lederverdeck, auf dessen Bock ein völlig durchnässter livrierter Diener in der Kälte zitterte. Die Wagentür war mit einem protzigen Wappen verziert, das ein Einhorn darstellte.
»Na, das ging ja schnell«, meinte Rossi. Er schob die Hände in die Taschen seines Mantels und wirkte plötzlich überaus konzentriert.
»Ich beschwöre, was ich gesehen habe. Jede einzelne von Marios Wunden. Vor jedem Richtertisch!«
»Salvatore ist konvertierter Jude«, flüsterte Rossi zurück. »Konvertiert unter zwielichtigen Begleitumständen. Beten wir, dass Lupori nicht an diesem Punkt ansetzt. Beten wir, dass er es überhaupt nicht weiß.«
Irene erwartete sie in adretter weißer Schürze und gestärkter Haube im Korridor und nahm ihnen die durchnässten Mäntel ab. Rossi wies fragend mit einer Hand zur Treppe und mit der anderen zum Speisezimmer.
»Hier unten. Ich habe den Herrschaften, wenn es recht ist, Wein serviert.«
»Den Herrschaften? «, fragte Cecilia irritiert.
»Giusdicente Lupori, der allerdings allein kam, und eine alte Dame, eine Signora Rastelli – Ihre Großmutter, wenn ich es recht verstanden haben, Signorina Barghini – in Begleitung eines Signore Inconti.« Irene war eine Bedienstete mit perfekten Manieren, aber dieses Mal konnte sie nicht verhindern, dass ihre Augen vor Neugier blitzten. Rossi öffnete die Tür.
    Das Zimmer hatte sich verändert. Wenn man es mit Großmutter Biancas Augen betrachtete, fiel vor allem der feine, schwarze Kaminstaub auf, der immer noch über den Möbeln lag und sich nach jedem Wischen sofort wieder auf ihnen festsetzte. Armut ist nicht unbedingt eine Schande – eine Dame von Stand erkennt man daran , wie sie sich in ihr einrichtet . Bestimmt nicht in Schmutz und Staub. Das Ziffernblatt der Standuhr sprang Cecilia ins Auge. Petronio hätte mit seinen feinen Uhrmacherwerkzeugen keine Stunde gebraucht, um das gesprungene Glas zu ersetzen …
    Giusdicente Lupori wartete neben der Uhr, und offenbar hatte er sich gerade mit Großmutter Bianca aufs Angenehmste unterhalten, denn er lächelte und beugte sich über ihre Greisinnenhand, um einen Kuss über die faltige Haut zu hauchen. In seinem Knopfloch stak das unvermeidliche Blumensträußchen. Ich hasse ihn, dachte Cecilia mit Leidenschaft.
    Großmutter Bianca hasste ihn nicht. »Wie liebenswürdig, Giusdicente, aber ich fürchte, dass Sie mir schmeicheln.« Sie lächelte Francescas Peiniger an und verstaute zweifellos die Tatsache, dass der Herr des Hauses sie und Augusto Inconti nur mit einem Nicken begrüßt hatte, in einem Winkel ihres Gedächtnisses.
    Rossi hielt seinem Vorgesetzten die Tür auf. Er konnte keine Gedanken lesen, und deshalb war es nicht weiter schlimm, dass Cecilia sich für sein bestes Zimmer und für sein Benehmen schämte. Sie sah zu, wie Lupori ihm mit schmerzverzerrter Miene aus dem Zimmer folgte. Welche Krankheit auch immer den obersten Hüter des Rechts im Tal des Valdinievole plagte, sie hatte ihn wieder einmal am Wickel.

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