Glashaus
ich etwas besorgen muss, angefangen bei einem Eisenwarenladen. Offenbar mussten diese Leute ihre Gebrauchsgegenstände selbst aus recht primitiven Bestandteilen konstruieren, weil sie die nötigen Vorlagen nicht einfach bei einem Assembler bestellen konnten. Und das bedeutet, dass sie »Werkzeuge« verwenden mussten. Glücklicherweise ist es verblüffend einfach, eine gute Grundausstattung an Werkzeugen in ein feldtaugliches Waffenarsenal zu verwandeln. Zwar bin ich hier drinnen wahrscheinlich in Sicherheit, solange ich meine wahre Identität nicht preisgebe, aber »wahrscheinlich« reicht nicht aus, wenn die andere Möglichkeit der Tod ist. Schon jetzt bringt mich dieses Restrisiko um den Schlaf.
Ich verbringe fast eine halbe Stunde in dem Eisenwarenladen. In dieser Zeit finde ich heraus, dass die bedienenden Zombies nicht darauf programmiert sind, Frauen bestimmte Einkäufe zu verwehren - etwa den Erwerb von Äxten, Brecheisen, Drahtrollen, Ausrüstungen zum Lichtbogenschweißen, Überbrückungskabeln und sonstigen Angeboten. Die Werkzeugausrüstung, die ich mir zusammenstelle, ist ganz schön teuer, unhandlich und sehr schwer, doch die Zombies versprechen, sie mir ins Haus zu liefern und in unserer »Garage« zu deponieren - einem von außen zugänglichen Anbau ans Haus, den ich bis jetzt noch nicht inspiziert habe. Nachdem ich mich bei ihnen bedankt habe, bestelle ich zusätzlich noch Metallstangen und einige Längen Federstahl.
Ich sehe meine Zukunft in weit rosigerem Licht, als ich den Laden in dem Wissen verlasse, dass die Grundausstattung für eine Mechanikerwerkstatt zu mir nach Hause unterwegs ist. Außerdem trage ich eine Axt unter meiner Jacke, verstaut in einem Holzfällergurt. Der Morgen ist freundlich und warm. Die kleinen gefiederten Dinosaurier namens Vögel behaupten durch laute Rufe ihr Hoheitsgebiet, das in den belaubten Pflanzen zwischen den Gebäuden liegt. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft wächst in mir das Gefühl, mein Schicksal selbst bestimmen zu können.
Und genau in diesem Moment laufe ich in Jen und Angel hinein. Arm in Arm gehen sie auf dem Bürgersteig auf ein rustikales Gebäude zu, über dessen Eingang ein Schild mit der Aufschrift ALTES KAFFEEHAUS hängt.
»Oh, hallo!«, begrüßt Jen mich überschwänglich und breitet die Arme aus, um mich an sich zu ziehen, während Angel sich schwach lächelnd im Hintergrund hält. Steif lasse ich mich von Jen umarmen und hoffe dabei, dass sie die Axt nicht spüren wird - aber das Glück ist mir nicht hold. »Was hast du denn an ? Und was schleppst du unter der Jacke mit dir herum?«, fragt sie.
»Bin gerade im Eisenwarenladen gewesen.« Ich ringe mir ein höfliches Lächeln ab. »Hab ein paar Werkzeuge für Sam besorgt, die er … für den Garten braucht. In meiner Tasche konnte ich nicht alles unterbringen, deshalb hab ich einen Teil in dem Schultersack verstaut, den ich für Sam kaufen sollte.« Je mehr ich lüge, desto leichter gehen mir die Lügen über die Lippen. »Was treibt ihr denn so?«
»Oh, wir kommen wunderbar zurecht«, erwidert Jen aufgedreht und lässt mich los.
»Wir wollten gerade einen Kaffee trinken gehen«, meldet sich Angel. »Hast du Lust mitzukommen?«
»Klar.« Mir fällt keine Möglichkeit ein, auf höfliche Weise abzulehnen. Außerdem habe ich während der letzten hundert Kilosekunden mit keinem Menschen bis auf Sam Kontakt gehabt und würde ganz gern die Gelegenheit dazu nutzen, ihre Gehirne anzuzapfen. Also gehe ich mit ihnen in DAS ALTE KAFFEEHAUS . Während die Bedienungen sich bereithalten, unsere Bestellungen aufzunehmen, setzen wir uns in eine Nische mit glänzenden roten Kunststoffbänken und einem Tisch mit blanker weißer Polymerplatte.
»Und wie steht’s bei dir mit der Eingewöhnung?«, fragt Angel. »Wir haben gehört, dass du gestern gewisse Probleme hattest.«
»Ja, meine Liebe.« Jen nickt mit strahlendem Lächeln. Sie trägt ein hellgelbes Kleid, dazu eine Kopfbedeckung, die entfernt einer Raumfähre ähnelt, und hat sich das Gesicht gepudert, um die Farbe ihrer Lippen (rot) und Wimpern (schwarz) hervorzuheben. Irgendetwas, mit dem sie ihre Haut eingerieben hat, sorgt dafür, dass sie wie ein ganzer Ziergarten riecht. »Ich hoffe, du lässt dir das nicht zur Gewohnheit werden?«
»Ich bin mir sicher, dass sie das nicht tun wird«, weist Angel Jen zurecht. »In der Eingewöhnungsphase ist das ein ganz normaler Fehler. Wir müssen damit rechnen, dass uns allen welche unterlaufen,
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