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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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komplett abzuschalten, um innerhalb der Mobilfunknetze keine Spuren zu legen. Denn im schlimmsten Fall, so rief er sich plötzlich in Erinnerung, was der Richter noch gesagt hatte, im schlimmsten Fall drohte Ordnungsgeld bis zu 1.000 Euro oder maximal 42 Tage Ordnungshaft und bei wiederholter Weigerung noch einmal. Sander war instinktiv weitergefahren, als sich der Stau vor ihm wieder gelockert hatte. Mehr und mehr spürte er, wie er vom journalistischen Beobachter zu einem Akteur wurde, zu einem Akteur wider Willen. Er musste wirklich vorsichtig sein. Distanziert über ein Verbrechen zu berichten, war die eine Seite – doch selbst ein Teil davon zu sein, eine ganz andere. Die Frage war doch nur: Welche Rolle spielte er überhaupt? Oder besser gesagt: Welche wurde ihm eigentlich aufgezwungen? Er war wild entschlossen, diese größte Herausforderung seines bisherigen Berufslebens anzunehmen. Schließlich war er den Umgang mit Behörden, Justiz und Polizei gewohnt. Er brauchte doch vor dem Gespräch mit Manuela Maller nicht zu zittern. Auch nicht, falls Ziegler aus Ulm angereist sein sollte.

31.
    Volker Lechner plagten Kopfschmerzen. Wie ohnmächtig hatte er die letzten Stunden in seinem winzigen Zelt auf dem Wasserberg geschlafen. Und nun war er von einem Kriminalisten geweckt worden, der seinen Namen mit ›Speckinger‹ angab. Lechner kroch aus dem Zelt, fuhr sich über den Dreitagebart am Kinn und strich die Haare glatt. »Muss das schon so früh sein?«, fragte er leicht verärgert. Sein T-Shirt war zerknittert, die Bermudashorts hingen an seinen behaarten Beinen. Vor dem Zelt lagen ein winziger zusammengeklappter Gartenstuhl, daneben einige leere Bierdosen und eine halb volle, mühsam verkorkte Rotweinflasche.
    Lechner streckte sich, sog die Luft des Sommermorgens ein und blinzelte in die Sonne, die knapp über den Bäumen stand. »Ich hab dem Kommissar doch schon alles gesagt«, brummte er unwirsch und stand Speckinger mit verschränkten Armen gegenüber.
    Speckinger entschuldigte sich für die Störung, verkniff sich aber die Bemerkung, dass es doch bereits halb elf Uhr und Montag sei. »Es sind noch ein paar Fragen aufgetaucht«, begann Speckinger bedächtig und vergrub seine Hände in der dünnen Outdoorjacke. »Sie haben gestern gesagt, Sie seien nach dem Feuer hierher zu Ihrem Zelt gegangen.«
    »So ist es.«
    »Direkt hierher oder auf Umwegen?«
    »Was soll diese Frage? Gehen Sie jetzt davon aus, dass ich den Heidenreich erstochen hab?«
    Speckinger blieb gelassen – genau so, wie er es von Häberle gelernt hatte.
    »Werner war ein Bekannter von mir. Er hat dafür gesorgt, dass ich meine Höhlenkenntnisse für ihn einsetzen konnte. Ist das etwa verboten – bloß, weil es gegen die Bahn geht?«
    Speckinger schüttelte heftig den Kopf. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Das hat nichts damit zu tun, dass wir Ihnen misstrauen. Wir wollen uns nur ein Bild verschaffen von allem, was sich vorgestern hier oben bewegt hat.« Er sah ihn scharf an. »Wie sind Sie raufgegangen?«, wiederholte er seine Frage.
    »Woher soll ich das ahnen?«, gab sich Lechner ratlos. »Vom Feuer diesen Fahrweg rauf und dann über den Wanderweg wieder runter – hierher zum Waldrand. Sie dürfen das gerne nachvollziehen.«
    »Vorbei an diesem Mammutkäfig?«
    »Darauf wollen Sie also hinaus! Natürlich, selbstverständlich. Wie wollen Sie sonst hierherkommen? Sie müssen über den Berg drüber, wenn Sie vom Hexensattel kommen.«
    »So denk ich mir das auch«, fühlte sich Speckinger bestätigt. »Und Sie haben unterwegs niemanden gesehen oder getroffen?«
    »Das sagte ich doch gestern schon«, erwiderte Lechner gereizt und stellte den Stuhl auf, ohne sich hinzusetzen. »Irgendwelche Gestalten haben sich überall noch rumgetrieben. Meinen Sie, ich frag: ›Hallo, wer sind Sie?‹«
    »Sie waren aber auch am Wasserberghaus.«
    Über Lechners unrasiertes Gesicht huschte ein verlegenes Grinsen. »Haben Sie mich bespitzelt, oder was? Ja, ich bin kurz rübergegangen, weil dort noch was los war. Aber wenn Sie zu später Stunde dazustoßen und keinen kennen, ist das nicht witzig.«
    »Sie waren also dort?«
    »Sage ich doch. Verboten wird das ja wohl nicht gewesen sein.«
    Speckinger ging nicht darauf ein. »Was uns noch interessieren würde: Sie sagten, Sie seien Immobilienmakler gewesen und dann ausgestiegen?«
    »Wenn Sie es so bezeichnen wollen!«
    »Aber Sie sind deutscher Staatsbürger«, fuhr Speckinger ungerührt fort. »Darf man

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