Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
hast dein Keld, pekeifere nur diese Plume der Liebe nicht mehr!« rief der Bankier, indem er sich durch diese wilde Anrede für alle Unverschämtheiten schadlos hielt, die er hatte ertragen müssen. »Alter Schlingel! das sollst du mir bezahlen!« sagte Asien, indem sie dem Bankier mit einer Geste drohte, die der Markthalle würdig gewesen wäre, über die er aber nur die Achseln zuckte. »Zwischen dem Mund des Bechers und dem des Zechers hat eine Natter Platz, und da sollst du mich finden!« sagte sie, erregt über Nucingens Geringschätzung.
Die Millionäre, deren Geld von der Bank von Frankreich bewacht wird, deren Häuser bewacht werden von einer ganzen Brigade von Dienern und deren Person auf der Straße den Panzer eines raschen Wagens mit englischen Pferden um sich hat, fürchten keinerlei Unglück; daher sah denn auch der Baron Asien kühl an, er war ganz der, der ihr eben hunderttausend Franken gegeben hatte. Diese Majestät tat ihre Wirkung. Asien trat den Rückzug an und brummte auf der Treppe; sie führte eine höchst revolutionäre Sprache: sie sprach vom Schafott.
»Was haben Sie ihr denn gesagt? ...« fragte das stickende Mädchen, »denn sie ist eine gute Frau,« »Sie hat Sie vergauft, sie hat Sie geschdohlen ...« »Wenn wir im Elend sind,« erwiderte sie mit einer Miene, die einem Diplomaten das Herz gebrochen hätte, »wer hat da Geld und Mitleid für uns? ...« »Arme Glaine!« sagte Nucingen, »pleiben Se kaine Minute mehr hier!«
Nucingen reichte Esther den Arm, er führte sie, so wie sie war, hinunter und setzte sie mit vielleicht mehr Achtung in seinen Wagen, als er der schönen Herzogin von Maufrigneuse bezeigt hätte. »Sie sollen aine schöne Egibasche haben, die hüpscheste von Baris,« sagte Nucingen während der Fahrt. »Das Raizendste, was der Luxus besitzt, soll Sie umkeben. Keine Gönikin soll raicher sain als Sie. Sie sollen werden keachtet wie aine Praut in Teutschland: ich will, daß Sie frei sind ... Wainen Se nicht. Hören Se ... Ich lieb Sie wahrhaftig mit rainer Liebe ... Jede Ihrer Dränen pricht mir das Herz ...« »Liebt man eine Frau, die man kauft, wirklich? ...« fragte das arme Mädchen mit entzückender Stimme. »Schosef ist auch von sainen Priedern vergauft worden, weil er so hibsch war. Das schdeht in der Pibel. Außerdem gauft man im Orient saine rechtmäßiken Frauen.«
Als sie in der Rue Taitbout ankamen, konnte Esther den Schauplatz ihres Glücks nicht ohne schmerzliche Eindrücke wiedersehen. Sie blieb regungslos auf einem Diwan liegen, indem sie ihre Tränen eine nach der andern abwischte, ohne ein Wort von den Torheiten zu hören, die der Bankier radebrechte. Er ließ sich auf die Knie nieder; sie ließ ihn liegen, ohne ihm ein Wort zu sagen; sie entzog ihm ihre Hände nicht, wenn er sie nahm; aber gewissermaßen wußte sie nicht, welchen Geschlechts das Geschöpf war, das ihr die Füße wärmte, denn Nucingen fand sie kalt. Diese Szene brennender Tränen, die dem Baron auf den Kopf gesät wurden, und eisiger Füße, die er wärmte, dauerte von Mitternacht bis zwei Uhr morgens.
»Eischenie,« sagte der Baron endlich, indem er Europa rief, »pringen Se doch die knädige Frau daßu, daß sie ßu Pett keht...« »Nein!« rief Esther, indem sie sich wie ein scheuendes Pferd auf ihren Beinen erhob; »hier niemals!«
»Sehen Sie, gnädiger Herr, ich kenne die gnädige Frau, sie ist sanft und gut wie ein Lamm,« sagte Europa zu dem Bankier; »nur darf man sie nicht vor den Kopf stoßen; man muß sie immer von der guten Seite nehmen ... Sie ist hier so unglücklich gewesen! Sehen Sie her ... das Mobiliar ist recht abgenutzt! Lassen Sie sie ihrer Neigung folgen. Richten Sie ihr recht artig ein hübsches Hotel ein. Vielleicht wird sie, wenn sie ringsum nur Neues sieht, sich fremd vorkommen, und sie wird Sie vielleicht besser finden, als Sie sind, und dann wird sie von engelhafter Sanftmut sein ... Oh, die gnädige Frau hat nicht ihresgleichen! Und Sie können sich rühmen, eine ausgezeichnete Erwerbung gemacht zu haben: ein gutes Herz, artige Manieren, einen seinen Spann, eine Haut, eine Frische ... ah! ... Und Geist, daß zum Tode Verurteilte lachen müssen! ... Die gnädige Frau ist der Leidenschaft fähig ... Und wie sie sich anzuziehen versteht! ... Ja, wenn es auch teuer ist, so hat der Mann doch etwas für sein Geld. Hier sind all ihre Kleider gepfändet, sie ist also mit ihrer Toilette um drei Monate in Rückstand. Aber die gnädige Frau ist so gut, sehen
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