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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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knappen Laufzeit von fünf Megs erwarten würde.« Sie sieht so betont zu einer Ecke unmittelbar über der Tür, dass ich ihrem Blick folge. »Zum Teil deswegen, weil sie alles sehen und hören, einschließlich diesem hier. Zum Teil.«
    »Aber das ist sicher noch nicht alles?«
    Sie lächelt geheimnisvoll. »Die Pause ist vorbei, Kleine. Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen.«

    Ich komme spät nach Hause, todmüde vom Einsortieren zurückgegebener Bücher und dem stundenlangen Stehen hinter dem Tresen. Als ich ins Haus gehe, nagt ein böses Vorgefühl an mir. Die Lampen im Wohnzimmer brennen, und ich kann den Fernseher hören. Als Erstes mache ich mich auf den Weg in die Küche, um etwas zu essen, und dort stößt Sam zu mir.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Bei der Arbeit.« Müde mache ich mich an einer Dose Gemüsesuppe und einem Brotlaib zu schaffen.
    »Oh.« Pause. »Und was genau machst du?«
    Da er die Butter in den Kühlschrank gelegt hat, ist sie steinhart. »Werde zur neuen Stadtbibliothekarin ausgebildet. Derzeit drei Tage pro Woche, aber in Elfstundenschichten.«
    »Oh.«
    Er beugt sich vor, um einen benutzten Teller in den Geschirrspüler zu stellen. Ich schaffe es gerade noch, ihn davon abzuhalten: Die Maschine ist durchgelaufen und das saubere Geschirr noch nicht ausgeräumt. »Nein, hol erst das gespülte Geschirr raus, ja?«
    »Ha.« Er wirkt leicht verärgert. »Also braucht die Stadt eine neue Bibliothekarin?«
    »Ja.« Ich schulde ihm keine Erklärungen, oder? Vielleicht doch?
    »Kennst du Janis?«
    »Janis …« Er überlegt. »Nein. Ich wusste ja nicht mal, dass wir eine Bücherei haben.«
    »Sie hört in zwei Monaten auf, und sie brauchen eine Nachfolgerin.«
    Sam nimmt Teller aus dem unteren Gestell der Spülmaschine und stapelt sie auf der Arbeitsfläche. »Gefällt ihr die Arbeit nicht? Wenn es dort so schlimm ist, warum hast du den Job dann angenommen?«
    »Es geht um was anderes.« Endlich gelingt es mir, die Suppe aus der Konservendose zu schaufeln, in einen Kochtopf umzufüllen und ihn auf die glühende Herdplatte zu stellen. »Sie hört auf, weil sie schwanger ist.« Ich drehe mich um, weil ich sehen will, wie er darauf reagiert. Er konzentriert sich auf die Spülmaschine und schenkt mir bewusst keine Beachtung. Wahrscheinlich schmollt er immer noch.
    »Schwanger? Ha!« Er klingt leicht überrascht. »Warum sollte sich irgendjemand ein Baby in …«
    »Wir sind zeugungsfähig, Sam.«
    Gerade noch rechtzeitig fange ich die Teller auf, die er soeben ausgeladen hat. Danach baue ich mich etwa einen halben Meter vor seiner Nase auf. Vor Erregung vergisst er, meinem Blick auszuweichen.
    »Wir sind zeugungsfähig ?«
    »Jedenfalls sagt das Janis, und ihrem Zustand nach zu urteilen, hat sie wohl auch den Beweis dafür.« Ich sehe ihn einen Augenblick lang finster an, um mich gleich darauf wieder dem Suppentopf zuzuwenden. »Gibst du mir mal einen tiefen Teller rüber?«
    »Ja … ja.« Der arme Kerl wirkt echt erschüttert. Ich kann es ihm nicht verdenken. Immerhin hatte ich ein paar Stunden Zeit, über die Sache nachzugrübeln, trotzdem habe ich mich noch immer nicht an den Gedanken gewöhnt. »Ich such gleich einen für dich …«
    »Überleg doch mal. Als wir uns verpflichtet haben, bei der Studie mitzumachen, wussten wir, dass sie hundert Megs läuft, stimmt’s? Das Witzige an Büchereien ist, dass man dort gewisse Dinge nachschlagen kann. Wenn menschlicher Nachwuchs von einem Wirtskörper ausgetragen wird, dauert das in der Regel siebenundzwanzig oder achtundzwanzig Megs. Mittlerweile sind wir alle zeugungsfähig. Und uns wurde gesagt, wir könnten jedes Mal, wenn wir miteinander schlafen, Punkte für unseren irgendwann fälligen Abschlussbonus erwerben. Früher wurden rund dreißig Prozent aller gesunden Frauen während ihres Menstruationszyklus schwanger, wenn sie während ihrer fruchtbaren Tage Sex hatten. Na, wie klingt das für dich?«
    »Aber ich, ich … Ich meine, du hättest …« Sam streckt einen Suppenteller so vor sich aus, als wäre es eine Art Schild, mit dem er mich auf Abstand halten will.
    Ich starre ihn wütend an. »Sag’s nicht!«
    »Ich …« Er schluckt. »Hier, nimm das.«
    Ich greife nach dem Teller.
    »Was ich deiner Ansicht nach sagen wollte, ist mir klar, glaube ich, und du hast recht. Ich nehme es zurück, obwohl ich es nicht ausgesprochen habe, in Ordnung?« Er sprudelt die Frage so heraus, als hätte ich ihn aus dem Konzept gebracht.
    »Du hast es ja nicht

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