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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Forstarbeiten, die er in den nächsten Stunden erledigen wollte. In seinem Waldstück lag noch viel Reisig, das aus dem Hieb des vergangenen Herbstes stammte. Es wurde höchste Zeit, es zu beseitigen, um den Schädlingen keinen Unterschlupf zu gewähren.
    Unterwegs musste Brandt, der seinen breitkrempigen Rangerhut aufgesetzt hatte, einigen Rentnern ausweichen, die vermutlich auf dem Weg zum Albvereinshaus waren. Er winkte ihnen, rief ihnen ein ›Hallo‹ oder ›Grüß Gott‹ zu und gab sich dem traumhaften Blick auf seine Heimatgemeinde Reichenbach hin.
    Seine Gedanken hüpften und sprangen von einem Ereignis zum anderen. Wie immer, wenn er angespannt war, spürte er diese innere Unruhe, die es ihm unmöglich machte, sich auf etwas zu konzentrieren. Das waren jene Momente, in denen er sich oftmals in eine Kirche zurückzog, um einige Minuten der Besinnung zu genießen.
    So sehr er auch dagegen ankämpfte, alle Probleme und Sorgen hinter sich zu lassen, umso schwieriger wurde es, die Gedanken auf etwas anderes zu lenken. Aber Heidenreichs Tod und die Ermittlungen der Kriminalpolizei nagten an ihm. Er hatte mit seiner Frau Juliane und seinem alten Schulfreund Uli Bayreuter in den vergangenen Tagen mehrfach darüber gesprochen – ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Vor allem aber konnten sie sich nicht vorstellen, dass der Täter aus ihren Reihen stammte.
    Als Brandt mit seinem Traktor die Wiesenlichtung erreichte, die früher einmal ein Sportplatz gewesen war, da erschienen ihm die Ereignisse vom Wochenende bereits so unwirklich, als lägen sie schon Monate zurück. Und doch war es erst zwei Tage her, dass es hier oben von Polizeibeamten gewimmelt hatte.
    Brandt war tief in Gedanken versunken, sodass er das entgegenkommende Auto zunächst gar nicht bemerkte. Erst als der weiße Ford Escort auf dem sandigen Forstweg bis auf 50 Meter herangekommen war, wurde er auf ihn aufmerksam. Brandt überlegte, wer dies sein könnte. Ein solches Auto hatte er hier oben noch nie gesehen. Keiner der Wald- und Grundstücksbesitzer fuhren einen weißen Escort, auch der Hüttenwirt nicht. Brandt, der eine Ausweichbewegung nach rechts machte, sah deshalb zuerst aufs Kennzeichen, doch es trug das heimische › GP ‹ für den Landkreis Göppingen. Im Innern des Fahrzeugs, das war durch die spiegelnde Windschutzscheibe hindurch zu erkennen, saß nur eine Person. Es war ein Mann, offenbar mittleren Alters. Brandt nahm den Fuß vom Gas, worauf der Traktor beinahe zum Stillstand kam. Der Pkw-Lenker lächelte ihm nickend zu und fuhr langsam vorbei. Dabei sah Brandt von seinem erhöhten Sitz auf dem Traktor aus, dass auf der Rückbank des Escort eine prall gefüllte Sporttasche und zusammengerollte Stoffteile lagen, die er jedoch nicht genau zuordnen konnte.
    Brandt merkte sich das Kennzeichen, wie er das oft tat, wenn er auf diesen gesperrten Wegen auf dem Wasserberg fremden Fahrzeugen begegnete. Man konnte ja nie wissen. Aber bislang waren es immer nur harmlose Ausflügler gewesen, die das Fahrverbot ignorierten. Irgendwann, das nahm sich Brandt vor, würde er dem energischen Bürgermeister vorschlagen, hier strenger zu kontrollieren.
     
     

44.
    Häberle konnte richtig unangenehm werden. Als Sander zur Redaktion zurückfuhr, hatte er das Gefühl, selbst das Opfer der eigenen Recherche geworden zu sein. Natürlich war es den Kriminalisten – und in der Folge auch dem Oberstaatsanwalt – jetzt klar, was sich in der vorletzten Nacht abgespielt hatte. Und inzwischen gab es keinen Zweifel mehr, wer der Fahrer dieses Geländewagens gewesen war: Lechner, der im Auftrag Heidenreichs für ein paar Tage hierhergekommen war, um über Höhlen zu referieren.
    In der Redaktion wurde bereits gerätselt, mit welchen Neuigkeiten Sander aufwarten konnte, schließlich hatte er schon seit Stunden nichts mehr von sich hören lassen. Doch er murmelte nur ein »Hallo«, ließ sich nicht einmal zu einer scherzhaften Bemerkung an die Sekretärin hinreißen und nahm auf seinem Bürosessel Platz. Redaktionsleiter Friedrich Kauz, der ihm gegenübersaß, wusste, dass es in solchen Momenten besser war, ihn nicht gleich mit Fragen zu konfrontieren. Nur der Kollege auf der anderen Seite lugte mit einem breiten Grinsen hinter seinem Bildschirm hervor: »Und – noch nicht verhaftet?«
    Sander schaltete den Rechner ein, drehte sich zu dem Kollegen Michael Rahn um und erwiderte ernst: »Mal den Teufel nicht an die Wand. Wahrscheinlich arbeitet der Ziegler schon

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