Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
den Wagen steigen will, hinter dem er den Jäger aus dem Wald von Vincennes sieht, und zwar indem er sich die Augen verbinden läßt, so soll er die sehen, die er liebt. Da sein Reichtum ihm vielleicht Befürchtungen in betreff der Reinheit der Absichten derer, die so vorgehen, eingibt, so kann der Herr Baron sich von seinem treuen Georg begleiten lassen. Es wird übrigens niemand in dem Wagen sein.‹ Der Baron geht hin, und zwar ohne Georg etwas zu sagen, aber mit Georg. Beide lassen sich die Augen verbinden und den Kopf mit einem Schleier verhüllen. Der Baron erkannte den Jäger wieder. Zwei Stunden darauf macht der Wagen, der wie ein Wagen Ludwigs XVIII. gefahren war – Gott behüte seine Seele! das war ein König, der sich auf die Polizei verstand –, mitten in einem Walde halt. Der Baron, dem man seine Binde abnimmt, sieht in einem gleichfalls haltenden Wagen seine Unbekannte, die – hast du nicht gesehen! – verschwindet. Und der Wagen fährt ihn (Fahrt Ludwigs XVIII,) zur Brücke von Neuilly zurück, wo er seinen eigenen Wagen vorfindet. Georg hatte man ein kleines Billett dieses Inhalts in die Hand gedrückt: ›Wieviel Tausendfrankenscheine gibt der Herr Baron her, wenn man ihn mit seiner Unbekannten in Verbindung bringt?‹ Georg gibt das Billett seinem Herrn; und der Baron, der nicht daran zweifelt, daß Georg mit mir oder mit Ihnen, Herr Peyrade, im Einverständnis steht, um ihn auszubeuten, setzt Georg vor die Tür. Das ist mir ein Dummkopf von einem Bankier! Georg durfte er erst fortschicken, nachdem er ›bei der Unpegannten keschlafen hat‹.«
    »Georg hat die Frau gesehen?« fragte Corentin. »Ja,« sagte Contenson. »Nun,« rief Peyrade, »wie sieht sie aus?« »Oh!« erwiderte Contenson, »er hat mir nur ein einziges Wort gesagt: eine wahre Sonne der Schönheit! ...«
    »Da machen sich stärkere Schelme über uns lustig, als wir es sind!« rief Peyrade. »Die Hunde werden ihr Weib dem Baron teuer verkaufen.« »Ja, mein Herr,« erwiderte Contenson auf Deutsch. »Deshalb habe ich auch, als ich erfuhr, daß man Sie auf der Präfektur geohrfeigt hat, Georg zum Schwätzen gebracht.« »Ich möchte wohl wissen, wer mich betrogen hat,« sagte Peyrade, »wir würden unsere Sporen messen!« »Müssen die Asseln spielen,« sagte Contenson. »Er hat recht,« rief Peyrade; »wir müssen in die Ritzen schlüpfen, um zu lauschen und abzuwarten ...«
    »Wir werden diese neue Lage studieren,« sagte Corentin; »für den Augenblick habe ich nichts zu tun. Halte dich vernünftig, Peyrade! Wir müssen dem Herrn Präfekten immerhin gehorchen ...« »Herr von Nucingen ist gut zu schröpfen,« bemerkte Contenson, »er hat zuviel Tausendfrankenscheine im Blut ...« »Und da war auch Lydias Mitgift!« sagte Peyrade Corentin ins Ohr. »Contenson, komm mit, wir wollen unsern Vater schlafen lassen ... Bis morgen!«
    »Herr Corentin,« sagte Contenson auf der Schwelle der Tür, »was für ein reizendes Geldgeschäft hätte der Biedermann da gemacht! ... He? Seine Tochter verheiraten mit dem Erlös ... Haha! Man könnte ein hübsches Moralstück daraus machen, mit dem Titel: ›Die Mitgift eines jungen Mädchens‹.« »Ah, was für Organe ihr habt, ihr! ... Was für Ohren!«' sagte Corentin zu Contenson. »Es ist klar, die soziale Natur bewaffnet all ihre Gattungen mit den Eigenschaften, die für die Dienste nötig sind, wie sie sie von ihnen erwartet! Die Gesellschaft – das ist eine zweite Natur!« »Was Sie da sagen, ist sehr philosophisch,« rief Contenson; »ein Professor würde ein System daraus machen!« »Erhalte dich«, fuhr Corentin fort, indem er lächelte und mit dem Spion durch die Straßen davonging, »über alles, was in betreff der Unbekannten bei Herrn von Nucingen vorgeht, auf dem laufenden ... So im großen... keine Kniffe dabei ...« »Man paßt auf, ob die Schornsteine rauchen!« sagte Contenson. »Ein Mann wie Baron von Nucingen kann nicht inkognito glücklich sein,« fuhr Corentin fort. »Übrigens dürfen wir, für die die Menschen Karten sind, uns niemals von ihnen foppen lassen!« »Bei Gott! Das wäre, als wollte der Verurteilte sich damit amüsieren, dem Henker den Hals abzuschneiden!« rief Contenson. »Du findest immer das Wörtchen, über das man lachen muß,« erwiderte Corentin, indem er sich ein Lächeln entschlüpfen ließ, das leise Falten in seine Gipsmaske zeichnete.
    Diese Angelegenheit war an sich und abgesehen von ihren Ergebnissen von Wichtigkeit. Wenn nicht der Baron Peyrade

Weitere Kostenlose Bücher