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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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wirst sie, einschließlich des Präfekten, bewundern. Die schönsten Maschinen machen Ölflecken oder spritzen. Werde nur im rechten Augenblick ärgerlich. Du grollst dem Herrn Präfekten keineswegs; aber ermahne ihn, seine Leute zu überwachen, und beklage ihn, daß er in die Notwendigkeit versetzt ist, ihnen Vorwürfe zu machen. Je milder und je mehr Edelmann du bist, um so furchtbarer wird der Präfekt gegen seine Agenten sein. Dann haben wir Ruhe, und wir können Esther zurückkehren lassen; sie wird röhren wie die Damhirsche in ihrem Walde.«
    Der damalige Präfekt war ein ehemaliger Richter. Ehemalige Richter ergeben viel zu junge Polizeipräfekten. Sie laufen über von Recht, sie reiten auf der Gesetzmäßigkeit; ihre Hand ist nicht gewandt genug, wenn eine kritische Situation Entscheidungen nach eigenem Ermessen verlangt; denn oft muß das Handeln der Präfektur dem eines Feuerwehrmannes gleichen, der ein Feuer löschen soll. In Gegenwart des Vizepräsidenten des Staatsrats erkannte der Präfekt der Polizei mehr Nachteile zu, als sie hat; er beklagte die Mißbräuche und entsann sich des Besuches, den der Baron von Nucingen ihm gemacht hatte, um Auskünfte über Peyrade einzuziehen. Der Präfekt versprach, die Überschreitung der Befugnisse seiner Agenten zu ahnden, dankte Lucien dafür, daß er sich direkt an ihn gewandt hatte, und versprach ihm Schweigen; dabei machte er eine Miene, als verstände er die ganze Intrige. Schöne Worte über die individuelle Freiheit, über die Unverletzlichkeit des Hauses wurden zwischen dem Staatsminister und dem Präfekten ausgetauscht; und Herr von Sérizy bemerkte, wenn auch die großen Interessen des Königreichs zuweilen heimliche Ungesetzlichkeiten erforderten, so beginne das Verbrechen doch da, wo man diese Hilfsmittel des Staates in den Dienst privater Interessen stelle.
    Als Peyrade am folgenden Morgen in sein teures Café David ging, um sich am Anblick der Bürger zu ergötzen, wie ein Künstler sich ein Vergnügen daraus macht, Blumen wachsen zu sehen, sprach ihn ein Gendarm in Zivilkleidung auf der Straße an. »Ich war auf dem Wege zu Ihnen,« sagte er ihm ins Ohr; »ich habe Befehl, Sie auf die Präfektur zu führen.«
    Peyrade nahm einen Fiaker und stieg, ohne die geringste Bemerkung zumachen, mit dem Gendarmen ein.
    Der Polizeipräfekt behandelte Peyrade, als wäre er der letzte Stockmeister des Bagnos, während er in einer Allee des kleinen Gartens der Polizeipräfektur auf und ab ging, der sich damals am Goldschmiedkai entlang zog.
    »Nicht ohne Grund hat man Sie seit 1809 aus der Verwaltung entfernt ... Wissen Sie nicht, welchen Möglichkeiten Sie uns aussetzen und sich selbst aussetzen?«
    Der Verweis schloß mit einem Blitzschlag. Der Präfekt verkündete dem armen Peyrade in aller Härte, daß man ihm nicht nur seine jährliche Unterstützung entzöge, sondern daß er selbst sogar einer besonderen Polizeiaufsicht unterstellt würde. Der Greis nahm diesen Wasserstrahl mit der ruhigsten Miene von der Welt auf. Nichts ist so regungslos und gleichgültig wie ein vom Blitz getroffener Mensch. Peyrade hatte sein ganzes Geld im Spiel verloren. Lydias Vater zählte auf seine Stellung, und er sah sich, abgesehen von den Almosen seines Freundes Corentin, ohne alle Mittel.
    »Ich bin selbst Polizeipräfekt gewesen, ich gebe Ihnen vollkommen recht,« sagte der Greis ruhig zu dem Beamten, der in seiner richterlichen Majestät posierte und mit dem Oberkörper eine bezeichnende Bewegung machte. »Aber erlauben Sie mir, Sie, ohne mich etwa entschuldigen zu wollen, darauf aufmerksam zu machen, daß Sie mich nicht kennen,« fuhr Peyrade fort, indem er dem Präfekten einen seinen Blick zuwarf. »Ihre Worte sind entweder für den ehemaligen Generalpolizeikommissar in Holland zu hart oder für einen einfachen Spitzel nicht streng genug ... Nur, Herr Präfekt,« fügte Peyrade nach einer Pause hinzu, da er sah, daß der Beamte Schweigen bewahrte, »vergessen Sie nicht, was ich die Ehre haben werde, Ihnen jetzt zu sagen. Ohne daß ich mich im geringsten in ›Ihre Polizei‹ einmische oder meine Rechtfertigung versuche: Sie werden Gelegenheit haben, zu erkennen, daß in dieser Angelegenheit irgend jemand betrogen wird: in diesem Augenblick ist es Ihr Diener; später werden Sie sagen:›Der war ich!‹«
    Und er grüßte den Präfekten, der nachdenklich zurückblieb, um sein Staunen zu verbergen. Er ging nach Hause, an Armen und Beinen gebrochen, von kalter Wut gegen den

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