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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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abwechselnd heiß und kalt ist. Schüttelfrost, alternierend mit einem Hitzegefühl. Nachtschweiß und dergleichen.«
    »Oh, etwa …« Unwillkürlich runzle ich die Stirn. »Welchen Tag haben wir heute? Wie lange bin ich schon hier?«
    »Seit sechs Stunden«, erwidert Dr. Hanta geduldig. »Man hat Sie am frühen Nachmittag eingeliefert.«
    Schon wieder zittere ich krampfartig, und meine Haut ist eiskalt. »Es hat ein, zwei Stunden vor der Einlieferung angefangen.«
    »Hochwürden Dr. Fiore hat mir erzählt, dass Sie auf Klettertour waren.« Ihr Ton ist neutral, professionell, und es schwingt kein Vorwurf darin mit.
    Ich schlucke. »Ja, seit der Klettertour.«
    »Sie haben Glück gehabt, meine Liebe.« Hanta setzt ein rätselhaftes Lächeln auf und schiebt das Stethoskop bis zu meiner linken Schulterkugel, wobei sie mein Krankenhaushemd herunterstreift, damit sie besser herankommt. »Tut mir leid, ich werde mich beeilen. Hm.« Sie starrt auf das Stethoskop und runzelt die Stirn. »Ist lange her, dass ich so etwas … Tut mir leid.« Sie richtet sich auf. »Es ist nicht ungefährlich, in den Wänden hier herumzuklettern; einige der benachbarten Lebensräume sind von ihrer biologischen Anlage her nicht in das Habitat integriert. In den Schutzzellen der Massenfragmente gibt es Replikatoren, die sich alles einverleiben, was auf Strängen von Nukleotiden basiert, sofern es kein Kontaktverbot signalisiert. Und über ein solches Signal verfügen Sie nicht.«
    Schon wieder muss ich schlucken, denn mein Mund ist ungewöhnlich trocken. »Wie bitte?«
    »Irgendwie haben Sie’s geschafft, sich mit einem Strang der Pestis mechaniculorum zu infizieren. Sie haben Fieber, weil Ihr Immunsystem immer noch damit beschäftigt ist, die Infektion abzuwehren. Es ist nur gut für Sie, dass wir Sie gefunden haben, ehe der von der Pestis mechaniculorum induzierte Zelltod einsetzen konnte … Jedenfalls werde ich Sie dagegen behandeln, sobald ich mit der Sequenzierung fertig bin.«
    »Ähm.« Wieder erfasst mich der Schüttelfrost. »Oh, einverstanden.«
    »Das sollten Sie auch besser sein. Muss ich Ihnen sagen, dass Sie nie wieder in den Mauern herumklettern dürfen?« Ich schüttle den Kopf; fast schäme ich mich für die Angst, sie könnte mir auf die Schliche kommen. »Gut.« Sie klopft mir auf die Schulter. »Falls Sie das noch einmal vorhaben, kommen Sie vorher wenigstens zu mir, ja? Ich möchte keine weiteren unglückseligen Unfälle erleben.« Vorsichtig löst sie das Stethoskop von mir und wickelt es um ihren Merkurstab. Als es sich mit dem Stab verbindet, klickt es leise. »Und jetzt werde ich Ihnen einfach ein kleines Gegenmittel gegen die automatischen Zellzerstörer verabreichen, dann werden Sie sich in null komma nichts wieder gesund und munter fühlen.«
    Dr. Hanta hebt ihren Kittel an und nimmt auf einem Hocker neben meinem Bett Platz. »Verstößt das nicht ein ganz klein wenig gegen die Richtlinien dieses Experiments?«, frage ich sie und schreibe jede Vorsicht in den Wind. Vermutlich würden Fiore oder Yourdon mir den Kopf abreißen, sollte ich mich erdreisten, ihnen eine solche Frage zu stellen. Doch Hanta wirkt zugänglicher, vielleicht sogar vertrauenswürdiger.
    »Wir alle machen Fehler.« Wieder setzt sie ihr rätselhaftes Lächeln auf, das leicht übermütig und sehr echt wirkt, so als amüsiere sie sich über einen Scherz, über den ich ebenfalls lachen würde, könnte ich ihn verstehen. »Überlassen Sie die Sorge um die Reinheit dieses Experiments ruhig mir, meine Liebe«, sagt sie und tut meinen Einwand mit einer Handbewegung ab. »Selbstverständlich zerbrechen Sie sich den Kopf darüber, sobald die Priester Ihnen den Rücken zukehren. Und selbstverständlich versuchen manche Menschen das System in seinem eigenen Spiel zu schlagen - das ist ja auch nicht anders zu erwarten. Wahrscheinlich wären manche Leute am liebsten gar nicht hier. Vielleicht haben sie ihre Meinung nach Unterzeichnung der Einverständniserklärung geändert. Ich kann nur sagen, dass wir, so gut wir können, dafür sorgen werden, dass sie mit dem Ergebnis nicht unzufrieden sind.« Sie zieht eine Augenbraue hoch und sieht mich forschend an. »Es ist nicht leicht, ein Experiment dieser Größenordnung durchzuführen, und wir machen dabei auch Fehler, was kann ich sonst noch dazu sagen? Und manche von uns machen mehr Fehler als andere.« Jetzt drückt ihre Miene leichtes Missfallen aus, das alles Mögliche zu besagen scheint. Auf diese Weise

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