Glanz
verantwortungsbewusster Arzt, der spürt, dass du in deinem Eifer, deinem Sohn zu helfen, einen schweren Fehler machst!«
|275| Ich dachte an den brennenden Mann und schauderte. Ich wandte mich hilfesuchend an Emily. »Wir können jetzt nicht aufgeben. Wir sind doch ganz kurz davor, ihn wiederzufinden und zum Tor des Lichts zu bringen!«
»Sind wir das?«, fragte Emily. Doch sie nickte. »Wir machen noch einen Versuch. Dann sehen wir weiter.«
Marias Gesicht färbte sich rot vor Zorn. Ihre Augen schienen im schwachen Licht zu glühen »Ihr … ihr seid beide …« Sie verschluckte den Rest des Satzes. »Lasst uns wenigstens vorher frühstücken. Ich hab keine Lust, dass ihr am Ende genauso an Entkräftung draufgeht wie Eric.«
Ihre Worte lagen in der Luft wie ein schlechter Geruch. Emily und ich sahen uns an. Dann nahmen wir jeder eine Glanz-Kapsel, und bald wurde mein Zorn durch das wohlige Gefühl der Stärke und Zuversicht ersetzt, das die Droge in mir auslöste. Ich hatte plötzlich Verständnis für Marias Zorn und empfand große Sympathie für sie. Doch sie teilte das Gefühl offensichtlich nicht.
Wir aßen zum Frühstück kalte Bohnen aus der Dose, kräftiges Brot mit Butter und Schinken und Äpfel, die uns Tante Jo eingepackt hatte. Ich wusste nicht, ob es an der Droge lag, aber das einfache Mahl schmeckte mir hervorragend.
Nachdem wir abgeräumt hatten, legte ich mich zu Eric aufs Bett. Die Droge rann durch meine Adern wie warmes Gold. Ich hörte die Vögel im Wald, die die Morgensonne begrüßten, und hatte das Gefühl, ihren Gesang zu verstehen.
Ein Krächzen erklang.
Ich fuhr hoch. Vor dem Fenster über dem Bett, nur eine Armlänge von mir entfernt, saß eine Krähe auf einem niedrigen Ast und starrte mich an.
Ich sprang auf und schlug mit der flachen Hand gegen |276| die Scheibe. Die Krähe erschrak, breitete die Flügel aus und erhob sich in die Luft. Daraufhin erklang vielstimmiges Krächzen über der Hütte. Ich riss das Fenster auf und sah im Licht der einsetzenden Morgendämmerung einen großen Krähenschwarm, der über dem Wald kreiste.
»Verschwindet!«, brüllte ich. »Haut ab und lasst mich in Ruhe!«
Ich schloss das Fenster und blickte in die Gesichter meiner Begleiterinnen. Während Emily eher amüsiert wirkte, war Marias Gesicht sorgenvoll. Sie wandte sich ab und öffnete die Tür. »Ich gehe ein bisschen spazieren. Viel Spaß!« Der Klang ihrer Stimme erinnerte mich an Erics Trotzphase im Alter von etwa vier Jahren.
Emily und ich sahen uns an. »Sie wird sich schon wieder beruhigen«, sagte sie. Ich nickte.
Wir schlossen den Kreis.
|277| 30.
Ich lag auf Erics Bett. Die Digitalanzeige an seinem Wecker zeigte kurz nach sieben Uhr morgens.
Ruckartig setzte ich mich auf. Ich trug wieder das schwarze Gewand. Offenbar war der Teil, in dem ich in meinem eigenen Bett aufgewacht und Eric wieder da gewesen war, tatsächlich nur ein ganz normaler, wenn auch ungewöhnlich lebhafter Traum gewesen.
Wie in jenem Traum ging ich unter die Dusche und zog mir Jeans, ein T-Shirt und eine leichte Jacke an, dazu Turnschuhe. Mein Portemonnaie lag auf dem Nachtschrank. Es enthielt knapp hundertfünfzig Dollar. Ich steckte es ein. Dann packte ich eine Reisetasche, in die ich mehrere Flaschen Mineralwasser steckte, dazu das vorhandene Brot, etwas Käse, Kekse, zwei Feuerzeuge, eine Taschenlampe, eine Zange, einen Hammer, einen Schraubenzieher und die beiden größten Küchenmesser, die ich fand. Schließlich legte ich ein graues Kapuzensweatshirt, eine Jeans und Turnschuhe für Eric dazu. Ich wusste zwar nicht, ob sie dem griechischen Helden passen würden, in den er sich verwandelt hatte, aber es erschien mir durchaus möglich; Eric hatte wie seine Altersgenossen eine Vorliebe für viel zu weite, schlabbrige Kleidung.
Ich wollte zurück zum Broadway gehen und versuchen, von dort auf die Ebene der Tore zurückzukehren. Vielleicht, so überlegte ich, würde mir das gelingen, wenn ich die Tür, durch die ich gekommen war, von außen öffnete. Dafür hatte ich das Werkzeug eingepackt. Ich war mir |278| zwar durchaus nicht sicher, ob ich die Tür damit würde öffnen können, hatte aber keine bessere Idee.
Zum Frühstück aß ich den Joghurt, der noch im Kühlschrank war, und briet mir aus den restlichen drei Eiern ein Omelett, dazu machte ich einen starken Kaffee. Erfrischt und gestärkt schulterte ich die Reisetasche und war im Begriff, die Wohnungstür zu öffnen, als mir eine Idee kam. Ich stellte
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