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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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zu machen!... Dieses Café hatte, wie übrigens alle Cafés, seinen Sonderling, und zwar in eben jenem Vater Canquoelle, der dort seit dem Jahre 1811 verkehrte und der mit den ehrlichen Leuten, die sich dort versammelten, so sehr im Einklang zu stehen schien, daß niemand sich Zwang antat, wenn man in seiner Gegenwart von Politik sprach. Bisweilen war dieser Ehrenmann, dessen Einfalt den Stoff zu vielen Scherzen unter den Stammgästen hergab, auf einen oder zwei Monate verschwunden; aber sein Ausbleiben, das man stets seinen Krankheiten oder seinem Alter zuschrieb, denn er schien schon 1811 sein sechzigstes Jahr überschritten zu haben, erstaunte niemals irgend jemanden.
    »Was ist denn aus dem Vater Canquoelle geworden?...« fragte man die Büfettdame. »Ich denke mir,« erwiderte sie, »wir werden eines schönen Tages durch die ›kleinen Anzeigen‹ von seinem Tod erfahren.«
    Der Vater Canquoelle lieferte in seiner Aussprache einen beständigen Beweis seiner Herkunft; er sagte: estatue, especialle, le peuble und ture statt turc . Sein Name war der eines kleinen Landsitzes, der Les Canquoelles hieß, ein Wort, das in einigen Provinzen ›Maikäfer‹ bedeutet; dieses Landgut lag im Departement Vaucluse, aus dem er gekommen war. Man nannte ihn schließlich nur noch Canquoelle, ohne daß der Biedermann sich darüber ärgerte, der Adel schien ihm seit 1793 tot zu sein; übrigens gehörte ihm das Lehnsgut Les Canquoelles nicht, er war der jüngere Sohn einer jüngeren Linie. Heute würde der Anzug des Vaters Canquoelle seltsam erscheinen; aber zwischen 1811 und 1820 setzte er niemanden in Erstaunen. Dieser Greis trug Schuhe mit facettierten Stahlschnallen, seidene Strümpfe mit abwechselnd weißen und blauen wagerechten Streifen, eine Hose aus glattem Seidenstoff mit ovalen Schnallen, die der Form nach denen der Schuhe glichen. Eine weiße Weste mit Stickereien, ein alter Rock aus grünlich-braunem Tuch mit Metallknöpfen und ein Hemd mit gefälteltem Jabot vervollständigten dieses Kostüm. In halber Höhe des Jabots glänzte ein goldenes Medaillon, in dem man unter Glas einen kleinen Tempel aus Haaren sah: eine jener wundervollen Gefühlskleinigkeiten, die die Menschen beruhigen, genau wie eine Scheuche die Spatzen erschreckt. Die meisten Menschen lassen sich wie die Tiere durch ein Nichts erschrecken und beruhigen. Die Hose des Vaters Canquoelle wurde von einer Schnalle gehalten, die sie nach der Mode des letzten Jahrhunderts oberhalb des Bauches zusammenzog. Vom Gürtel hingen parallel zwei stählerne Ketten herab, die sich in mehrere kleine Ketten teilten und in allerlei Berlocken endeten. Seine weiße Krawatte wurde hinten von einer kleinen goldenen Schnalle gehalten. Sein schneeiger, gepuderter Kopf schließlich war noch 1816 mit dem städtischen Dreispitz geschmückt, den auch Herr Try, der Vorsitzende des Tribunals, trug. Diesen Hut, der dem Greisen so teuer war, hatte der Vater Canquoelle seit kurzem durch jenen unedlen runden Hut ersetzt, gegen den sich niemand zu empören wagt – der Biedermann hatte geglaubt, seiner Zeit dieses Opfer schuldig zu sein. Ein kleiner, von einem Band zusammengehaltener Zopf beschrieb auf dem Rücken des Rocks eine kreisförmige Spur, wo das Fett unter einer dünnen Puderschicht verschwand. Wenn man nur den beherrschenden Zug dieses Gesichts sah, die Nase, die voller Höcker war, rot und wohl würdig, in einer Schüssel voll Trüffel zu figurieren, so schloß man auf einen umgänglichen, albernen und gutmütigen Charakter, und man ließ sich von diesem ehrlichen Greise, der wesentlich Tropf war, genau so täuschen, wie sich das ganze Café David täuschen ließ; denn niemand hatte dort je die beobachtende Stirn, den sardonischen Mund und die kalten Augen dieses Greises beachtet, den die Laster eingelullt hatten und der ruhig geworden war wie ein Vitellius; und auch der kaiserliche Bauch war sozusagen durch eine Wiedergeburt bei ihm entwickelt. 1816 betrank sich dort ein junger Handlungsreisender zwischen elf Uhr und Mitternacht mit einem pensionierten Offizier. Er war unvorsichtig genug, von einer ziemlich ernsten Verschwörung gegen die Bourbonen zu sprechen, die eben vor ihrem Ausbruch stand. Im Café sah man nur noch den Vater Canquoelle, der eingeschlafen zu sein schien. Zwei schlummernde Kellner und die Büfettdame. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war Gaudissart verhaftet, und die Verschwörung war entdeckt. Zwei Leute fanden den Tod auf dem Schafott. Weder

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