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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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dem Hosenständer taucht ein rotes Icon auf: VERSTOSS GEGEN DIE UNGESCHRIEBENEN GESETZE.
    »Hm.« Also kann ich hier doch nicht nach Belieben einkaufen? Die Sache nervt mich allmählich. »Können Sie mir wenigstens eine Hose für Menschen meiner Statur zeigen? Sie ist für einen Mann bestimmt, der genauso groß ist wie ich.«
    »Bitte warten Sie einen Augenblick.« Während ich warte, zapple ich ungeduldig herum. Irgendwann taucht in einer unauffälligen Wandtür eine weitere männliche Bedienung mit einem Bündel auf. »Hier ist die Hose, die Sie verschenken möchten.«
    »Aha.« Ich nehme die Hose entgegen, unterdrücke dabei ein Grinsen, denke über meine nervenden Schuhe nach und überlege, wie … »Bringen Sie mich bitte zur Schuhabteilung. Ich möchte auch ein Paar Männerschuhe in meiner Größe zum Verschenken …«
    Als ich mit der »Kreditkarte« bezahle, erhalte ich zwei weitere Pluspunkte für angemessenes soziales Verhalten. Bis jetzt habe ich insgesamt fünf Punkte erzielt.
    Etwa fünf Kilosekunden später stoße ich unten in der Möbelabteilung zu Sam. Beide sind wir schwer beladen, aber er hat einen tragbaren Behälter namens »Koffer« gekauft, in dem wir die meisten Einkäufe unterbringen können. Ich habe auch noch eine Schultertasche und knöchellange Stiefel erworben, die weiche Sohlen haben und beim Gehen nicht klappern, und fühle mich jetzt sehr viel wohler. (Meine alten Schuhe habe ich in einem Beutel verstaut, falls ich sie aus irgendeinem Grund nochmals benötigen sollte.)
    »Komm, wir suchen einen Ort, wo wir was zu essen bekommen«, schlägt Sam vor.
    »Okay.« Auf der anderen Straßenseite, gegenüber von Macy’s, gibt es ein Lokal, das ziemlich real wirkt. Nur wird das Essen hier von menschlichem Personal (nein, Zombies) serviert und von genauso menschenähnlichen Zombies in der Küche - angeblich - frisch zubereitet. Glücklicherweise ist das hier eine Simulation, sonst würde mir sicher schlecht werden. Vor Fronteinsätzen bringen sie einem ja bei, wie man Nahrung aus biologischem Abfall oder aus toten Kameraden gewinnt, aber das hier ist eine andere Sache. Immerhin soll diese Gesellschaft eine bestimmte Stufe der Zivilisation verkörpern.
    Wir bestellen uns Gerichte von einer Speisekarte, die auf weißem Zellophan gedruckt ist, und lehnen uns danach zurück, um auf das Essen zu warten. »Wie ist dein Einkauf gelaufen?«, frage ich Sam.
    »Eigentlich ganz gut«, erwidert er vorsichtig. »Ich hab Unterwäsche gekauft. Und einige Hosen und Oberteile. Mein Slate sagt, dass hier jede Menge ungeschriebene Gesetze für die Kleiderordnung gelten. Es gibt Dinge, die wir tragen können , Dinge, die wir nicht tragen dürfen , und solche, die wir tragen müssen - was für ein Durcheinander!«
    »Erzähl mir mehr darüber.« Ich berichte ihm, welche Probleme ich hatte, Hosen ohne Löcher zu bekommen.
    »Hier steht …« Er zieht den Slate heraus. »Ah ja. Gesellschaftliche Konventionen. In der Frühzeit der dunklen Epoche galt das ungeschriebene Gesetz, dass Frauen möglichst keine Hosen und Männer auf keinen Fall Röcke tragen sollten.« Er runzelt die Stirn. »Außerdem heißt es hier, dass sich diese Sitten irgendwann in der Mitte der Epoche allem Anschein nach gelockert haben.«
    »Und du willst dich wirklich an diese Vorschriften halten?«, frage ich, während ein Zombie zu uns kommt und Gläser mit blassgelber Flüssigkeit, die man »Bier« nennt, neben unseren Gedecken abstellt.
    »Na ja, schließlich können sie uns bei Verstößen jederzeit Punkte abziehen.« Er zuckt die Achseln. »Aber wahrscheinlich hast du recht. Wir müssen nichts tun, das uns gegen den Strich geht.«
    »Genau.« Ich hebe mein rechtes Bein an und lege den Fuß auf den Tisch. »Schau mal.«
    »Das ist ein schwerer Stiefel.«
    »Ein Stiefel aus der Abteilung, die Männern vorbehalten ist. Aber als ich sagte, es sei als Geschenk für einen Mann mit meiner Schuhgröße gedacht, haben sie ihn mir ohne Weiteres gebracht.«
    »Ach ja?«
    Mir fällt auf, dass ich ihm das Bein vorführe, an dem die Strumpfhose zerrissen ist, deshalb verstecke ich es schnell wieder unter dem Tisch. »Wir haben eine gewisse Autonomie, wie begrenzt sie auch sein mag. Jetzt, wo wir hier sind, können wir doch leben, wie wir wollen, oder nicht?«
    Das Essen wird serviert - künstliche Steaks und nachgeahmtes Gemüse, das so aussehen soll, als wäre es im Sumpf irgendeiner unkultivierten Biosphäre gewachsen, außerdem kleine Behälter mit

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