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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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von Fiore oder Yourdon zugewiesen wurden. Immer noch kleiden wir uns im Stil der dunklen Epoche und gehen, genau wie früher, unserer Arbeit nach. Selbst die Babys bringen wir auf die primitive Art zur Welt. Ab und zu.
    Aber …
    In den städtischen Versammlungen führen wir Wahlen durch. Es gibt kein Punktesystem mehr, an dem irgendein selbstgefälliger Forscher aufgrund irgendwelcher versteckten Bewertungskriterien drehen kann, damit die Pfarrgemeinde nach seiner Pfeife tanzt. Wir lassen uns von niemandem wie Marionetten behandeln, nicht einmal von dem Bürgermeister, den wir gewählt haben. Zwar mögen wir wie die Menschen uralter Zeiten in Familienverbänden leben, doch in jedem Haushalt gibt es einen Assembler. Größtenteils wollen wir auch gar nicht als Posthumane leben, denn viele von uns haben während des Krieges allzu lange als lebende Waffen gedient.
    Allerdings verfügen wir über moderne medizinische Technologien, die wir begeistert nutzen. Überall sind A-Tore. Schwerer zu erklären ist das allgemeine Drumherum unseres Lebensstils, beispielsweise unsere Neigung zu gelegentlichen Verkleidungen. Meiner Meinung nach wirkt hier das soziale Trägheitsgesetz: Die Menschen hängen an alten Gewohnheiten. Neulich habe ich im Einkaufszentrum ein blaues Zwitterwesen, einen Zentaur in Kettenhemd und ohne Hose gesehen, und ratet mal, was passiert ist? Niemand hat auch nur die Augenbrauen hochgezogen. Inzwischen zeichnet sich unsere Stadt durch Toleranz aus. Und das muss auch so sein, denn wir können ja nirgendwohin ausweichen, bis wir dort ankommen, wo die Harvest Lore uns hinträgt.
    Was mich betrifft, so muss ich jetzt nicht mehr kämpfen. Ich habe dem Ich, das seinerzeit kapituliert hatte, seine positiven Wünsche erfüllen können, ohne Nachteile dafür in Kauf nehmen zu müssen. Und ich habe so viel Glück gehabt, dass ich heulen könnte, wenn ich daran denke.
    Inzwischen habe ich eine Tochter namens Andy - das ist eine Abkürzung für Andromeda. Andy schwört, sie möchte ein Junge sein, sobald sie älter ist. Allerdings wird sie frühestens in sechs Jahren in die Pubertät kommen, und vielleicht ändert sie ihre Meinung, wenn sich ihr Körper zu verändern beginnt. Wichtig ist nur, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der sie sein kann, was immer sie will. Andy wirkt wie ein Zufallsprodukt aus den Phänotypen von Sam und Reeve. Manchmal, bei entsprechendem Licht und wenn ich nur ihr Profil sehen kann, stockt mir der Atem, denn dann habe ich wieder vor Augen, wie Sam sich seinerzeit von der Klippe gestürzt hat. Wusste er, dass ich damals schon schwanger war, als er so sorgfältig darauf achtete, mich vor seinem Sprung aus der Gefahrenzone zu ziehen? Eigentlich kaum möglich, aber manchmal frage ich mich, ob er es vermutete.
    Ich habe Andromeda - da staunt ihr, wie? - im Krankenhaus zur Welt gebracht, mit Hilfe der netten Dr. Hanta. Der man jetzt nicht mehr den ganzen Tag lang eine Waffe an den Kopf halten muss. Denn Sanni hat ihr die Wahl gelassen, sich entweder neu zu programmieren und künftig ausschließlich an den Vorgaben und Interessen ihrer Patienten zu orientieren oder aber das Schicksal von Yourdon und Fiore zu teilen.
    Nach der Geburt habe ich mich wieder in Robin verwandelt - zumindest so weit, wie es unsere medizinischen Möglichkeiten erlauben. Die natürliche Geburt ist eine Erfahrung, die alle Väter wenigstens einmal im Leben (als Erwachsene, meine ich) machen sollten, doch danach musste ich wieder zu Robin werden: Robin ist die einzige Version von mir, die nicht das Blut von Unschuldigen an den Händen kleben hat.
    Es ist spät geworden, Andy schläft schon oben in ihrem Bett. Ich habe diesen Bericht handschriftlich auf Papier verfasst, um all diese Ereignisse in meinem Gedächtnis festzuhalten. Genau wie damals, als eine frühere Version von mir einen Brief an mich verfasste. Aber das ist so lange her, dass ich mich kaum noch daran erinnern kann, wie es war, ER zu sein. Selbst ohne Eingriffe in unsere Erinnerungen sind wir fragile Wesen - Lichter in der Dunkelheit, die eine verblassende Spur hinter sich zurücklassen, während wir vergessen, wer wir einst gewesen sind. Eigentlich will ich mich auch gar nicht mehr so sehr daran erinnern, wer oder was ich vor dem Krieg war. Ich fühle mich hier wohl und gehe davon aus, dass ich noch lange Zeit hier leben werde, länger, als mein ganzes schwieriges Leben bis zu diesem Punkt gedauert hat.
    Wenn alles, was ich später von der ersten Hälfte

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