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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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darauf. Geben Sie Janis diesen Zettel, wenn Sie wieder arbeiten gehen, es ist die offizielle Krankmeldung. Falls Sie sich irgendwie unwohl fühlen oder nochmals einen Schwindelanfall haben, rufen Sie bitte sofort in der Klinik an. Wir schicken Ihnen dann einen Krankenwagen.«
    »Wird die Ambulanz mir viel nützen, falls ich durcheinander bin oder Halluzinationen habe?«, frage ich skeptisch.
    Hanta schiebt sich eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. »Wir sind immer noch dabei, neue Leute in das Gemeinwesen einzugliedern«, erwidert sie. »Die Sanitäter werden nicht vor nächster Woche da sein. Sie müssen ihre Implantate noch aufrüsten, damit sie über zusätzliche Kenntnisse verfügen. Aber wenn Sie in zwei Wochen eine Ambulanz rufen, einer Krankenschwester begegnen oder einen Polizeibeamten brauchen, werden Sie’s nicht mehr mit Zombies zu tun haben.« Sie blickt sich im Krankensaal um. »Kann nicht früh genug passieren, wenn Sie mich fragen.«
    »Eigentlich wollte ich fragen …« Ich führe den Satz nicht zu Ende, da ich unsicher bin, ob ich das Thema überhaupt anschneiden soll, doch Dr. Hanta ahnt bereits, auf was ich hinauswill. »Sie haben damals das Richtige getan, als Sie einen Krankenwagen gerufen haben«, sagt sie nachdrücklich. »Daran dürfen Sie nie zweifeln.« Um ihre Bemerkung zu unterstreichen, fasst sie mich am Arm. »Aber Zombies nützen nichts, wenn es um mehr als um Routine geht.« Sie seufzt leise. »Es wird sehr viel leichter werden, wenn mir Menschen assistieren, die bei der Arbeit dazulernen.«
    »Wie groß soll das Gemeinwesen denn werden?«, frage ich. »In der Erstinformation hieß es, es werde etwa zehn Scharen mit jeweils zehn Personen geben, aber wenn Sie Polizei- und Sanitätergruppen beschäftigen wollen, reicht das doch sicher nicht aus?«
    Sie sieht mich überrascht an. »Nein, hundert Teilnehmer, die eine einzelne Pfarrgemeinde bilden, stellen lediglich die Einheit für die Punktvergabe und wechselseitige Bewertung der Gruppen dar. Wir führen die Versuchsteilnehmer erst nach und nach, auf kontrollierte Weise, in die größere Gemeinschaft ein, und dabei bilden jeweils zehn Scharen eine Pfarrgemeinde. Aber da Sie sich inzwischen fast alle gut eingelebt haben, verbinden wir nächste Woche alle einzelnen Pfarrgemeinden zum größeren Ganzen. Erst dann erwacht das YFH-Gemeinwesen tatsächlich zum Leben! Das wird ziemlich aufregend werden: Sie werden Menschen begegnen, die Sie noch nicht kennen, und nur noch selten auf Zombies stoßen.«
    »Meine Güte«, sage ich mit flacher Stimme, denn in meinem Kopf dreht sich alles. »Wie viele … äh … Pfarrgemeinden, wollen Sie denn insgesamt in den Versuch einbeziehen?«
    »Oh, etwa dreißig. Für eine Kleinstadt reicht das aus. Und unsere Modelle besagen, dass eine Kleinstadt das Mindeste ist, was wir brauchen, wenn wir eine stabile Gesellschaft aufbauen wollen.«
    »Ist bestimmt viel Arbeit, das alles im Blick zu behalten.«
    »Das kann man wohl sagen.« Dr. Hanta steht auf und streicht den weißen Kittel glatt. »Ich muss mindestens drei Verkörperungen von mir einsetzen, um ständig auf dem Laufenden zu bleiben!« Erneut fällt ihr eine widerspenstige Locke ins Gesicht, die sie zurückstreicht. »Und jetzt lass ich Sie allein, wenn’s Ihnen nichts ausmacht. Sie sind so weit, dass wir Sie entlassen können. Sobald Sie möchten, dürfen Sie nach Hause; sagen Sie einfach der Schwester am Empfang Bescheid. Gibt es sonst noch etwas?«
    »Ja«, sage ich hastig und zögere kurz. »Als ich meine Krise hatte, waren Sie da versucht … Sie wissen schon, irgendetwas in mir zu verändern? Mal abgesehen davon, dass Sie den fixierenden Algorithmus eingesetzt haben, meine ich.«
    Mit ihren großen braunen Augen sieht Hanta mich scharf an. Sie wirkt nachdenklich. »Wissen Sie, wollte ich versuchen, den Geist jedes Menschen zu verändern, bei dem ich es für nötig halte, hätte ich für nichts anderes mehr Zeit.« Sie lächelt mich zwar an, doch ihre Miene wird plötzlich kühl. »Außerdem ist das, wonach Sie sich erkundigen, ein höchst fragwürdiges, ethisch fragwürdiges Verhalten, Mrs Brown. Und ich habe zwei Antworten auf Ihre Frage. Erstens: Was ich auch von einem Patienten halten mag, niemals würde ich etwas tun, das nicht in seinem besten Interesse liegt. Und zweitens: Ich habe Besseres von Ihnen erwartet. Guten Tag.«
    Sie dreht sich um und stolziert davon. Jetzt bin ich wirklich ins Fettnäpfchen getreten, denke ich, während mir

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