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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hat’s noch keine gegeben, aber die Kollegen aus Stuttgart haben Interessantes ermittelt.«
    »So?« Häberle verstand es zwar vorzüglich, die Kollegen auf die Folter zu spannen, doch wenn er selbst ähnlich behandelt wurde, konnte er vor Ungeduld beinahe platzen. Aber er ließ es sich nicht anmerken.
    »Sie meinen, er gehört zu einer alten Polizeiuniform – und zwar zu einer dieser Einsatzanzüge aus den 70er-Jahren. Da waren zwar Reißverschlüsse dran, aber an den Ärmeln gab’s solche grauen Knöpfe«, erklärte Speckinger kurz und knapp.
    »Und da sind die Kollegen sich ganz sicher?«
    »Nein, natürlich nicht. Das muss noch überprüft werden. Aber es könnte so sein. Zumindest erinnern sich einige ältere Kollegen daran, das mal getragen zu haben.«
    »Stimmt«, bestätigte einer, der der Pensionsgrenze sichtlich nahe war. »Da kann ich mich auch erinnern.«
    Häberle dachte nach. »Da schickt also jemand diesem Heidenreich einen Knopf von einer alten Polizeijacke. Mal angenommen, das stimmt so. Was wäre daraus zu schließen?«
    Für ein paar Sekunden herrschte betretenes Schweigen.
    »Na ja«, fühlte sich Linkohr zu einer Antwort angespornt, »vielleicht schickt ihm jemand ein Souvenir aus vergangenen Tagen.«
    »Eine verschmähte Liebe«, höhnte sein junger Nebenmann. »Vielleicht ist der Knopf abgegangen, als sie ihm die Kleider vom Leib gerissen hat. Und nun, da er geschieden und wieder zu haben ist, will sie sich in Erinnerung rufen.«
    Keiner äußerte sich dazu.
    »Vielleicht«, meinte Häberle, »ergibt sich aus seinen Telefonverbindungsdaten etwas. Der Kollege mag gar nicht mal so unrecht haben.« Er überlegte, ob er sich an so einen Knopf erinnern konnte. Wenn er tatsächlich zu einer alten Polizeijacke gehörte, stammte er aus einer Zeit, in der auch er noch uniformiert war, bevor er die kriminalpolizeiliche Laufbahn eingeschlagen hatte.
    »Was sagt eigentlich Heidenreichs Sohn zur beruflichen Tätigkeit seines Vaters?«, fragte er unerwartet in die Runde.
    »Dass er nichts Näheres dazu sagen kann«, kam es von einem Schnauzbärtigen zurück, der ermattet in seinem Bürostuhl hing. »Nicht mehr jedenfalls, als wir bisher wissen. Steuerfahndung und zuvor bei der Polizei in diesen Kleinstädten.«
    »Und von seiner Rückkehr zur Bepo weiß er gar nichts?«
    »Er weiß zwar, dass er erneut gewechselt hat, aber was dann war, darüber kann Hans-Peter Heidenreich – so heißt er – nichts sagen. Er kenne sich bei der Polizei nicht aus.«
    »Und wo hält sich überhaupt Heidenreichs erste Frau auf?«
    »Vermutlich irgendwo am Atlantik, in Frankreich. Nördlich von Biarritz. In einem Landstrich, der ›Les Landes‹ heißt.«
    Häberle schaltete sich wieder ein: »Dort gibt es den größten Pinienwald Europas.« Er war mit Susanne mit dem Wohnmobil dort gewesen. Sobald er daran dachte, hatte er den Geruch nach Pinien und Nadelhölzern in der Nase. Stundenlang waren sie mit dem Fahrrad auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse über die Ebene gefahren. Und der Sandstrand war breit und wollte kein Ende nehmen. »Hat man ihre Adresse?«, holte er sich selbst wieder aus den Urlaubsträumen.
    »Hat man nicht. Die beiden haben sich einvernehmlich getrennt. Fertig. Aus.«
    »Und – ist dem Sohn etwas in der Wohnung aufgefallen?«
    »Nein, gar nichts. Allerdings gibt es eine Merkwürdigkeit, wenn man das so sagen darf«, erklärte der Kollege. »Auch Sabine Braunstein, die Lebensgefährtin von Werner Heidenreich, hat dafür keine Erklärung. Sagt sie jedenfalls.«
    »Und das wäre?«
    »Sein Geländewagen ist weg.«

30.
    Georg Sander saß noch lange im Schatten des Kirchturms und überlegte, ob er den Justiziar des Verlags einschalten oder einen befreundeten Anwalt anrufen sollte. Vor allem aber war ihm unklar, wie er die Information aus den Schriftstücken verarbeiten konnte, die ihm der Unbekannte vergangene Nacht überlassen hatte. Er konnte sie keinesfalls unreflektiert abdrucken. Sie bedurften einer umfangreichen Recherche. Kein seriöser Journalist und keine seriöse Zeitung konnten eine Schlagzeile veröffentlichen – und mochte es noch so sensationell klingen –, wenn nicht hieb- und stichfest der Wahrheitsgehalt feststand. Nur zu gut waren Sander noch die angeblichen Hitler-Tagebücher in Erinnerung, denen das Nachrichtenmagazin ›stern‹ aufgesessen war. Von wegen: Die Geschichte muss umgeschrieben werden! Je größer und sensationeller eine Nachricht anmutete, desto sorgfältiger musste sie

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