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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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weiteren Worten. Sabine trug ein enges weißes Top, das ihre weiblichen Rundungen bestens zum Ausdruck brachte. Ihr Faltenrock umspielte die Knie.
    »Willst du für einen Moment heraufkommen?«, half sie ihm über die sichtbare Verlegenheit hinweg. »Du störst nicht. Könnte interesssant für dich werden, denn ich hab gerade Besuch.«
    »Besuch?«, staunte Sander. Um diese Zeit? Ihn wunderte ohnehin, dass Sabine an diesem Dienstagvormittag überhaupt daheim war. Er wusste beim besten Willen nicht mehr, ob Werner oder gar sie selbst am Samstagabend etwas von ihrer Tätigkeit erzählt hatten. Sander war nur in Erinnerung geblieben, dass Sabines Interessen sehr stark politisch orientiert waren. Vielleicht hatte sie sich heute aber auch freigenommen, um sich mit Heidenreichs Sohn zusammen um die Beerdigung zu kümmern.
    »Ich will wirklich nicht stören«, gab sich Sander zurückhaltend. »Gib mir deine Telefonnummer und ich rufe dich an.«
    »Nein, bitte. Ich sagte doch, der Besuch interessiert dich vielleicht auch – beruflich.«
    »Wer ist denn hier?«, fragte der Journalist zögernd.
    »Der Kommissar von der Kripo. Häberle heißt er.«

42.
    Geislingen war an diesem Juni-Vormittag offenbar knapp einer Unwetterkatastrophe entgangen. Der Himmel hatte sich am helllichten Tag so verdunkelt wie zuletzt vor der totalen Sonnenfinsternis im August 1999. Einige Beschicker des Krämermarkts, der in der Fußgängerzone stattfand, hatten vorsorglich ihre Stände abgebaut. Dann jedoch war es mit einem tropischen Regenguss relativ glimpflich abgegangen.
    Speckinger erreichte die Kleinstadt am Rande der Schwäbischen Alb, als bereits die Sonne wieder durchbrach und die feuchten Hänge dampften. Er hatte Sigge Starz an seiner Arbeitsstelle bei WMF angerufen und ihn um ein kurzes Gespräch unter vier Augen gebeten. Starz war zwar hörbar überrascht gewesen, hatte sich aber sofort bereit erklärt, den Kriminalisten auf dem Besucherparkplatz vor dem Verwaltungsgebäude zu treffen.
    Speckinger parkte den Dienst-Polo auf einer der letzten freien Flächen, als Starz auch schon an der Fahrertür auftauchte.
    »Sie können sich gerne kurz reinsetzen, aber ich hab keine Klimaanlage«, begrüßte ihn der Kriminalist.
    »Kein Problem«, gab sich Starz aufgeschlossen, »gehen wir doch in den Schatten rüber.« Er deutete zu einem Strauch, der den Parkplatz von der stark befahrenen B 10 abgrenzte.
    »Es gibt noch ein paar Fragen«, begann Speckinger und besah sich dabei die Architektur des Verwaltungsgebäudes, die stark an die 50er- oder frühen 60er-Jahre erinnerte. »Und ich wollte Sie damit nicht telefonisch in Ihrem Büro belästigen.«
    Starz nickte zufrieden. Seine Krawatte war so lose, dass die beiden obersten Knöpfe des weißen Hemdes offen bleiben konnten. Er hatte sich wieder den Sonnenvorsatz vor die Brille gesteckt.
    »Bei so einem Fall lässt es sich nicht vermeiden, dass wir auf Dinge stoßen, die … ja, die möglicherweise gar nichts damit zu tun haben«, versuchte Speckinger, zum Thema zu kommen. »Herr Heidenreich hat bei der Steuerfahndung gearbeitet.«
    In Starz’ Gesicht vollzog sich eine Änderung.
    »Er hatte es in dieser Eigenschaft mit vielen Menschen zu tun«, fuhr Speckinger fort. »Mit vielen, die beim Finanzamt ein bisschen auffällig geworden sind.«
    Starz deutete ein schiefes Lächeln an. »Und deswegen kommen Sie jetzt zu mir«, stellte er fest.
    »So könnte man es ausdrücken«, bestätigte Speckinger und umklammerte mit der linken Hand einen dicken Ast der Hecke.
    »Es hat da wohl einen Anlass gegeben, der das Finanzamt stutzig gemacht hat – bei Ihnen.«
    Starz hatte natürlich schnell erkannt, worauf der Kriminalist hinauswollte. »Wir brauchen nicht drum herumzureden«, sagte er deshalb. »Ich liege mit dem Finanzamt im Clinch.«
    »Wegen irgendwelcher Aktien«, ergänzte Speckinger und erntete damit ein Nicken.
    »Unter anderem wegen Aktien, ja. Es geht auch noch um Optionshandel und Warentermingeschäfte, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Starz gab sich weltmännisch.
    ›Wenn Sie verstehen, was ich meine.‹ Speckinger dachte über diesen Satz nach, den er jedes Mal als Affront gegen sich empfand. Wenn das jemand sagte, bedeutete es doch nichts anderes, als hielte derjenige seinen Gesprächspartner für beschränkt.
    »Ich verstehe sehr gut, was Sie meinen«, antwortete Speckinger deshalb genau so überheblich. »Das sind die Geschäfte, bei denen man mit Spekulationen viel Geld verdienen

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