Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
schluckte. »Ich hab doch schon alles gesagt. Ich war besoffen. Stockbesoffen, wenn ihr es genau wissen wollt.«
    »Dies hätte natürlich leicht den Verdacht aufkommen lassen können«, konterte Linkohr jetzt gezielt, »du hättest dir mein Auto ausgeliehen, um mich in etwas hineinzuziehen.« Was dieses Etwas sein konnte, wollte er nicht ansprechen.
    Gunnar sah seine Schwester an, doch die verzog keine Miene. Am Nebentisch schimpfte ein älterer Herr über die Kriminalpolizei, die wohl nicht in der Lage sei, die Zusammenhänge mit dem Eisenbahnbau drüben in Weilheim unter die Lupe zu nehmen.
    »Ich, äh …«, begann Gunnar eingeschüchtert, »ich hab wirklich mit der Sache hier oben nichts zu tun.«
    Die Bedienung brachte die Getränke und verschwand gleich wieder im Hauptraum.
    »Wie läuft’s eigentlich beruflich?«, fragte Linkohr. »Ich hab gehört, dass auch bei euch Stellen abgebaut werden sollen.«
    »Wo wird das nicht getan? Die Direktbanken und das Internet machen uns sehr zu schaffen«, antwortete Gunnar. Dass er bei einem örtlichen Geldinstitut als Bankassistent untergekommen war, hatte Linkohr bereits gewusst. »Und wie sieht es aus mit der Weiterbeschäftigung?«
    Gunnar zuckte mit den Schultern, während nebenan immer noch über Häberle hergezogen wurde. Offenbar hatte der Mordfall die Politik in den Stammtischdiskussionen ersetzt und selbst die derzeitige Fußballeuropameisterschaft in den Hintergrund gedrängt.
    »Ich will eh nicht hier bleiben«, antwortete Gunnar, »wenn du in dieser Branche Erfolg haben willst, musst du dich Richtung Frankfurt orientieren.«
    Linkohr nickte. Es war wie überall: Wer in der Provinz blieb und arbeitete, hatte keinerlei Aufstiegschancen. Man musste sich den Zentralen nähern und dort tagtäglich den Wichtigtuer spielen, vor allem aber an richtiger Stelle erklären, was man schon alles geleistet habe. Auch wenn es nur die Aufklärung dreier Hasendiebstähle in Oberweckerstell war, dachte Linkohr – diese Einstellung auf die Polizei beziehend.
    »Hat man eigentlich in deiner Position auch schon Einblick in die Konten der Kunden?«, fragte Linkohr plötzlich.
    Gunnar wurde sofort wieder misstrauisch. »Ist das jetzt eine dienstliche oder eine private Frage?«
    Linkohr nahm einen kräftigen Schluck Weizenbier und besah sich die Männer am Nebentisch. Lauter gestandene Mannsbilder, würde man hierzulande sagen. Wenn sie weiterhin so über seinen Chef herzogen, würde er sie nachher um Vorschläge bitten, wie denn ihrer Meinung nach ermittelt werden sollte. Aber vermutlich war es genauso wie bei der Diskussion über Fußball: Ein Millionenheer fühlte sich regelmäßig als Trainer und Schiedsrichter und behauptete, alles besser zu können als die Akteure auf dem Spielfeld.
    »Rein privat interessiert mich das«, erklärte Linkohr, wischte sich den Schaum vom Mund und sah durch das offene Fenster zu den hohen Bäumen des Albtraufs hinaus. Die untergehende Sonne schien ihm ins Gesicht.
    »Natürlich hat man einen gewissen Einblick«, erwiderte Gunnar. »Das kommt drauf an, in welcher Abteilung du tätig bist. Vor einem Monat war ich einem Vermögensberater zugeteilt, der für die Kunden zuständig ist, die 500.000 und mehr auf dem Konto haben.«
    »Und die suchen natürlich jede Möglichkeit, die Zinsgewinne – woraus auch immer – vor dem Staat in Sicherheit zu bringen?«, kommentierte Linkohr und ließ es wie eine Frage klingen. Ihm fiel spontan ein großer Fall ein, an dem ein Steuerberater beteiligt gewesen war.
    »Das ist kein Geheimnis«, erklärte Gunnar, »es gibt sehr viele und ganz legitime Möglichkeiten, Steuern zu sparen. Die sind nur so kompliziert, dass sie der Durchschnittskunde nicht versteht – vielleicht auch nicht verstehen soll. Auch unsere Bank verschickt gelegentlich Briefe, deren Inhalt nur kapiert, wer sich mit Geldanlage befasst. Und das tut natürlich der Durchschnittsverdiener nicht.«
    Linkohr wurde mit einem Schlag klar, weshalb er oftmals solche Briefe bekam, deren Inhalte sich ihm nicht erschlossen.
    Am Nebentisch wurde gerade wieder eine Runde Weizenbier serviert, während der Wortführer an der Stirnseite seine Freunde um Verständnis für die Polizei bat: »Also Freunde«, sagte er für Linkohr deutlich hörbar. »Ich glaub, man muss schon ein gewisses Verständnis für die Polizei aufbringen. Die Beamten stehen oft genug im Kreuzfeuer der Kritik.«
    Linkohr freuten solche Worte.
    »Ich verstehe nicht, warum ihr die Polizei

Weitere Kostenlose Bücher