Glasklar
dran.«
Kauz, der bisher nicht von seiner Tastatur aufgeblickt hatte, hielt inne: »Vielleicht sollten Sie uns auch mal an Ihren Recherchen teilhaben lassen.«
Sander sah die Gelegenheit gekommen, den beiden Kollegen seine Erkenntnisse preiszugeben. Sie mussten jetzt eine Entscheidung fällen: entweder die Bombe platzen zu lassen, die sich aus Lechners Akten ergab, oder mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Er holte tief Luft. »Ich glaube, wir sollten mal drüber reden.«
Kauz, der an Sommertagen wie heute ein kurzärmliges dunkelgrünes T-Shirt trug, fuhr sich durchs stark grau melierte Haar. »Das erscheint mir aber auch dringend nötig«, merkte er mit süffisantem Lächeln unterm Bart an. »Ich hab nämlich heut bereits mit Ziegler gesprochen.«
Sander stutzte und sah ihn erstaunt an. »Mit Ziegler?«
»Ja«, erwiderte Kauz knapp, als wolle er damit andeuten, dass er über alles informiert sei. »Er will rechtliche Schritte gegen Sie einleiten.«
Der Journalist hatte zwar mit so etwas gerechnet, nicht aber, dass die Sache bereits derart brenzlig war.
»Also, gehen wir mal nach hinten«, entschied Kauz und meinte damit den Besprechungsraum, in dem zunächst im kleinen Kreise Probleme besprochen wurden, ehe sie reif für die Redaktionskonferenz waren.
»Michael, komm auch mit«, forderte Kauz den Kollegen Rahn auf.
»Okay«, sagte Rahn leicht genervt, weil er heute Nachmittag das Layout für sieben Lokalseiten fertigstellen musste und eigentlich keine Zeit hatte. »Bevor sie unseren Kollegen Sander einsperren, soll er uns wenigstens erzählen, warum.«
Häberle hatte den Kriminalisten der Sonderkommission von seinem Gespräch mit Heidenreichs Partnerin Sabine Braunstein und dem zufälligen Zusammentreffen mit Georg Sander berichtet. Inzwischen lag bereits die Halteranfrage für das Kennzeichen GP - MM 5000 vor: Es war tatsächlich auf Sander zugelassen.
»Der hat diese Akten, die er nicht rausrücken will, von Lechner gekriegt«, konstatierte der Chefermittler. »Und ich fresse einen Besen, wenn das nicht mit unserem Fall zusammenhängt. Lechner treibt sich rein zufällig …«, er betonte dies so, dass seine Zweifel herauszuhören waren, »dort oben rum, während in derselben Nacht sein Spezl umgebracht wird. Die Frage ist doch nur: Was hat dies alles mit den geheimnisvollen Schriftstücken zu tun, die er eine Nacht später auf dubiose Weise dem Sander übergeben hat?«
Speckinger, der sich auf einen Holzstuhl gelümmelt hatte, gab sich ungeduldig: »Dann greifen wir uns den Lechner. Wir haben doch eine Handynummer, oder?« Er sah in die ratlosen Gesichter seiner Kollegen. »Oder wir holen ihn vom Wasserberg runter. Der wird sich doch noch dort herumtreiben?«
Niemand entgegnete etwas.
»Er hat uns zwar eine Handynummer gegeben«, wandte schließlich ein junger Kollege ein, »aber die ist nicht aktiv. ›Der Teilnehmer sei nicht erreichbar‹, heißt es da.«
»Dann schickt eine Streife rauf«, ordnete Häberle an. »Beschreibt den Jungs, wo das Zelt stand.« Einer aus der Gruppe verließ den Raum, um die entsprechenden Anweisungen ans Polizeirevier weiterzugeben.
Der Chefermittler wollte noch etwas sagen, doch der schrille Ton des Telefons hielt ihn davon ab. Er zögerte und überlegte, ob er abnehmen sollte, entschied sich aber dann, zum Hörer zu greifen. Es war Meinländer, der pensionierte Lehrer. Häberle begrüßte ihn geduldig und setzte sich auf den freien Stuhl neben dem Schreibtisch.
»Mir ist da was eingefallen«, hörte er die Stimme des Anrufers. »Ihr Mitarbeiter, der Herr Speckinger, hat mich nach einem Flippi gefragt – wissen Sie da Bescheid?«
Häberle nickte, als könne es Meininger sehen. »Natürlich«, antwortete er ruhig, während seine Kollegen gespannt verfolgten, welch wichtiges Gespräch von der Zentrale durchgestellt worden war.
»Mir ist eingefallen, woher mir der Spitzname bekannt ist«, fuhr Meinländer fort. »Er war ein Schüler von mir. Alle aus der Klasse haben ihn damals so genannt, weil er immer gleich ausgeflippt ist.«
Häberle machte sich einige Notizen auf einem Zettel, den ihm Linkohr auf den Tisch legte. »Und wann war das?«
»Das muss ein oder zwei Klassen hinter der von Heidenreich gewesen sein. Vielleicht auch drei.«
»Also Jahre …?«
»Schuljahre, ja. Vermutlich war er 1967 oder 1968 bei mir.«
»Und wie hat er wirklich geheißen?«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass er Lechner hieß. Vermutlich Günter, aber bei dem Vornamen bin
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