Glanz und Elend der Kurtisanen (German Edition)
geschriebenen Briefe gehabt hatten.
»Der gnädige Herr muß diese Frau sehr lieben, denn er ist fast gestorben. Ich habe ihm den Rat gegeben, nicht wieder zu ihr zu gehen, da würde er bald sehen, wie man ihm schmeichelte. Eine Frau, die den Herrn Baron, wie man sagt, schon fünfhunderttausend Franken gekostet hat, – nicht zu rechnen, was er für das kleine Hotel der Rue Saint-Georges ausgegeben hat! Aber diese Frau will Geld und nichts als Geld. Als die Frau Baronin den gnädigen Herrn verließ, sagte sie lachend: ›Wenn das so weitergeht, wird mich dieses Mädchen zur Witwe machen.‹« »Teufel!« erwiderte Asien, »töten darf man die Henne mit den goldenen Eiern nicht.« »Der Herr Baron setzt seine Hoffnung nur noch auf Sie,« sagte der Kammerdiener. »Ah, weil ich es verstehe, die Franken in Gang zu bringen!...« »Nun, treten Sie ein,« sagte der Kammerdiener, indem er sich vor dieser okkulten Macht beugte.
»Also,« sagte die falsche Saint-Estève, indem sie mit demütiger Miene bei dem Kranken eintrat, »der Baron hat also kleine Widerwärtigkeiten? Was wollen Sie? Jedermann wird in seiner Schwäche getroffen. Auch ich habe Unglück erlebt. In zwei Monaten hat sich das Glücksrad für mich sonderbar gedreht! Da suche ich jetzt eine Stellung... Wir sind beide nicht vernünftig gewesen. Wenn der Herr Baron mich als Köchin in Fräulein Esthers Haus aufnehmen wollte, so hätte er in mir die Ergebenste der Ergebenen, und ich könnte ihm recht nützlich sein, indem ich Eugenie und die gnädige Frau überwachte.« »Darum hantelt es sich nicht,« sagte der Baron. »Ich gann nicht so weit gommen, daß ich Herr werde; und man fiehrt mich an der Nase...« »Wie einen Kreisel,« unterbrach Asien ihn. »Sie haben die andern genasführt, Papa, jetzt hält Sie die Kleine fest und behandelt Sie schnöde... Der Himmel ist gerecht!« »Kerecht?« rief der Baron. »Ich habe dich nicht lassen gommen, um Moral ßu hören...« »Bah, mein Sohn, ein wenig Moral schadet nichts. Sie ist das Salz des Lebens für uns, wie es für die Frommen das Laster ist. Lassen Sie sehen: sind Sie großmütig gewesen, haben Sie ihre Schulden bezahlt?« »Ja,« sagte der Baron jämmerlich. »Gut. Sie haben auch ihre Sachen ausgelöst, das ist noch besser: aber geben Sie zu, es ist nicht genug; damit kann sie noch nichts anfangen, und solche Geschöpfe lieben es, zu verschwenden.« »Ich pereite ihr aine Ieberraschung vor, in der Rie Sainte-Schorsche... Sie waiß es,« sagte der Baron; »aber ich will kam Kimpel sain.« »Gut, so verlassen Sie sie...« »Ich firchte, sie läßt mich kehn!« rief der Baron. »Und wir wollen doch etwas für unser Geld, mein Sohn?« erwiderte Asien. »Hören Sie. Wir haben ja das Publikum um all die Millionen gerupft, mein Kleiner. Man sagt. Sie besäßen fünfundzwanzig davon.«
Der Baron konnte sich nicht enthalten zu lächeln.
»Also, Sie müssen eine davon hergeben ...« »Ich käbe sie schon her,« erwiderte der Baron, »aber sowie ich sie herkekeben habe, wird man aine ßwaite verlangen.« »Ja, ich verstehe,« sagte Asien, »Sie wollen nicht B sagen, weil Sie fürchten, es könne bis zum Z so weitergehen. Esther ist aber ein anständiges Mädchen.« »Ain sehr anschdändikes Mädchen!« rief der Baron; »sie will sich ja erkeben, aber wie man aine Schuld peßahlt.« »Kurz, sie will nicht Ihre Geliebte werden, sie hat den Widerwillen. Und ich begreife es. Das Kind hat immer ihren Launen gehorcht. Wenn man nur reizende junge Leute gekannt hat, kümmert man sich wenig um einen Greis... Schön sind Sie nicht! Sie sind dick wie Ludwig XVIII. und ein wenig Dummkopf, wie alle, die dem Glück schmeicheln, statt sich mit den Frauen abzugeben. Nun, wenn Sie auf sechshunderttausend Franken nicht sehen,« sagte Asien, »so übernehme ich es, sie für Sie ganz zu dem zu machen, was Sie nur wünschen mögen.« »Sechshünderttausend Franken!« rief der Baron mit einem kleinen Ruck nach hinten. »Esder gostet mich schon aine Million!« »Das Glück ist wohl sechshunderttausend Franken wert, mein dicker Wüstling. Sie kennen Männer in unserer Zeit, die sicherlich mehr als eine oder zwei Millionen mit ihren Geliebten aufgegessen haben. Ich kenne sogar Frauen, die das Leben gekostet haben und für die man seinen Kopf in einen Sack gespien hat... Sie wissen, der Arzt, der seinen Freund vergiftete?... Der wollte reich werden, um das Glück einer Frau zu machen.« »Ja, ich waiß,» aber wenn ich auch verliept bin, so
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