Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
Sainte-Geneviève eine bürgerliche Pension besaß, in der er unter dem Namen Vautrin wohnte.«
Am Rande las man in der Handschrift des Polizeipräfekten:
»Bibi-Lupin, dem Chef der Sicherheit, ist telegraphisch Befehl erteilt worden, auf der Stelle zurückzukehren, um eine Konfrontation vorzunehmen; denn er kennt Jakob Collin persönlich, da er ihn 1819 unter Mitwirkung eines Fräuleins Michonneau verhaftet hat.« –
»Die Pensionäre, die im Hause Vauquer wohnten, leben noch und können geladen werden, um die Identität festzustellen.
Der angebliche Carlos Herrera ist der intime Freund und Ratgeber des Herrn Lucien von Rubempré, dem er drei Jahre hindurch beträchtliche Summen geliefert hat, die offenbar aus Diebstählen stammten.
Diese Solidarität wird, wenn man die Identität des angeblichen Spaniers mit Jakob Collin feststellen kann, über den Herrn Lucien von Rubempré das Urteil fällen.
Der plötzliche Tod des Agenten Peyrade ist die Folge einer Vergiftung, die Jakob Collin, Rubempré oder ihre Helfershelfer ausgeführt haben. Das Motiv dieses Mordes liegt darin, daß der Agent diesen beiden geschickten Verbrechern seit langem auf der Spur war.«
Am Rande zeigte der Richter auf diesen Satz, den der Polizeipräfekt selbst geschrieben hatte:
»Dies auf Grund meines persönlichen Wissens; und ich habe die Beweise dafür, daß der Herr Lucien von Rubempré mit seiner Herrlichkeit dem Grafen von Sérizy und dem Herrn Generalstaatsanwalt ein unwürdiges Spiel getrieben hat.«
»Was sagst du dazu, Amelie?« »Es ist beängstigend!...« erwiderte die Frau des Richters. »Lies doch weiter!«
»Die Verwandlung Jakob Collins in den spanischen Priester ist das Ergebnis irgendeines Verbrechens, das geschickter begangen worden ist als das, vermöge dessen Cogniard sich zum Grafen von Sankt Helena machte.«
»Lucien von Rubempré
Lucien Chardon, Sohn eines Apothekers in Angoulême, verdankt, da seine Mutter eine geborene von Rubempré war, einer Ordonnanz des Königs das Recht, den Namen ›von Rubempré‹ zu führen. Diese Ordonnanz ist erlassen worden auf die Bitte der Frau Herzogin von Maufrigneuse und des Herrn Grafen von Sérizy.
182. ist dieser junge Mann ohne alle Existenzmittel nach Paris gekommen, und zwar im Gefolge der Frau Gräfin Sixtus du Châtelet, damals Frau von Bargeton, einer Cousine der Frau d'Espard.
Undankbar gegen Frau von Bargeton, hat er in ehelicher Gemeinschaft mit einem Fräulein Coralie, einer verstorbenen Schauspielerin des Gymnase, gelebt, die um seinetwillen Herrn Camusot, einen Seidenhändler der Rue des Bourdonnais, verlassen hatte.
Als er bald darauf ins Elend geriet, weil die Zuschüsse, die diese Schauspielerin ihm gab, nicht ausreichten, stellte er seinen ehrenwerten Schwager, einen Drucker zu Angoulême, aufs schwerste bloß, indem er falsche Wechsel ausgab, für deren Zahlung David Séchard während eines kurzen Aufenthalts besagten Luciens ln Angoulême verhaftet wurde.
»Diese Angelegenheit führte zur Flucht Rubemprés, der plötzlich mit dem Abbé Carlos Herrera wieder in Paris auftauchte.
Ohne irgendwelche bekannte Existenzmittel hat der Herr Lucien von Rubempré während der ersten drei Jahre seines zweiten Aufenthalts in Paris etwa dreihunderttausend Franken ausgegeben, die er nur von dem angeblichen Abbé Carlos Herrera erhalten haben kann; aber auf Grund welchen Anspruchs?
Er hat außerdem in letzter Zeit mehr als eine Million auf den Ankauf der Güter von Rubempré verwandt, um eine Bedingung zu erfüllen, die man ihm für seine Heirat mit Fräulein Klotilde von Grandlieu gestellt hatte. Der Abbruch dieser Verlobung ist die Folge davon, daß die Familie von Grandlieu, der der Herr von Rubempré gesagt hatte, er habe diese Summen von seinem Schwager und seiner Schwester erhalten, bei den ehrenwerten Ehegatten Séchard Erkundigungen einziehen ließ, und zwar durch den Anwalt Derville; sie wußten jedoch nicht nur nichts von jenen Erwerbungen, sondern hielten Lucien sogar noch für außerordentlich verschuldet.
Übrigens besteht die Erbschaft, die den Ehegatten Séchard zugefallen ist, in Immobilien; und das bare Geld belief sich nach ihrer Erklärung nur auf zweihunderttausend Franken.
Lucien lebte insgeheim mit Esther Gobseck zusammen; es ist also sicher, daß all die verschwenderischen Aufwendungen des Barons von Nucingen, des Gönners dieser jungen Dame, besagtem Lucien zugeflossen sind.
Lucien und sein Genosse, der Sträfling, haben sich vor
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