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Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)

Titel: Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ins Gefängnis gehen sollen. Aber verstehen sich wohl die Frauen auf die Finanzen?... Als die Gläubiger der gnädigen Frau erfuhren, daß sie in ihre Wohnung zurückgekehrt ist, sind sie alle wie über eine Beute über sie hergefallen... Gestern um sieben Uhr abends, gnädiger Herr, haben sie scheußliche Zettel angeklebt, daß Sonnabend ihr Mobiliar verkauft werden soll... Aber das ist noch nichts... Die gnädige Frau ist eben nur Herz, und da hat sie seinerzeit diesem Ungeheuer, Sie wissen ja, einen Gefallen tun wollen!« »Welchem Unkeheier?« »Nun, dem, den sie liebte, diesem d'Estourny; oh, er war reizend! nur spielte er.« »Er schbielte mit kestichelten Karten...« »Nun, und Sie?...« sagte Europa, »was treiben Sie an der Börse? Aber lassen Sie mich erzählen. Um also eines Tages Georg daran zu hindern, daß er sich eine Kugel vor den Kopf schoß, hat sie ihr ganzes Silberzeug und ihren Schmuck ins Leihhaus getragen, und beides war nicht bezahlt. Als nun die Leute erfuhren, daß sie einem Gläubiger etwas gegeben hat, sind sie alle gekommen, um ihr eine Szene zu machen. Man droht ihr mit der Polizei... Ihr Engel auf der Anklagebank!... Kann einem da nicht die Perücke überm Kopf zu Berge stehen?... Sie schwimmt in Tränen, sie spricht davon, sich ins Wasser zu werfen... Oh, sie wird es tun!« »Wenn ich mitgomme, dann atiee Pörse!« rief Nucingen; »aber es ist unmöglich, daß ich nicht hinkehe, ich will da etwas fier sie kewinnen... Keh und peruhige sie: ich werde ihre Schulden peßahlen, ich werde um vier zu ihr gommen... Aber, Eischenie, sag ihr, sie soll mich ain pißchen lieb haben...« »Wie, ein bißchen? Aber sehr!... Sehen Sie, gnädiger Herr, nur die Großmut kann das Herz der Frauen gewinnen... Sicherlich hätten Sie vielleicht hunderttausend Franken gespart, wenn Sie sie hätten ins Gefängnis gehen lassen. Aber ihr Herz hätten Sie nie gewonnen... Wie hat sie noch gesagt? ›Eugenie, er hat sich recht groß gezeigt, recht weitherzig... Er ist eine schöne Seele!‹« »Das hat se kesagt, Eischenie?« rief der Baron. »Gewiß, gnädiger Herr, zu mir selbst.« »Ta, ta sind ßehn Louis...« »Danke!... Aber sie weint in ebendiesem Augenblick, sie meint seit gestern, wie die heilige Magdalena einen Monat lang geweint hat... Die, die Sie lieben, ist in Verzweiflung, und noch dazu wegen Schulden, die nicht ihre Schulden sind! Oh, die Männer! Die beuteln die Frauen ebensosehr aus, wie die Frauen die Alten ausbeuteln... wie?« »So sind sie alle... Sich verpürgen!... Oh, man verpürgt sich nie!... Sie soll nichts mehr unterschraiben. Ich peßahle; aber wenn sie noch aine Unterschrift kibt, dann ...« »Was würden Sie dann tun?« fragte Europa, indem sie sich aufrichtete. »Kott, du Kerechter! Ich habe kaine Macht ieber sie... Ich werde treten an die Schbitze ihrer glainen Keschäfte. Keh, keh und tröste sie, und sag ihr, daß sie in ainem Monat ain glaines Balais pewohnen soll.« »Herr Baron, Sie haben im Herzen einer Frau Geld angelegt, das sich hoch verzinst! Sehen Sie ... ich finde Sie schon verjüngt, und ich bin nur eine Kammerfrau; aber ich habe das schon oft erlebt ... es ist das Glück... Das Glück wirft so einen gewissen Glanz... Wenn Sie ein paar Auslagen haben, so bedauern Sie das nicht... Sie werden sehen, wieviel sie einbringen. Ich habe es der gnädigen Frau schon gesagt, sie wäre die Letzte der Letzten, sie wäre ein Mädchen von der Gasse, wenn sie Sie nicht liebte, denn Sie ziehen sie aus einer Hölle... Hat sie erst keine Sorgen mehr, so werden Sie sie kennen lernen. Unter uns, Ihnen kann ich es sagen: in der Nacht, als sie so viel weinte ... was wollen Sie! Man will doch auch die Achtung des Mannes, der einen aushalten soll... Sie wagte Ihnen all das nicht zu sagen... Sie wollte durchgehen!« »Durchkehn!« rief der Baron, den dieser Gedanke entsetzte. »Aber die Pörse! die Pörse! Keh, keh, ich gomm jetzt nicht... Aber ich möchte sie am Fenster sehen... Ihr Anplick wird mir Mut keben...«
    Esther lächelte Herrn von Nucingen zu, als er vor dem Hause vorüberging; und er schritt schwerfällig weiter, indem er sich sagte: ›Sie ist ain Engel!‹
    Um dieses unmögliche Ergebnis herbeizuführen, war Europa auf folgendes Mittel verfallen. Gegen zweieinhalb Uhr hatte Esther sich angezogen, als erwartete sie Lucien; sie war entzückend; und als Prudence sie so sah, sagte sie mit einem Blick aufs Fenster: »Da ist der gnädige Herr!« Das arme Mädchen stürzte hin, weil sie

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