Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
gewissermaßen die Saturnalien der Macht. Die Macht beweist sich selbst ihre Kraft nur durch den seltsamen Mißbrauch, daß sie irgendeine Absurdität mit den Palmen des Erfolges krönt, und zwar dem Genie zum Spott, der einzigen Kraft, die die absolute Macht nicht erreichen kann. Die Erhöhung des Pferdes Caligulas, dieser kaiserliche Schwank, hat von je viele Aufführungen erlebt und wird sie immer erleben.
In wenigen Minuten kamen Diana und Amelie aus der eleganten Unordnung, in der sich das Schlafzimmer der schönen Diana befand, zur Herzogin von Grandlieu in die Korrektheit eines großartigen und strengen Luxus.
Diese sehr fromme Portugiesin stand stets um acht Uhr auf, um in der kleinen Kirche von Sainte-Valère, die an die damals auf der Esplanade des Invalides gelegene Kirche Saint-Thomas d'Aquin stieß, zu beten. Die heute abgebrochene Kapelle ist in die Rue de Bourgogne verlegt worden, bis der Bau der gotischen Kirche beendet ist, die der heiligen Klotilde geweiht werden soll.
Sowie Diana von Maufrigneuse der Herzogin von Grandlieu ein paar Worte ins Ohr geflüstert hatte, ging die fromme Frau zu Herrn von Grandlieu hinüber, den sie alsbald mit zurückbrachte. Der Herzog sah Frau Camusot mit einem jener schnellen Blicke an, in denen die großen Herren ein ganzes Dasein und oft auch die Seele analysieren. Amelies Toilette half dem Herzog sehr dabei, dieses bürgerliche Leben von Alençon bis Nantes und von Nantes bis Paris zu erraten. Ach, wenn die Frau des Richters diese Gabe der Herzoge hätte erraten können, so hätte sie diesen höflich ironischen Blick nicht mit Anstand zu ertragen vermocht; aber sie sah nur die Höflichkeit. Die Unwissenheit nimmt teil an den Vorrechten der Verschlagenheit.
»Das ist Frau Camusot, eine Tochter Thirions, eines der Diener des Kabinetts,« sagte die Herzogin zu ihrem Gatten. Der Herzog grüßte die Frau des Richters sehr höflich, und sein Gesicht verlor ein wenig von seiner Würde. Der Kammerdiener des Herzogs, dem sein Herr geschellt hatte, trat ein. »Gehen Sie in die Rue Honoré-Chevalier; nehmen Sie einen Wagen. Dort werden Sie an einer kleinen Tür Nummer zehn schellen. Sagen Sie dem Diener, der Ihnen aufmacht, ich bäte seinen Herrn, zu mir zu kommen; wenn der Herr zu Hause ist, bringen Sie ihn mit. Nennen Sie meinen Namen; der genügt, um alle Schwierigkeiten zu überwinden. Beachten Sie, daß Sie für all das nicht mehr als eine Viertelstunde brauchen.«
Kaum war der Kammerdiener des Herzogs fort, so erschien ein zweiter, der der Herzogin. »Gehen Sie zum Herzog von Chaulieu und lassen Sie ihm in meinem Namen diese Karte hineinreichen.« Der Herzog gab ihm seine Karte, die er zuvor in eigentümlicher Weise knickte. Wenn diese beiden Freunde das Bedürfnis hatten, sich in einer eiligen und geheimen Sache, die keine schriftliche Mitteilung zuließ, sofort zu sprechen, meldeten sie es sich auf diese Weise.
Man sieht, daß sich in allen Schichten der Gesellschaft die Bräuche gleichen und nur in der Art, dem Äußerlichen und der Nuance verschieden sind. Auch die große Gesellschaft hat ihr Rotwelsch; aber dieses Rotwelsch heißt ›der Stil‹.
»Sind Sie sicher, gnädige Frau, daß diese Briefe, die Fräulein Klotilde von Grandlieu angeblich an den jungen Mann geschrieben haben soll, wirklich existieren?« fragte der Herzog von Grandlieu. Und er warf einen Blick auf Frau Camusot, wie ein Matrose etwa ein Lot wirft.
»Gesehen habe ich sie nicht, aber es ist zu befürchten,« erwiderte sie zitternd. »Meine Tochter kann nichts geschrieben haben, was man nicht zeigen darf!« rief die Herzogin.
›Die arme Herzogin!‹ dachte Diana und warf dem Herzog von Grandlieu einen Blick zu, vor dem er erzitterte. »Was glaubst du, meine liebe kleine Diana?« flüsterte der Herzog der Herzogin von Maufrigneuse ins Ohr, indem er sie in eine Fensternische zog. »Klotilde ist so wahnsinnig in Lucien verliebt, mein Lieber, daß sie ihm vor ihrer Abreise noch ein Stelldichein gab. Ohne die kleine Lenoncourt wäre sie vielleicht mit ihm in den Wald von Fontainebleau entflohen. Ich weiß, daß Lucien Klotilde Briefe schrieb, die einer Helligen hätten den Kopf sprengen können. Wir sind drei Evastöchter, die von der Schlange der Korrespondenz umgarnt sind ...«
Der Herzog und Diana kamen aus der Nische zurück und traten wieder zu der Herzogin und Amelie, die mit leiser Stimme plauderte. Amelie, die darin dem Rat der Herzogin von Maufrigneuse folgte, spielte die Fromme, um
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