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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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»das Herz und die Konvention zu versöhnen.«
    Lucien, der kein Wort zu sagen hatte, ging zum Teetisch, um dem Fräulein von Grandlieu sein Kompliment zu machen. Als der Dichter sich ein paar Schritte von der Frauengruppe entfernt hatte, neigte die Marquise d'Espard sich herab, um der Herzogin von Grandlieu ins Ohr flüstern zu können. »Sie glauben also, daß dieser Bursche Ihre teure Klotilde sehr liebt?« sagte sie zu ihr.
    Wie heimtückisch diese Frage war, kann man erst begreifen, wenn wir Klotilde skizziert haben. Dieses junge Mädchen von siebenundzwanzig Jahren stand am Tisch. Ihre Haltung erlaubte dem spöttischen Blick der Marquise d'Espard, Klotildes dürre und dünne Gestalt zu überfliegen, denn sie glich ziemlich genau einem Spargel. Der Busen des armen Mädchens war so flach, daß er nicht einmal die Ersatzmittel möglich machte, die die Modistinnen falsche Brüste nennen. Daher ließ denn auch Klotilde, die wußte, daß sie in ihrem Namen genügende Vorzüge besaß, diesen Fehler, statt sich die Mühe zu machen und ihn zu verkleiden, heroisch hervortreten. Indem sie sich eng in ihre Kleider einschnürte, erreichte sie die Wirkung der starren und scharfen Zeichnung, die die Holzschnitzer des Mittelalters für ihre Figuren suchten, deren Profil sich scharf vom Hintergrund der Nischen abhebt, vor die sie sie in den Kathedralen stellten. Klotilde war fünf Fuß und vier Zoll hoch. Wenn es erlaubt ist, sich einer familiären Wendung zu bedienen, die wenigstens das Verdienst hat, klar verständlich zu sein, so kann man sagen, sie war ganz Bein. Dieser Mangel an Proportion gab ihrem Oberkörper etwas Unförmliches. Sie hatte eine braune Gesichtshaut, hartes schwarzes Haar, sehr dichte Brauen, glühende Augen, die in schon gedunkelten Höhlen lagen, und ein Gesicht, krumm wie die Mondsichel im ersten Viertel und gekrönt von einer vorspringenden Stirn; so stellte sie die Karikatur ihrer Mutter dar, einer der schönsten Frauen Portugals. Die Natur gefällt sich in solchen Spielen. Man findet in vielen Familien eine Schwester von überraschender Schönheit, deren Züge bei dem Bruder zu vollendeter Häßlichkeit werden, obwohl alle beide sich ähneln. Klotilde trug auf ihrem stark eingezogenen Mund den stereotypen Ausdruck der Geringschätzung. Daher verrieten ihre Lippen mehr als jeder andere Zug ihres Gesichts die heimlichen Regungen ihres Herzens, denn die Liebe gab ihnen einen reizenden Ausdruck, der um so mehr auffiel, als ihre Wangen, die zu braun waren, um zu erröten, und ihre stets harten schwarzen Augen nie etwas sagten. Aber trotz so vieler Nachteile und trotzdem sie wie ein Brett aussah, eignete ihr infolge ihrer Erziehung und ihrer Rasse ein Ausdruck von Größe, ein stolzer Zug, kurz, alles, was man mit so viel Recht ›jenes Etwas‹ genannt hat; vielleicht lag es an der Sicherheit ihres Kostüms, das die Tochter aus gutem Hause verriet. Sie machte sich ihre Haare zunutze, deren Stärke, Fülle und Länge für eine Schönheit gelten konnte... Ihre Stimme, die sie gepflegt hatte, übte einen Zauber aus: sie sang entzückend. Klotilde war eben das junge Mädchen, von dem man sagt: ›Sie hat schöne Augen!‹ oder ›Sie hat einen reizenden Charakter!‹ Irgend jemandem, der sie nach englischer Manier ›Euer Gnaden‹ anredete, erwiderte sie: ›Nennen Sie mich Euer Dünne.‹
    »Weshalb sollte man meine arme Klotilde nicht lieben?« erwiderte die Herzogin der Marquise. »Wissen Sie, was sie gestern zu mir gesagt hat? ›Wenn man mich aus Ehrgeiz liebt, so nehme ich es auf mich, es dahin zu bringen, daß man mich um meiner selbst willen lieben soll.‹ Sie ist geistreich und ehrgeizig; es gibt Männer, denen diese beiden Eigenschaften gefallen. Was ihn angeht, meine Liebe, so ist er schön wie ein Traum; und wenn er den Landsitz der Rubemprés zurückkaufen kann, so wird der König ihm uns zu Gefallen den Titel ›Marquis‹ verleihen... Schließlich war seine Mutter die letzte Rubempré.« »Der arme Junge, woher soll er die Million nehmen?« sagte die Marquise. »Das ist nicht unsere Sache,« erwiderte die Herzogin; »aber sicherlich wird er sie nicht stehlen... Und übrigens würden wir Klotilde keinem Intriganten und keinem unehrlichen Menschen geben, und wäre er auch noch so schön, wäre er auch Dichter und ebenso jung wie Herr von Rubempré.«
    »Sie kommen spät,« sagte Klotilde, indem sie Lucien mit unendlicher Anmut zulächelte. »Ja, ich habe in der Stadt gespeist.« »Sie gehen

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