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Glanz

Glanz

Titel: Glanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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die Tür kaum geschlossen, als die Klingel ertönte. Sie klang nicht wie die Klingel, die ich kannte – sie war dreistimmig und spielte eine alberne Melodie, die in einem New Yorker Apartment nichts verloren hatte.
    Meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich sah durch den Spion und erstarrte. Vor der Tür stand Dr. Ignacius. Er drückte erneut auf den Klingelknopf. Nur war es jetzt nicht mehr der Arzt, der klingelte, sondern eine riesige Krähe in einem weißen Kittel.
    Einen Moment lang wusste ich nicht, ob ich lachen, weinen oder hysterisch schreien sollte. Dann begriff ich, dass ich träumte, und wachte im selben Moment auf.

     
    Ich fuhr hoch. Mein Herz schlug heftig, und mein Körper war schweißgebadet. Mein Sohn lag reglos wie immer neben mir. Emily hatte einen Arm um ihn geschlungen und schlief. Durch das geöffnete Fenster sah ich einen tiefschwarzen Himmel, der von unnatürlich vielen Sternen besetzt zu sein schien. Dieser Anblick und das laute Zirpen der Grillen erinnerten mich daran, dass ich mich auf dem Land befand.
    Ich hatte offenbar normal geschlafen und nur einen besonders realistischen Traum gehabt, in dem der Unfall gar nicht geschehen war. Der Kontakt zu Eric musste abgerissen sein, als ich mich in seiner Traumwelt auf sein Bett gelegt hatte und eingeschlafen war. In einem Traum eingeschlafen, im nächsten aufgewacht.
    Ich dachte an den Alptraum mit dem lebendigen Aquarell. Offenbar war es eine Nachwirkung der Droge, dass man Träume bekam, die einem vollkommen wirklich vorkamen. Der Gedanke durchzuckte mich, wie es wäre, wenn ich eine Überdosis der Droge nehmen und einfach den schönen Traum von gerade eben weiterträumen würde.
    Die elektrische Melodie des Türgongs erklang erneut. Ich musste sie im Schlaf gehört und in meinen Traum eingebaut haben. Aber wer konnte jetzt, mitten in der Nacht, bei Tante Jo klingeln? Hatte uns Dr. Ignacius irgendwie aufgespürt? Mit klopfendem Herzen stand ich auf und öffnete die Zimmertür einen Spaltbreit.
    Schlurfende Schritte kamen die Treppe herab, die Haustür wurde geöffnet. »Sammy!«, hörte ich Tante Jo. »Was machst du denn hier? Es ist mitten in der Nacht! Ist was passiert?«
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, Mrs. Derringer. Es ist nur … ich bin Streife gefahren und zufällig an Ihrem Haus vorbeigekommen, und da hab ich diesen Wagen da draußen gesehen, und …«
    »Welchen Wagen?«, fragte Tante Jo. In ihrer Stimme lag jetzt eine amüsierte Autorität, als ob sie die Frage lächerlich fände.
    Der Polizist namens Sammy klang verunsichert. »Der Ford mit dem New Yorker Kennzeichen. Er gehört einem gewissen Paul Morrison.«
    »Und?«
    »Er … er steht auf unserer Fahndungsliste, Mrs. Derringer. Der Wagen, meine ich.«
    »Das Auto gehört dem Mann von Emily. Du erinnerst dich doch an die kleine Emily, Sam? Ihr seid zusammen zur Schule gegangen. Sie ist bei uns zu Besuch.«
    »Mrs. Derringer, es tut mir leid … da liegt vielleicht ein Irrtum vor, aber wie gesagt, der Wagen steht auf unserer Fahndungsliste. In Zusammenhang mit einem Entführungsfall.«
    Tante Jo stieß ein heiseres Lachen aus. »Eine Entführung! Wer soll denn entführt worden sein?«
    »In New York wurde ein todkranker Junge aus einem Krankenhaus verschleppt. Es besteht der dringende Verdacht, dass Mrs. Morrison … dass Emily in den Fall verwickelt ist. Mrs. Derringer, ich muss Sie leider bitten …«
    »Verschleppt? Soweit ich weiß, wurde der Junge von seiner eigenen Mutter aus dem Krankenhaus geholt. Sie hatte jedes Recht dazu!«
    »Ich … ich kenne nicht alle Einzelheiten, Mrs. Derringer. Aber es liegt eine richterliche Anordnung vor, dass der Junge unverzüglich zurück in das New Yorker Krankenhaus gebracht werden muss, notfalls auch gegen den Willen seiner Mutter. Beide wurden zur Fahndung ausgeschrieben. Es … es gibt wohl Grund zu der Annahme, dass die Mutter unzurechnungsfähig ist!«
    »Sammy, erinnerst du dich noch an die Sache mit dem Zuchtbullen, der irgendwie aus dem Stall von Michael Brown ausgerissen ist und ein Verkehrschaos verursacht hat? Der Sachschaden, den das Vieh damals anrichtete, bevor es der Sheriff erschoss, betrug über zwanzigtausend Dollar, wenn ich mich nicht irre.«
    Einen Moment Zögern. »Natürlich erinnere ich mich, Tante … ich meine, Mrs. Derringer. Aber was hat das …«
    »Ich sage dir jetzt was, Sammy. Du vergisst, was für ein Auto da draußen steht, und ich vergesse, dass ich gesehen habe, wer damals mit dem

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