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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Sie, daß sogar ich sie liebe, und sie ist meine Herrin! Aber seien Sie gerecht! Eine Frau wie sie und mitten unter gepfändeten Möbeln! Und für wen all das? Für einen Taugenichts, der sie gefoltert hat ... Die arme kleine Frau! Sie ist nicht mehr sie selber!«
    »Esder ... Esder ...« sagte der Baron, »kehen Se ßu pett, main Engel. Ach, wenn Sie vor mir Ankst haben, dann plaibe ich auf diesem Ganabee ...« rief der Baron, den die reinste Liebe entflammte, als er sah, daß Esther immer noch weinte. »Nun gut,« erwiderte Esther, indem sie die Hand des Barons ergriff und sie mit einem Gefühl der Dankbarkeit küßte, die diesem Luchs etwas in die Augen trieb, was einer Träne ähnlich sah, »ich werde Ihnen dafür dankbar sein ...« Und sie lief in ihr Zimmer, wo sie sich einschloß.
    »Da liegt etwas Unerglärliches ...« sagte Nucingen bei sich selber; seine Pillen regten ihn auf. »Was wird man sagen bei mir?« Er stand auf und sah durch das Fenster: »Main Wagen schdeht immer noch da ... Es wird pald Tag.« Er ging im Zimmer auf und ab. »Wie wirde Frau von Nischinguen lachen, wenn sie jemals erfiehre, wie ich diese Nacht ßukepracht habe! ...« Er schmiegte sein Ohr an die Tür des Schlafzimmers, als er sich ein wenig zu albern untergebracht fand. »Esder! ...« Keine Antwort. »Kott, du Kerechter! Sie waint immer noch! ...« sagte er, als er zurücktrat, um sich wieder auf das Kanapee zu legen.
    Etwa zehn Minuten nach Sonnenaufgang wurde der Baron von Nucingen, der zu einem schlechten, gewaltsamen Schlummer entschlafen war, noch dazu in unbequemer Stellung, mitten in einem jener Träume, wie man sie bei solchen Gelegenheiten hat und deren rasche Verwirrungen zu den unlöslichen Problemen der medizinischen Physiologie gehören, von Europa jäh geweckt.
    »Ach, mein Gott, gnädige Frau!« rief sie, »gnädige Frau! Soldaten!... Gendarmen! Die Polizei!... Man will Sie verhaften!...«
    In dem Augenblick, als Esther, nur halb in ihren Morgenrock gehüllt, die nackten Füße in Pantoffeln, die Haare in Unordnung, schön genug, um den Erzengel Raphael zur Verdammnis zu führen, ihre Tür auftat und sich zeigte, spie die Salontür eine Flut von Menschenauswurf herein, die zehnpfotig auf die Himmelstochter zustürzte, die wie ein Engel auf einem flämischen Altarbild dastand. Ein einzelner trat vor. Contenson, der scheußliche Contenson legte die Hand auf Esthers feuchte Schulter. »Sie sind Fräulein Esther van ...?« sagte er.
    Europa warf ihn mit einem Backenstreich um so leichter nieder, damit er sich sein Stück Teppich abmaß, als sie ihm zugleich jenen scharfen Hieb in die Beine versetzte, der allen, die die Kunst des Fußboxens ausüben, so bekannt ist. »Zurück!« schrie sie; »meine Herrin rührt man nicht an!«
    »Sie hat mir das Bein gebrochen!« rief Contenson, indem er aufsprang; »das soll man mir bezahlen!«
    Von der Masse der fünf Büttel, die eben wie Büttel gekleidet waren, die ihre scheußlichen Hüte auf den noch scheußlicheren Köpfen behielten und deren Köpfe wie aus geädertem Mahagoni zu sein schienen, während hier die Augen schielten, dort die Nasen fehlten und alle Münder sich zur Grimasse verzerrten, löste sich Louchard ab, der sauberer gekleidet war als seine Leute, aber gleichfalls den Hut auf dem Kopf behielt; sein Gesicht war zugleich süßlich und zum Lachen verzogen. »Gnädiges Fräulein, ich verhafte Sie,« sagte er zu Esther. »Was Sie angeht, meine Tochter,« sagte er zu Europa, »so würde jede Empörung bestraft werden, und jeder Widerstand ist nutzlos.«
    Das Geräusch der Gewehre, deren Kolben auf die Fliesen des Eßzimmers und des Vorzimmers stießen und auf diese Weise meldeten, daß der Exekutor die Polizeiwache hinter sich hatte, bekräftigte diese Rede.
    »Und weshalb wollen Sie mich verhaften?« fragte Esther unschuldig »Und unsere kleinen Schulden?...« erwiderte Louchard. »Ach, freilich!« rief Esther. »Lassen Sie mir Zeit, mich anzuziehen.« »Zu meinem größten Bedauern, gnädiges Fräulein, muß ich mich überzeugen, daß Sie in Ihrem Zimmer kein Mittel zur Flucht haben,« sagte Louchard.
    All das vollzog sich so rasch, daß der Baron noch keine Zeit gehabt hatte, sich ins Mittel zu legen. »Nun, ich hantle jetzt mit Menschenfleisch, Paron von Nischinguen!...« rief die furchtbare Asien, indem sie zwischen den Bütteln durch bis zum Diwan schlüpfte und tat, als entdeckte sie dort den Bankier. »Elände Halungin!« rief Nucingen, indem er sich in

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