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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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haben.
    Der Dialog nahm ein jähes Ende, als sich Linkohrs Handy lautstark bemerkbar machte. »Entschuldigung«, murmelte er und ärgerte sich, dass er Schneiders Redefluss unterbrechen musste.
    Der Anruf kam von Häberle. »Wo treiben Sie sich denn rum?«, hörte er dessen sonore Stimme, an deren Klang er nicht abschätzen konnte, ob der Chefermittler über sein Fernbleiben tatsächlich verärgert war.
    »Ich bin im Wasserberghaus«, gab er kleinlaut zurück.
    »Die Recherche findet woanders statt«, erklärte Häberle. »Wir benötigen Sie dringend.«
    »Aber ich brauch sicher eine Stunde, bis …« Linkohr wandte sich zur Seite. Niemand sollte erfahren, dass sich offenbar etwas getan hatte.
    »Egal«, meinte Häberle wieder versöhnlicher. »Versuchen Sie halt, so schnell wie möglich zurückzukommen. Aber keine übertriebene Eile.« Das hörte sich doch schon ganz anders an. Linkohr bestätigte mit einem kurzen »Okay« und beendete das Gespräch. Dann bat er Schneider, ihm seine Telefonnummer auf den Rand eines Bierdeckels zu schreiben. Man konnte nie wissen, wann die Beobachtung beim Sportlerempfang noch von Interesse sein würde.
     
    Georg Sander hatte die Doppelhaushälfte von Heidelinde König in Eislingen problemlos gefunden. Die große Frau mit dem optimistischen Lächeln umarmte ihn zur Begrüßung herzlich und führte ihn in ihr kleines Wohnzimmer. Auf der hellen Couch lagen mehrere Zeitschriften und Zeitungen. »Ich weiß, du hast wenig Zeit«, sagte Heidelinde, als sie ihm ein Pils einschenkte. »Hier, trink erst mal was.«
    Er genoss das eiskalte Bier, das ihm nach der Hitze und dem Stress des Tages eine willkommene Erfrischung bot – auch wenn ihm ein kühler Saft vielleicht zuträglicher gewesen wäre.
    »Ich hab mit Sabine und mit Katrin telefoniert«, begann Heidelinde, nachdem sie sich ebenfalls ein Pils eingeschenkt und in einen Sessel gesetzt hatte.
    »Von Frau zu Frau, nehm ich an, hast du gesprochen«, zeigte Sander Verständnis. Eigentlich hatte er gar nicht so schnell zur Sache kommen wollen. Aber wenn Heidelinde Wert darauf legte, dann gab es keinen Grund, sie zu bremsen.
    »Mir lässt das keine Ruhe«, fuhr sie fort, um sich gleich darauf zu unterbrechen: »Oder gibt’s vielleicht was Neues?«
    »Mir ist nichts bekannt. Aber momentan bin ich nicht so richtig im Film.« Er berichtete von den Dokumenten, die man ihm übergeben hatte, ohne den Namen des mutmaßlichen Informanten zu nennen. »Wahrscheinlich droht mir die Staatsanwaltschaft morgen irgendetwas Hässliches an«, gab er gekünstelt lächelnd zu bedenken.
    »Und was könnte das sein?«
    »Von der Hausdurchsuchung bis zu Beugehaft – was weiß ich, aber das soll uns nicht stören. Du hast mit den beiden gesprochen …«
    »Ja, ich bin doch in der Nacht mit Sabine runter. Das heißt, sie hat mich gefragt, ob ich sie heimfahren könnte. Werner ist, wie du weißt, noch oben geblieben.«
    »Ihr habt also Zeit gehabt, unterwegs miteinander zu plaudern.«
    »Wir haben über dieses und jenes geredet. Frauenthemen. Männer. Familie. Beruf. Hätt’ ich gewusst, was mit Werner geschieht, wären mir schon noch Fragen eingefallen.« Heidelinde berichtete, wie sehr sich Heidenreich den Kopf zermartert hatte, wer ihm anonym einen Knopf zugeschickt haben könnte. Außerdem sei er in den vergangenen Tagen, vor allem aber in den Nächten, unzählige Male telefonisch belästigt worden, ohne dass sich jemand gemeldet hätte. Rückblickend meinte Sabine, dass zwischen dem Brief und den Anrufen ein Zusammenhang bestehen könnte.
    »Was den Knopf betrifft, weiß die Polizei inzwischen, dass er von einer alten Einsatzjacke stammen könnte – vermutlich Mitte der 70er-Jahre«, warf Sander ein.
    »Das hat Sabine auch schon vermutet, wollte es aber bei ihrer Vernehmung nicht sagen. Werner habe ihr dies gegenüber durchblicken lassen«, erklärte Heidelinde. »Und er glaubte auch zu wissen, bei welchem Einsatz er ihn verloren hatte.«
    »Ach«, Sander schlug seine Beine übereinander. Er spürte, wie die weiße Stoffhose schweißnass am Gesäß klebte. »Und wo?«
    »Als er zu einer Einsatzgruppe abgeordnet war, die sich mit den Sympathisanten der damaligen Terrorszene befasst hat. In einer alten Lagerhalle in Esslingen. Dort hat er einen jungen Mann erschossen, der sich einer Kontrolle entzogen hatte. Werner hat oft darüber nachgegrübelt, ob der Schuss gerechtfertigt war. Aber sie seien damals alle verunsichert gewesen, die jungen Polizisten.«

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