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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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die Hände zu schütteln.
    Häberle und Specki ließen sich, vorbei an dem seltsamen Maschendrahtkäfig, zu jener dicht bewaldeten Stelle führen, an der die meisten Einsatzkräfte beieinanderstanden. Deren Gespräche verstummten, als sich ihre Kollegen näherten. Auch sie begrüßte Häberle mit Handschlag, während ihm angedeutet wurde, wo sich das Schreckliche zugetragen hatte. »Dort liegt er«, sagte ein älterer schnauzbärtiger Mann und deutete mit dem Zeigefinger der ausgestreckten rechten Hand in eine Lücke im Gebüsch. »Stiche in den Bauch.«
    Häberle trat, gefolgt von Specki, an das dicht belaubte Geäst heran und bog es auseinander, um in das schattige Unterholz hineinsehen zu können. Er blieb für einen Moment stehen. Wie immer in solchen Fällen musste er die Tatortsituation in sich aufnehmen und gleichzeitig die nötige Distanz bewahren. Er hatte in seinem langen Berufsleben schon viele Leichen gesehen, verstümmelte, erschossene, erstochene, ja sogar einbetonierte oder von der Eisenbahn zerstückelte, aber jedes Mal hatte er aufs Neue ein beklemmendes Gefühl, wenn da ein Mensch lag, der noch vor wenigen Stunden gelebt hatte. Was war schon ein Körper, wenn ihn das Leben verlassen hatte? Wenn die Seele nicht mehr da war, wenn keine Energie mehr floss? Häberle konnte sich nicht gegen diese Gedanken wehren, obwohl ihm sein Verstand sagte, dass er sachlich und emotionslos an die Arbeit gehen musste. Er war auch nur den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt. Aber dies reichte, um ihm wieder einmal die Vergänglichkeit allen irdischen Daseins vor Augen zu führen – die Vergänglichkeit und gleichzeitig die Hoffnung auf einen Übergang in eine andere Dimension. Häberle war zutiefst davon überzeugt, dass nichts in diesem Universum verloren ging. Wenn der Geist Energie war, und danach sah es aus, zumal das Gehirn mit winzigsten elektrischen Impulsen funktionierte, dann fand beim Tod nichts weiter als ein Wandel statt: Energie konnte nicht verloren gehen, hatte er einmal gelesen. Energie wurde nur umgewandelt. Dieser Mann, der da im vermoderten Laub des vergangenen Herbstes lag, auf dem Rücken und mit weit aufgerissenen Augen, hatte es bereits hinter sich. Vielleicht war die Energie, die als elektrische Spannung seine Muskeln, Nerven und Gehirnzellen am Leben gehalten hatte, noch irgendwo in der Luft. Oder sie war bereits in die große, alles umfassende Energie aufgegangen, aus der alles bestand. Man konnte es auch ›Gott‹ nennen.
    Häberle schluckte. Er hätte nicht sagen können, wie viel Zeit verstrichen war, seit er in dieses Gebüsch starrte, auf diesen Mann, dessen kariertes kurzärmliges Hemd am Bauch blutverschmiert war und dessen abgewinkelte Beine in einer engen Jeanshose steckten.
    Erst als er die Stimme des Mediziners hörte, der unbemerkt zwischen ihn und Specki getreten war, war Häberle wieder in der Realität angelangt. »Bevor Sie mich fragen«, sagte der Arzt sachlich, aber mit leicht ironischem Unterton, »ich schätze, dass er noch keine zehn Stunden tot ist.«
    Häberle drehte sich zu dem Mediziner, dessen Name ihm nicht einfallen wollte. »Die Kollegen in Ulm werden es rauskriegen«, erwiderte er gelassen und meinte damit die zuständige Gerichtsmedizin. Während er überlegte, weshalb ihm immer häufiger wichtige Namen nicht einfallen wollten, wandte er sich an die umstehenden Männer: »Wissen wir schon, wer es ist?«
    »Ja«, erwiderte ein junger Kommissaranwärter. »Er hatte alle Papiere dabei.« Der Kriminalist zog ein Notizblatt aus der Brusttasche seines bunten Hemds und las ab: »Werner Heidenreich. So steht es jedenfalls auf dem Personalausweis, den wir in seinem Geldbeutel gefunden haben. Und wenn man das Bild mit ihm vergleicht, dürfte kein Zweifel bestehen, dass er es auch ist.«
    »Den Geldbeutel habt ihr gefunden?«, vergewisserte sich Häberle und ließ die Äste, die er noch immer gehalten hatte, wieder zurückschnellen.
    »Mit knapp 200 Euro drin, ja«, bestätigte ein anderer. »Sieht nicht nach einem Raub aus.«
    »Ist auch sonst alles da«, ergänzte ein älterer Kollege. »Handy, Hausschlüssel, Taschenmesser, eine kleine Taschenlampe, Streichhölzer.«
    Häberle sah in die Runde. »Und die Tatwaffe?«
    »Auch das«, bekam er zur Antwort. »Ein Küchenmesser. Wir haben es bereits sichergestellt. Es lag da vorne.« Der Mann zeigte zu einem Brombeerstrauch, der knapp zehn Meter entfernt den Waldrand begrenzte.
    »Das Ganze hat sich aber nicht hier

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