Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
seiner ganzen Finanzmajestät aufrichtete.
    Und er warf sich zwischen Esther und Louchard, der seinen Hut abnahm, als Contenson rief: »Der Herr Baron von Nucingen!...«
    Auf einen Wink Louchards räumten die Büttel das Zimmer, indem sie ehrfurchtsvoll den Kopf entblößten. Nur Contenson blieb zurück. »Bezahlt der Herr Baron?« fragte der Exekutor, der seinen Hut in der Hand hielt. »Ich peßahle,« erwiderte er; »aber ich muß doch wissen, um was es sich hantelt.« »Um dreihundertundzwölftausend Franken und einige Centimes, die Kosten mitgerechnet; aber die Verhaftung ist nicht einbezogen.« »Dreihünderttausend Franken!« rief der Baron. »Das ist ain teures Erwachen fier ainen, der die Nacht auf ainem Ganabee verpracht hat,« flüsterte er Europa ins Ohr.
    »Ist dieser Mensch wirklich der Baron von Nucingen?« fragte Europa Louchard; und sie kommentierte ihren Zweifel durch eine Geste, um die Fräulein Dupont, die letzte Soubrette des Théâtre Français, sie beneidet hätte. »Ja,« sagte Louchard. »Ja,« erwiderte Contenson. »Ich pürge fier sie,« sagte der Baron, den Europas Zweifel in seiner Ehre traf; »lassen Se mich mit ihr schbrechen ain Wort.« Esther und ihr alter Liebhaber traten in das Schlafzimmer, an dessen Schloß Louchard das Ohr zu legen für nötig fand.
    »Ich liebe Sie mehr als main Leben, Esder, aber woßu Ihren Kläubikern Keld keben, das unentlich viel pesser in Ihrer Pörse wäre? Kehn Se ins Kefänknis: ich mache mich anhaischig, die hünderttausend Taler fier hünderttausend Franken aufßugaufen; dann haben Se ßweihünderttausend Franken fier sich ...«
    »Dieses System«, rief Louchard ihm zu, »nützt nichts. Der Gläubiger ist nicht in das gnädige Fräulein verliebt! ... Sie verstehen? Und er will mehr als alles, weil er weiß, daß Sie in sie vernarrt sind.« »Erztummkopf!« rief Nucingen Louchard zu, indem er die Tür öffnete und ihn in das Schlafzimmer einließ, »du waißt nicht, was du sagst! Ich kebe dir fier dich finf Broßent, wenn du erletigst die Sache ...« »Unmöglich, Herr Baron!« »Wie, Herr Baron, Sie hätten das Herz,« sagte Europa, indem sie eintrat, »meine Herrin ins Gefängnis gehen zu lassen? ... Aber wollen Sie meinen Lohn, meine Ersparnisse? Nehmen Sie sie, gnädige Frau, ich habe vierzigtausend Franken ...« »Ach, mein armes Mädchen, ich kenne dich nicht wieder!« rief Esther, indem sie Europa in die Arme schloß. Europa brach in Tränen aus.
    »Ich peßahle,« sagte der Baron jämmerlich, indem er ein Heft hervorzog, dem er einen jener kleinen bedruckten, viereckigen Zettel entnahm, wie sie die Bank den Bankiers zur Verfügung stellt und auf denen sie nur in Ziffern und Buchstaben die Summe auszufüllen haben, um auf den Inhaber lautende Anweisungen daraus zu machen.
    »Das lohnt nicht der Mühe, Herr Baron,« sagte Louchard, »ich habe Befehl, meine Zahlung nur bar in Gold oder Silber entgegenzunehmen. Weil Sie es sind, will ich mich mit Banknoten begnügen.« »Der Teifel!« rief der Baron auf Deutsch, ßeigen Se mir doch die Fechsel!« Contenson reichte drei Aktenhefts mit blauem Umschlag hin, die der Baron nahm, indem er Contenson ansah und ihm zuflüsterte: »Du hättest ainen pessern Dag kehapt, wenn du mich kewarnt hättest.« »Ach, wußte ich, daß Sie hier sein würden, Herr Baron?« erwiderte der Spion, ohne sich darum zu kümmern, ob Louchard ihn hörte oder nicht. »Sie haben dabei verloren, daß Sie mir Ihr Vertrauen entzogen. Man rupft Sie,« fügte der tiefe Philosoph hinzu, indem er die Achseln zuckte. »Wreilich,« sagte der Baron bei sich selber. »Ach, maine Glaine,« rief er, als er die Wechsel sah, indem er sich zu Esther wandte, »Sie sind das Obwer aines Erzhalungen, aines Schwindlers!« »Leider, ja!« sagte die arme Esther; »aber er hat mich sehr geliebt! ...« »Wenn ich hätt kewußt ... dann hätt ich fier Sie Ainspruch erhoben.« »Sie verlieren den Kopf, Herr Baron,« sagte Louchard, »es ist ein zweiter Indossant vorhanden.« »Ja,« erwiderte er, »es ist ein ßwelter Intossant vorhanten ...« »Will der Herr Baron ein Wort an seinen Kassier schreiben?« fragte Louchard; »ich werde Contenson zu ihm schicken und meine Leute entlassen. Die Zeit vergeht, und jedermann würde erfahren ...«
    »Keh, Gondanzon!« sagte Nucingen. »Main Gassier wohnt Ecke Rie tes Madhirins und de l'Argate. Hier ist ain pries, damit er ßu ti Dllet oder ßu den Kellers keht, wenn wir kaine hunderttausend Taler haben; denn unser

Weitere Kostenlose Bücher