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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Gesicht gleich sein. Daher waren die Bewegungen seiner Züge eher Grimassen, die der Höflichkeit abgerungen waren, als der Ausdruck seiner inneren Regungen. Er hätte beängstigt, wenn er nicht zum Lachen gereizt hätte. Contenson, eins der seltsamsten Produkte des Schaums, der über der brodelnden Pariser Kufe schwimmt, in der alles Gärung ist, tat sich vor allem etwas darauf zugute, daß er Philosoph war. Er sagte ohne Bitterkeit: ›Ich habe große Talente; aber ich gebe sie umsonst, es ist, als wäre ich ein Kretin.‹ Und er verurteilte sich selbst, statt die Menschen anzuklagen. Man suche Spione, die nicht mehr Galle haben, als Contenson hatte. ›Die Umstände sind gegen uns,‹ sagte er immer von neuem zu seinen Chefs; ›wir könnten Kristall sein, aber wir bleiben Sandkörner, das ist alles.‹
    Sein Zynismus in Dingen der Kleidung hatte einen Sinn, er legte auf seinen Straßenanzug ebensowenig Wert, wie es die Schauspieler tun: er glänzte in Verkleidungen, im Schminken. Er hätte Frédéric Lemaître unterrichten können, denn er konnte sich im Notfall zum Dandy machen. Er mußte in seiner Jugend zu der verfallenen Gesellschaft der Leute mit Häusern für geheime Vergnügungen gehört haben. Er legte die tiefste Antipathie gegen die Kriminalpolizei an den Tag, denn er hatte unter dem Kaiserreich der Polizei Fouchés angehört, den er als einen großen Mann ansah. Seit der Aufhebung des Polizeiministeriums hatte er als Ausweg die Verhaftung von Schuldnern erwählt; aber seine bekannten Fähigkelten, seine Schlauheit machten ihn zu einem kostbaren Werkzeug, und die unbekannten Leiter der politischen Polizei hatten seinen Namen in ihren Listen behalten. Contenson war ebenso wie seine Kameraden nur einer der Statisten des Dramas, dessen erste Rollen ihren Vorgesetzten zufielen, sobald es sich um eine politische Arbeit handelte.
    »Kehn Se,« sagte Nucingen, indem er durch eine Geste seinen Sekretär fortschickte.
    ›Weshalb wohnt dieser Mensch in einem Hotel und ich in einem möblierten Zimmer? ...‹ fragte Contenson sich selber. ›Er hat seine Gläubiger dreimal an der Nase herumgeführt, und er hat gestohlen; ich habe nie einen Heller genommen ... Ich habe mehr Talent als er ...‹
    »Gondanzon, main Glainer,« sagte der Baron, »Sie haben mir abgeluchst ainen Tausendfrankenschain ...« »Meine Geliebte war Gott und dem Teufel schuldig ...« »Du hast aine Keliepte?« rief Nucingen aus, indem er Contenson mit einer Bewunderung ansah, in die sich Neid mischte. »Ich bin erst siebzig Jahre alt,« erwiderte Contenson als ein Mensch, den wie ein verhängnisvolles Beispiel das Laster jung erhallen hatte. »Und was macht se?« »Sie hilft mir,« sagte Contenson. »Wenn man Dieb ist und eine anständige Frau liebt einen, so wird sie entweder Diebin, oder man wird ein ehrlicher Mensch. Ich bin Spitzel geblieben.« »Du prauchst immer Keld?« fragte Nucingen. »Immer,« sagte Contenson lächelnd; »es ist mein Stand, daß ich mir welches wünsche, wie es der Ihre ist, welches zu verdienen; wir können uns verständigen: raffen Sie es zusammen, ich mache mich anheischig, es auszugeben. Sie sollen der Brunnen sein, ich der Eimer.« »Willste verdienen finfhündert Franken? ...« »Schöne Frage!... Aber bin ich dumm!... Sie bieten sie mir nicht, um die Ungerechtigkeit des Schicksals mir gegenüber wieder gutzumachen.« »Was haißt! Ich lege sie ßu dem Tausender, den du mir stipitzt hast; das macht finfzehnhündert Franken, die ich dir keb.« »Gut, Sie geben mir die tausend Franken, die ich schon habe, und Sie legen fünfhundert Franken hinzu ...« »Kanß recht,« sagte Nucingen mit einem Kopfnicken. »Das macht immer erst fünfhundert Franken,« sagte Contenson unerschütterlich. »Die ich kebe! ...« erwiderte der Baron. »Die ich bekomme. Nun, gegen welche Werte will der Herr Baron sie eintauschen?« »Man hat mir kesagt, daß in Baris ain Mensch lebt, der kann finden die Frau, die ich liebe, und daß du seine Atreß hast ... Kurz, ain Maister der Schbionasche!« »Allerdings ...« »Kut, kleb mir die Atreß, und du hast die finfhündert Franken.« »Wo sind sie?« erwiderte Contenson lebhaft. »Hier,« sagte der Baron, indem er einen Schein aus der Tasche zog. »Schön, geben Sie her,« sagte Contenson, indem er die Hand ausstreckte. »Keben, keben! Laß uns kehen ßu suchen den Mann, und du hast das Keld, denn du könntest verkaufen viele Atressen um diesen Preis.«
    Contenson brach in Lachen aus.

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