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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ich mir nicht so sicher.«
     
    Friedrich Kauz hatte die gläserne Tür des Konferenzraums zugezogen, was er nur tat, wenn es etwas zu besprechen galt, das nicht für fremde Ohren bestimmt war. Die übrigen Kollegen der Redaktion saßen draußen im hinteren Teil des Großraumbüros vor ihren Monitoren. Wie immer hatten sie sämtliche Jalousien heruntergelassen. Sander wunderte sich täglich darüber, denn er selbst hätte niemals in dieser Dunkelheit arbeiten können. Er brauchte den freien Blick auf die mittelalterlichen Giebelhäuser der Altstadt, rauf zum Ödenturm oder zur Burgruine Helfenstein.
    Der Journalist breitete die Akten, die er von zu Hause geholt hatte, auf dem großen weißen Konferenztisch aus, der eigentlich aus mehreren zusammengerückten Tischen bestand. Sander nahm an der Stirnseite Platz, die beiden Kollegen links und rechts von ihm. Er erläuterte kurz, woher er die Schriftstücke hatte und dass sich die Staatsanwaltschaft sehr dafür interessierte. Mit großer Wahrscheinlichkeit, so fügte er an, würde derzeit fieberhaft geprüft, wie sie ihm zu entlocken seien. »Vermutlich prüft Schwenger bereits, ob meine Telefonate angezapft werden können«, erklärte er und meinte damit den Geislinger Amtsrichter.
    Kauz verfolgte die Ausführungen mit ernster Miene, während Rahn fast vergnügt auf eine Pointe zu warten schien.
    »Ich hab das Zeug inzwischen genau gelesen«, dozierte Sander. »Was hier drinsteht, liest sich wie ein Kriminalroman, bei dem der Autor weit übers Ziel hinausgeschossen ist.«
    Kauz drehte den Kopf, um sich Schnellhefter, lose Blätter und einige nur flüchtig zusammengeklammerte Zettel zu betrachten. »Der Ziegler ist in der Tat ziemlich aufgebracht«, bemerkte der Redaktionsleiter. Immerhin war er heute schon vom Chef der Staatsanwaltschaft angerufen worden und hatte zähneknirschend einräumen müssen, dass er von Sanders Alleingängen bislang so gut wie nichts gewusst hatte. »Vielleicht wäre es besser gewesen, Sie hätten mich informiert.«
    »Wenn mir jemand vertraulich etwas gibt, behandle ich das auch so«, merkte Sander an und wandte sich den Schriftstücken zu.
    »Vielleicht solltest du uns erst mal verraten, welche geheimen Akten das sind«, forderte ihn Rahn mit der ihm eigenen Gelassenheit auf. »Wenn’s den Ziegler aufregt, muss es uns noch lange nicht echauffieren.«
    »Also«, begann Sander und erklärte, dass er inzwischen wisse, wer der Geländewagenfahrer gewesen sei, der ihm die Dokumente übergeben habe. »Dieser Lechner und Heidenreich kennen sich seit ewigen Zeiten. Beide waren einmal Polizisten, sind aber aus dubiosen Gründen aus dem Dienst ausgeschieden – und zwar schon ziemlich bald. Das ist kein Geheimnis, es scheint überall bekannt zu sein.« Er sah zu Kauz, der links von ihm vor der Fensterfront saß. Draußen drehte sich ein Baukran. Seit Monaten wurde gegenüber das Brauereigasthaus ›Glocke‹ wieder aufgebaut, das im Januar vollständig ausgebrannt war.
    »Dieses Zeug hier«, Sander deutete auf die Papiere vor sich, »enthält Aufzeichnungen von Lechner über Heidenreichs Vergangenheit. Er will damit darlegen, wie es bei der Polizei und beim Innenministerium zugeht. Und dass Heidenreich so etwas wie ein Agent war.«
    Sander sah seine beiden Kollegen an. Kauz’ Gesicht verriet Skepsis, Rahn grinste und meinte: »Ein James Bond von der Alb?« Er lachte schallend.
    Sander ärgerte sich über die Ignoranz der beiden. Er blätterte in dem Schnellhefter und zeigte Fotokopien von Artikeln der ›Bild‹-Zeitung aus dem Jahre 1977 – von den Monaten September und Oktober. »Hier, um das geht es«, erklärte er, worauf die beiden Kollegen näher rückten und sich die Kopien besahen. »Schleyer-Entführung am 5. September in Köln«, kommentierte Sander. Er brauchte nicht hinzuzufügen, dass es sich um den damaligen Arbeitgeber-Präsidenten gehandelt hatte. »Und hier«, fuhr er fort, während er auf die nächsten Blätter deutete, »Entführung der Lufthansa-Maschine am 13. Oktober – und die spektakuläre Befreiung der Passagiere am 18. Oktober in Mogadischu. Wir erinnern uns noch alle daran.«
    Kauz wurde nachdenklich. Vermutlich, sinnierte Sander, würde er gleich mutmaßen, die Akten enthielten irgendeine wirre Verschwörungstheorie, wovon er erfahrungsgemäß nichts hielt. Rahn hielt sich zurück.
    Sander klappte den Schnellhefter wieder zu. »Was mein Informant – und dass es Lechner ist, daran hab ich inzwischen keinen Zweifel

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