Glasklar
sozusagen heimlich Sprengkammern einbauen, um in zehn Jahren etwas zu zünden?«
Kauderer ergänzte: »Dazu müssen Sie Bauingenieure, Architekten – und was weiß ich noch wen alles einweihen.«
»Auch der 11. September war ein logistisches Meisterwerk, wenn man so will«, wandte Häberle ein. »Und außerdem – das wissen nur nicht mehr viele – hat man bis zum Ende des Kalten Krieges Anfang der 90er-Jahre noch in ziemlich jedes Straßenbauwerk, ja sogar in die Steilstrecken der Alb, Kammern eingebaut, damit man sie im Ernstfall hätte sprengen können, um das Vorrücken des Feindes aufzuhalten.« Häberle atmete schwer und ergänzte süffisant: »Weil man im Zeitalter von Raketen und Atombomben noch vieles retten kann, wenn man die Steige zur Kuchalb hoch aus dem Hang sprengt. Oder meinetwegen den Aichelberg der Autobahn.«
»Jedenfalls«, kam Kauderer wieder zur Sache, »Heidenreich hatte wohl den Auftrag, die ganze Szene zu beobachten. Und dass es ihm gelungen ist, Vorsitzender dieser Protestbewegung zu werden, hat ihn einerseits unverdächtig gemacht und ihm andererseits Einblicke in das Bauwerk verschafft. Und …«, Kauderer suchte nach passenden Formulierungen, »und er konnte sich mit allen Gruppierungen, die damit befasst sind – Befürworter, Gegner und andere –, ziemlich ungezwungen unterhalten.«
»Ein Maulwurf sozusagen«, zwinkerte Häberle Maggy zu.
»So würde ich das nicht unbedingt formulieren wollen«, blieb der PD -Leiter gelassen. »Es ist Routinearbeit der Kollegen vom Staatsschutz. Aber das brauche ich Ihnen ja wohl nicht zu erzählen.«
Häberle ging nicht darauf ein. »Es war also ein geschickter Schachzug von ihm, seinen alten Kumpel Lechner mit ins Boot zu holen – sozusagen einen aus dem Dunstkreis der Terroristen –, um ihm in gewisser Weise nähertreten zu können.«
»So kann man das wohl sagen«, bestätigte Kauderer. »Ob oder wann Lechner das Spiel durchschaut hat, darüber gibt es keine Anhaltspunkte in den Akten. Man weiß aber, dass er sich häufig hier in der Gegend aufgehalten hat – wohl konspirativ –, weil seine Leidenschaft dieser Laierhöhle und auch den Fossilien dort bei Eislingen gegolten hat.«
Häberle nickte.
»Und«, fuhr Kauderer fort, »dass er Kontakte zu einer Frau gepflegt hat, die einst die Freundin seines erschossenen Bruders war. Eine Frau, die bereits Ende der 70er-Jahre eine Zeit lang observiert wurde, als es darum ging, sie als Beamtin auf Lebenszeit in den Staatsdienst aufzunehmen. Das war damals nicht so einfach, wenn der Verdacht bestand, dass sich jemand im Umfeld von Sympathisanten der Terrorszene bewegte.«
»Diese Frau«, knüpfte Häberle an das Gespräch an, »die könnte doch auch der Grund gewesen sein, dass sich Heidenreich wieder seiner alten Schulfreunde angenommen hat?«
Kauderer sah Hilfe suchend zu Maggy, die sofort das Wort ergriff: »So scheint es in der Tat gewesen zu sein. Es ging ihm aber nicht allein um die Frau, sondern wohl auch um die Vergangenheit eines Lehrers, der zwar inzwischen im Ruhestand ist, aber möglicherweise über seine ehemaligen Schüler Dinge wusste, die bislang nirgendwo registriert sind, jedoch – sagen wir mal – zum Aufbau eines Persönlichkeitsprofils wichtig sein könnten.«
»Das Verhalten eines damals 14- oder 15-Jährigen wollen Sie auf die heutige Zeit projizieren?«, fragte Häberle erstaunt.
»Nicht das Verhalten von damals«, entgegnete Maggy schnell. »Sondern die Entwicklung über Jahre hinweg. Immerhin scheint dieser Meinländer – so heißt er wohl – die Jungs und Mädels über lange Zeit hinweg gekannt zu haben.«
»Und außerdem hat er es wohl mit einer Erbschaft nicht so genau genommen, was es dem Steuerfahnder Heidenreich leichter machte, sich mit ihm auseinanderzusetzen«, meinte der Chefermittler.
»Das auch«, pflichtete ihm Kauderer bei, während es an der Tür klopfte. Erst als Häberle ein lautes »Ja?« rief, wagte es Linkohr, die erlauchte Runde zu stören. »Entschuldigen Sie«, sagte er. »Aber es gibt eine wichtige Mitteilung.«
Die drei Personen sahen ihn erstaunt an.
»Eine Streife hat bei Weiler einen weißen Ford Escort entdeckt, der der gesuchte sein könnte. Die Überprüfung des Kennzeichens hat ergeben, dass es falsch ist. Es ist auf einen Fiat ausgestellt und heute Abend als gestohlen gemeldet worden.«
»Wo steht der Wagen genau?«, fragte Häberle zurück.
»Auf einem Wanderparkplatz außerhalb von Weiler in Richtung
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