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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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ergeben, dass der gesicherte Fingerabdruck … äh … mit dem meinigen übereinstimmt. Und mit keinem anderen der im YFH-Gemeinwesen gespeicherten.«
    Yourdon wirkt fuchsteufelswild. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie selbst den Mann aufgehängt haben, damit er ausblutet?«
    Man muss Fiore zugutehalten, dass er sich gegenüber Yourdon zu behaupten versucht. »Nein, Eure Exzellenz. Ich will damit sagen, dass der Mörder mit uns spielt.«
    Ich lehne mich bei Sam an, denn plötzlich ist mir übel. Das ist doch genau das, was ich mir ausgemalt habe, oder nicht? Was ich mit Mick anstellen wollte. Und ich hab nie jemandem davon erzählt. Was heißt, dass ich die Mörderin sein muss. Nur hab ich’s nicht getan. Was geht hier vor?
    »Das reicht.« Yourdon klatscht in die Hände. »Folgendes wird heute noch erledigt: Sie, Pfarrer Fiore, werden sich mit Dr. Hanta kurzschließen, um einen Polizeichef auszusuchen, auszubilden und mit entsprechenden Fähigkeiten auszurüsten. Er wird dann seinerseits die Befugnis erhalten, vier Bürger im Rang von Wachtmeistern in die Polizeitruppe aufzunehmen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden Sie außerdem mit mir besprechen, wer als Richter eingesetzt werden soll, welche Verfahren wir einführen, um Verbrecher vor ein Schwurgericht zu stellen, und wer zum Scharfrichter bestellt wird.« Er sieht den Priester finster an. »Und danach werden Sie, wie ich hoffe, Ihren Kirchsprengel wieder in den unschuldigen Zustand versetzen, in dem er sich befand, ehe ich Ihnen diese Pfarrgemeinde anvertraut habe. Als guter Hirte werden Sie sich um Ihre Herde kümmern, denn viele Ihrer Schafe bedürfen dringend einer Führung!«
    Der Bischof macht auf dem Absatz kehrt und eilt, gefolgt von drei Zombie-Polizisten, die mit primitiven, aber wirksamen automatischen Waffen ausgestattet sind, zu seiner langen schwarzen Limousine zurück. Ich sacke an Sams Arm zusammen, aber er stützt mich, sodass ich aufrecht stehen bleibe. Fiore wartet, bis der Bischof die Wagentür zugeknallt hat, holt danach tief Luft und schüttelt kummervoll den Kopf. »Es wird nichts Gutes dabei herauskommen«, knurrt er in die Richtung, wo wir, die unmittelbaren Zeugen, und die Zombies stehen, die uns diskret den Weg verstellen. »Polizisten: Abtreten. Bürger: Ihr solltet in euch gehen und euer Gewissen prüfen. Zumindest einer von euch weiß genau, was hier heute vor dem Gottesdienst passiert ist, und euer Schweigen wird euch nicht weiterhelfen.«
    Als die Zombies von der Polizei sich zu zerstreuen beginnen, gefolgt von einer Schar neugieriger Gemeindemitglieder, gehe ich vorsichtig auf Fiore zu. Zwar bin ich sehr verstört und weiß nicht, ob es der richtige Zeitpunkt ist, aber …
    »Ja, was gibt’s, mein Kind?« Er kneift die Augen zusammen und setzt eine Miene auf, die wohlwollendes Lächeln ausdrücken soll.
    »Pater, ich … Hätten Sie wohl kurz Zeit für mich?«, frage ich zögernd.
    »Selbstverständlich.« Er wirft einem der Polizei-Zombies einen Blick zu. »Gehen Sie in die Sakristei, besorgen Sie sich einen Eimer, einen Mopp und Reinigungsmittel und fangen Sie damit an, den Fußboden im Glockenturm zu säubern.«
    »Es geht um …« Ich gerate ins Stocken. Die Sache mit Janis liegt mir wirklich schwer auf der Seele, aber ich weiß nicht, wie ich fortfahren soll. Von der anderen Seite des Kirchhofs her spüre ich Blicke, neugierige Augen, die sich fragen, was ich Fiore erzähle.
    »Wissen Sie, wer das getan hat?«, fragt Fiore.
    »Nein. Ich wollte mit Ihnen über Janis reden. In letzter Zeit verhält sie sich sehr merkwürdig …«
    »Glauben Sie, Janis hat ihn umgebracht?« Die buschigen, hochgezogenen Brauen rahmen dunkle Augen ein, die an der aristokratischen Nase entlang auf mich hinunterstarren. Diese Nase passt überhaupt nicht zu dem Gesicht mit den Lappen aus Fettgewebe, die um seine Kehle wabbeln. »Glauben Sie das?«
    »Äh, nein …«
    »Dann müssen wir unser Gespräch verschieben«, sagt er. Ehe mir klar ist, dass er mich wegschicken will, ruft er einem anderen Polizisten zu: »He, Sie da! Gehen Sie zum Bestattungsinstitut und lassen Sie einen Sarg zum Glockenturm bringen …« Gleich darauf entfernt er sich so schnell von mir, dass seine Soutane ihm um die Stiefel flattert.
    »Komm«, sagt Sam. »Lass uns sofort nach Hause gehen.« Er nimmt meinen Arm. Ich verdrehe die Augen, um nicht loszuheulen. »Ja.«
    Über den Parkplatz führt er mich zu der wartenden Taxischlange. »Was wolltest du Fiore erzählen?«,

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